«Das ist für Hunde eine Wellness-Oase»

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Massagen, warme Bäder, Physio- und Blutegeltherapien – in der Basadinger Canesano AG, die vor knapp einem Jahr eröffnet wurde, kommen Hunde voll auf ihre Kosten.

Text und Bilder Darina Schweizer

Grosse, graue Kulleraugen spähen über den Bassinrand. Nervös gleiten sie über die Wasseroberfläche, vom einen Beckenrand zum anderen. Es sind nur knapp vier Meter. Eigentlich machbar. Doch Überzeugung sieht anders aus.

«Na komm, Charles! Das kennst du doch!», ruft Nadia Monsch und streicht dem neunjährigen Weimaraner, einem deutschen Jagdhund, sanft über den silbergrauen Rücken. Monsch ist diplomierte Hundephysiotherapeutin der Canesano AG in Basadingen-Schlattingen. Hier werden seit bald einem Jahr Hunde mit körperlichen Beschwerden behandelt. Unter anderem mit Physio-, Magnetfeld- oder Blutegeltherapie, mit Shiatsu oder wie bei Charle; mit Hydrotherapie. Doch dazu muss der Hund erst einmal ins Wasser.

Bewegen, um Schmerz vorzubeugen

Charles ist noch unschlüssig. Erst seine Vorderpfoten haben es ins Bassin geschafft. Als müsse er um Erlaubnis bitten, sucht er den Blick seiner Besitzerin Angela Duttweiler, die neben dem Becken steht. Auch sie ermutigt ihn. «Du bist doch sonst so eine Wasserratte, Charles. Los!», sagt sie. Irgendetwas scheint dem Rüden zu fehlen. Was es ist, wird klar, als Geschäftsführerin Antoinette Hutter den Raum betritt. In ihrer Hand baumelt sein Lieblingsspielzeug; ein orangefarbener Kauball. Seine Augen weiten sich. Hutter wirft den Ball Monsch zu, und diese lässt ihn ins Wasser plumpsen. Jetzt braucht es nicht mehr viel Überzeugungskraft. Schritt für Schritt steigt Charles das Treppchen hinunter, immer den Ball im Blick.

Im hüfthohen Wasser beginnt der Rüde in kreisförmigen Bewegungen zu strampeln. Seine ganze Muskulatur arbeitet sanft und schonend, ohne belastet zu werden. Unterstützt werden die Bewegungen durch die hohe Wassertemperatur. 30 Grad warm ist es im Bassin, statt Chlor wird Salz beigemischt. «Das Wasser entspannt die Muskeln im ganzen Körper. Für den Hund ist das richtig wohltuend hier, wie in einer Wellness-Oase», so Hutter. Charles hat den Ball mittlerweile geschnappt und strampelt zurück zu Monsch. Sie nimmt das Spielzeug entgegen und zieht es vor dem Rüden durchs Wasser, immer in Wellenbewegungen. Mal rechts, mal links, mal um Charles herum. «Wenn er Kurven schwimmen muss, wird seine Wirbelsäulenmuskulatur gedehnt», erklärt sie. Akute Beschwerden hat Charles – im Unterschied zu einigen anderen Hunden, die hierherkommen – nicht. Die Hydrotherapie soll bei ihm vorbeugend wirken, denn «vor allem grosse Hunde kriegen im Alter Gelenkprobleme», sagt Hutter.

«Vor allem grosse Hunde kriegen im Alter Gelenkprobleme.»

Antoinette Hutter, Physiotherapeutin und Geschäftsführerin Canesano AG

Deshalb besucht Charles alle paar Wochen die Hundephysiotherapie, schon seit er ein Welpe ist. Auf den Geschmack gekommen ist Duttweiler durch ihren letzten Hund. «Ich möchte meinen Tieren zukünftige Schmerzen ersparen», sagt sie. «Das ist der Hauptgrund. Deshalb komme ich hierher.» Manchmal ist jedoch auch die vorsorglichste Besitzerin machtlos. Das musste sie leider vor vier Monaten erfahren, als Charles Schmerzen erlitt, die sie nicht verhindern konnte.

Nach Verletzungen schneller gesund

Es passiert bei einem Spaziergang über ein Basadinger Feld. Duttweiler und Charles sind viel dort unterwegs, beide sind sehr sportlich, ja geradezu süchtig nach Bewegung. Genauso wie zwei Dobermänner, die an diesem Tag mit ihrer Besitzerin unterwegs sind. Als sie Charles sehen, gibt es kein Halten mehr. Sie entreissen ihrer Besitzerin die Leine und rennen auf ihn zu. Charles hat keine Chance. «Seine Hinterbeine und der untere Rücken wurden geradezu zerfetzt. Es sah schrecklich aus», so Duttweiler.

Wenige Monate ist dieser schreckliche Vorfall nun her – von den Wunden an Charles Hinterbeinen ist fast nichts mehr zu sehen. «Kaum zu glauben», ist auch Hutter erstaunt. Doch sie hat eine Erklärung für die schnelle Genesung. «Charles ist immer in Bewegung, sei es beim Spazieren oder in der Physio. Das stärkt sein Muskelgefüge. So kommt ein Hund viel schneller wieder auf die Beine», sagt sie. Den Nutzen von Hundephysiotherapie hat Hutter schon vor vielen Jahren erkannt, als einer ihrer früheren Hunde eine Verletzung erlitt. Sie liess sich zur Hundephysiotherapeutin ausbilden, eröffnete 2006 eine Praxis in Winterthur und vor einem Jahr in Basadingen-Schlattingen. Hier bietet sie mit Corinna Giezendanner, ebenfalls Geschäftsführerin, auch die Ausbildung zum diplomierten Physiotherapeuten für Hunde an.

Auch ein Ausbildungszentrum

In einem Zimmer gleich neben der «Wellness-Oase», wo Charles im Wasser strampelt, stecken sieben Schüler ihre Nasen tief in die Bücher. Einmal monatlich kommen sie von Donnerstag bis Samstag in die «Hundeschule». Anatomie steht auf dem Stundenplan. «Es gibt viel zu lernen, denn im April ist die Prüfung», sagt Giezendanner. Ihre Schüler seufzen hörbar. Erst gerade mussten sie ihre Diplomarbeit abgeben. Doch sie sind motiviert. Denn hier wird nicht nur trockene Materie gebüffelt, sondern das Gelernte kann auch direkt an den tierischen Patienten nebenan angewandt werden. Im Unterschied zu den Menschen taste man sich bei den Hunden erst langsam an die schmerzende Stelle heran, so Monsch. «Sie können ja nicht sagen, wo es wehtut. Sonst ist die Physio aber sehr ähnlich wie bei den Menschen, gäll?», so die Physiotherapeutin an Charles gewandt.Seine grossen, grauen Kulleraugen spähen über den Bassinrand. Nervös schauen sie zur Tür, wo Duttweiler die Jacke anzieht. Die Hydrotherapie ist für heute zu Ende. Charles muss raus aus dem Wasser und sein «Wärmemänteli» anziehen. «Na komm, Charles!», ruft sein Frauchen. Doch Überzeugung sieht anders aus.

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