Ikea-Tischbeine als letzte Rettung

Darina Schweizer  | 
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Bei Alina Nesimi sieht man doppelt: Die Schülerin hat Selbstporträts von sich gezeichnet. Dafür hatte die Neuzuzügerin weniger Zeit als ihre Kollegen. Bild: Darina Schweizer

Ob Schoggi-Wolkenkratzer oder Hundetanz – die dritte Klasse der Orientierungsstufe Stein am Rhein erarbeitete alle ihre 46 Projektarbeiten von Anfang bis Schluss selbst.

In der Orientierungsschule Hopfengarten ist ein Maschinengewehr auf die gegenüberliegenden Häuser gerichtet. Grund zur Sorge besteht jedoch nicht. Denn das MG 34 ist die Projektarbeit von Loredano Santoro, der dieses Gewehr originalgetreu nachgebaut hat. Stück für Stück. Jedes Teil ist selbst gemacht, und eine Anleitung gab es auch nicht. «Ich hatte lediglich ein Bild des Gewehrs vor Augen und habe die Masse dann abgeschätzt», so das stolze Mitglied des Schützenvereins Ramsen. Loredanos Projekt zieht grosse Aufmerksamkeit auf sich, besonders unter den Mitschülern: Als er die MG 34 in die Hände nimmt und die einzelnen Arbeitsschritte erklärt, johlen ihm die Kollegen vom Gang aus zu.

Bei Joël Karlik im Untergeschoss ist es hingegen mucksmäuschenstill. Hier ist volle Konzentration gefragt, denn der Schüler bereitet seinen selbst gebauten Holztisch auf die Ausstellung vor. Für die Verpflegung der Eltern, die in wenigen Minuten bei seiner und bei 45 weiteren Projektarbeiten vorbeischauen werden, platziert er Gummibärchenpackungen auf der Holzplatte. Nur die Tischbeine sind nicht «self made», die hat Jöel bei Ikea gekauft. «Dass es so weit kommt, hätte ich nicht gedacht. Aber das Geld hat halt nicht mehr für Metallbeine gereicht», schmunzelt er. «Dafür ist mein Tisch absolut stabil», sagt er und schlägt als Demonstration mit der Faust auf die Oberfläche, die er stundenlang geschliffen habe, wie er seufzend erzählt. Bei Alina Nesimi ist der grösste Stress zum Glück vorbei. Sie musste in den letzten Wochen Vollgas geben, da sie erst nach Start der Projektarbeiten nach Stein am Rhein gezogen war. In der kurzen Zeit hat sie Selbstporträts mit Bleistift auf Papier gebracht. «Porträts zeichnen kann nicht jeder. Da braucht man ein gewisses Talent», sagt die Schülerin, die auch in ihrer Freizeit alles Mögliche zeichnet. «Aber nur mit Bleistift», betont sie.

 

Diese jungen Frauen sangen ein serbisches Volkslied. Video: Darina Schweizer
Diese jungen Frauen lernten als Projektarbeit ein serbisches Volkslied. Video: Darina Schweizer

Ganz anders Patricia Radelja: Aus ihrer Feder stammt das kunterbunte Bilderbuch «Eine aussergewöhnliche Liebe», die tragische Liebesgeschichte zwischen einem rosafarbenen Pegasus und einem hellblauen Drachen. Hellblau präsentiert sich auch die Unterlage von Jasmin Sättelis fast eineinhalb Meter hohem Wolkenkratzer Burj Khalifa – und zwar aus reiner Schokolade. Die Schülerin möchte später Bäckerin/Konditorin werden. Als Vorlage für ihr Schokobauwerk diente ihr ein 3-D-Puzzle. Danach hat sie den Burj Khalifa während 45 Stunden plattenweise gegossen und zusammengesetzt. Blut geschwitzt hat sie vor allem während des Autotransports in der Nachmittagshitze. Diese konnte ihrem Schoggi-Burj aber zum Glück nichts anhaben. Ganz im Gegensatz zu dem Hund von Vivien Schwarzentrub, der scheinbar tot auf dem Pausenplatz liegt. Als sich der Vierbeiner aber wieder regt und zwischen Viviens Beinen «hindurchtanzt», wird klar: Das ist alles nur Show. Oder genauer gesagt die Hundesportart Dogdancing. «Eine Projektarbeit mit Tieren gab es noch nie», sagt der erfreute Fachlehrer Thomas Eggli, der die Ausstellung organisiert hat. «Das muss ich mir unbedingt anschauen.»

Vivien Schwarzentrub zeigte mit ihrem Hund Kunststücke. Video: Darina Schweizer
Vivien Schwarzentrub zeigte mit ihrem Hund Kunststücke. Video: Darina Schweizer

 

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