Geteilte Meinungen zum Rheinuferprojekt

Mit 84 Nein- zu 82 Ja-Stimmen haben sich die Diessenhofer an einer Orientierungsversammlung gegen eine Neugestaltung des Rheinufers ausgesprochen. Rechtlich bleibt die Konsultativabstimmung ohne Folgen.
Von Dieter Ritter
Grossaufmarsch am Donnerstagabend in der Rhyhalle: Etwa 190 Interessierte, darunter viele Fachleute und auswärtige Gäste, waren Beweis dafür, wie sehr das Thema Rheinufergestaltung die Gemüter bewegt.
Claudia Eisenring vom kantonalen Amt für Umwelt erläuterte, dass 60 Prozent des 16,6 Kilometer langen Thurgauer Rheinufers hart verbaut seien. Ziel sei nun die ökologische Aufwertung des Ufers. Sie zeigte Bilder vor und nach der Uferrevitalisierung bei der alten Badi St. Katharinental. Dieser Pilotabschnitt wurde im Winter 2011/2012 realisiert und gibt Aufschluss darüber, wie das Rheinufer künftig aussehen könnte.
In einer neuen Bauetappe würde demnach auf einer Strecke von 900 Metern dem Rhein das natürliche Ufer zurückgegeben. Unterhalb der Bleichi östlich von Diessenhofen müsste der Uferschutz aus Beton entfernt und durch eine Kiesaufschüttung ersetzt werden. Als weitere Befestigung ist die Pflanzung von Weiden vorgesehen. Der heutige Uferweg soll grösstenteils erhalten bleiben. An exponierten Stellen würden Holzstege von total 300 Metern Länge gebaut. Vorgesehen sind Sitzgelegenheiten, Feuerstellen und Badeplätze, um diesen Uferabschnitt zu einem attraktiven Erholungsraum zu machen. Zwischen Wanderweg und Wasser würden aber keine Weidenstecklinge platziert, damit weiterhin getreidelt werden kann.
Für Diessenhofen würden aus dem Projekt keine Kosten entstehen. Der fragliche Uferabschnitt liegt im Konzessionsgebiet des Kraftwerks Schaffhausen. Es finanziert die Ufergestaltung und den Unterhalt mit dem Aufpreis auf Ökostrom.
Der Stadtrat ist dafür
«Der Stadtrat befürwortet das Projekt zu 100 Prozent», sagte Walter Sommer, Stadtpräsident von Diessenhofen. Dann gab er je einem Befürworter und einem Gegner das Wort. Gerold Brütsch sprach gegen das Vorhaben. «Die Auswirkungen können wir nicht abschätzen, und Boote vom Ufer aus zu ziehen, wäre nicht mehr möglich, da man auf Kies laufen müsste», sagte er. Er habe beobachtet, dass die Kiesbänke in Gailingen (D) unterspült würden. «Wir brocken uns eine Dauerbaustelle ein.» Günter Rieker ist vom Projekt begeistert. Kinder könnten gefahrlos ans Wasser, und für die Jung-Äschen sei flaches Ufer ideal. «Die lebensfeindliche Mauer ist für viele Tiere eine Falle, zum Beispiel für Ringelnattern», sagte er.
In der anschliessenden Diskussion gingen die Meinungen weit auseinander. Trotz den mehrheitlich negativen Voten ergab die Schlussabstimmung nur zwei Stimmen mehr gegen das Projekt. Zum Zeitplan erklärte Sommer, dass voraussichtlich im Winter 2018/2019 mit dem Bau begonnen werden könne.