«Hochkreisel» sorgt für tiefe Sorgenfalten im Quartier

Robin Blanck | 
Lesenswert
Noch keine Kommentare

Mit dem Baugesuch für das geplante neue VBSH-Depot im Schaffhauser Ebnat wird auch öffentlich, wie der Anschluss an die A4 aussehen könnte: Geplant wird mit einem Hochkreisel von erheblichem Ausmass. Anwohner rechnen mit Mehrverkehr – auch in den Quartieren.

In der Verkehrsbranche geht es um Bewegung, das gilt auch für die geplante neue Einstellhalle der Verkehrsbetriebe Schaffhausen: Das kürzlich eingereichte Bauprojekt unterscheidet sich inzwischen von den ursprünglichen Plänen für das neue Depot, und zwar deutlich.

Als Tribut an die noch nicht abschliessend geklärte Frage nach der künftigen Nutzung des Depots Schleitheim (siehe unten) wurden zwei Varianten zur Prüfung vorgelegt: eine Halle mit zusätzlichen Bus-Abstellplätzen für den Fall, dass die Schleitheimer Dependance aufgehoben wird, und eine Halle ohne Extra-Plätze. Bis der Entscheid vorliegt, sind beide Varianten möglich. Wiederum: alles in Bewegung.

Depot Schleitheim: Entscheid steht an

Der geplante Abbruch des Depots Schleitheim und der Ersatz im Ebnat sorgte für Diskussionen: Am Schluss verlangte der Kantonsrat von der Regierung die Überprüfung der Depotstrategie der VBSH. Regierungsrat Martin Kessler erklärt, dass der Entscheid noch nicht gefällt sei. Man wolle zuerst die Zielvereinbarung für die nächste Periode mit der VBSH abschliessen, was bis Ende 2022 erfolgt sein sollte. Danach wäre der Entscheid über das Gesuch um Beteiligung von Bund und Kanton an den Investitionskosten des Transportunternehmens zu beurteilen, sprich: der Depot-Entscheid zu fällen.

Weitaus schwerwiegender ist hingegen die Veränderung im Umfeld des Depot-Neubaus: Plötzlich können das bestehende Depot mit der geplanten neuen Halle nicht mehr einfach über eine Strasse verbunden werden, sondern es braucht gemäss eingereichten Plänen eine Rampe. Und: Für die Chaffeure der künftigen Elektrobusflotte ist – ebenfalls ganz neu – neben dem alten Depot ein doppelstöckiges Parkhaus mit 70 Parkplätzen geplant.

A4-Zubringer macht einen Strich durch die Rechnung

Die erheblich aufwendigeren Pläne kommen nicht aus der VBSH-Küche oder vom Wunschzettel des Stadtrates, es ist, um es bildlich zu sagen, etwas «dazwischengekommen»: Das Areal zwischen dem alten und dem neuen Depot wird laut den Plänen künftig durch den neuen A4-Zubringer eingenommen, der auf den Bauplänen erstmals zu erkennen ist. Ein mehrspuriger Kreisel soll auf der Ebnatstrasse entstehen und den Anschluss an die A4 gewährleisten.

«Bei der Planung handelt es sich lediglich um eine Grobstudie, welche mit dem Ziel gemacht wurde, die richtige Positionierung der Einstellhalle festzulegen.»

Daniel Preisig, Stadtrat

Wer kommt für die zusätzlichen Kosten für die Rampe auf, wer für das neue geplante doppelstöckige Parkhaus? Der für die VBSH zuständige Stadtrat Daniel Preisig (SVP) winkt ab: «Die Kosten für Anschlussprojekte bei Nationalstrassen trägt der Bund», sagt Preisig und betont, dass es sich bei der aktuellen Planung lediglich um eine Grobstudie handelt, welche mit dem Ziel gemacht wurde, die richtige Positionierung der Einstellhalle festzulegen.

IG befürchtet Mehrbelastung

Der Zubringer ist Teil der sogenannten Engpassbeseitigung Schaffhausen-Süd–Herblingen, besser bekannter unter dem Begriff «zweite Fäsenstaubröhre»: Aufgelegt werden soll das Vorhaben 2023, Baubeginn ist nicht vor 2030. Dazu gehört auch der erwähnte neue Kreisel auf der Ebnatstrasse: Bereits gemäss früheren Erwägungen im Agglomerationsprogramm dürfte die geplante Reduktion der heutigen Ein- und Ausfahrt auf die A4 via Schönenbergbrücke zu einer Mehrbelastung auf der Ebnatstrasse führen, dies wird durch die jüngsten Planungsideen bekräftigt. Die Skizzen für den geplanten Anschluss Knoten Mutzentäli waren auch für die IG Fäsenstaub, die sich für mehr Informationen rund um den geplanten Ausbau des Tunnels und die flankierenden Massnahmen einsetzt, noch unbekannt.

Die Dimensionen des Kreisels überraschen Sebastian Schmid und Andri Hirsiger, Co-Präsidenten der IG, angesichts der erforderlichen Kapazitäten «nur bedingt», «für die Anwohner wird damit aber sichtbar, in welcher Grössenordnung der Verkehr zunehmen wird», schreiben sie in einer Reaktion auf die Pläne.

«Für Anwohner wird damit aber sichtbar, in welcher Grössenordnung der Verkehr zunehmen wird.»

Sebastian Schmid, Co-Präsident IG Fäsenstaub

Die Unterlagen würden bestätigen, dass heute intern bei den Behörden bereits vieles feststehe, aber nicht aktiv kommuniziert werde. Dem wird von Regierungsrat Martin Kessler widersprochen, der darauf hinweist, dass das im Baugesuch enthaltene Kreisel-Konzept weder vom Stadtrat noch vom zuständigen Bundesamt für Strassen (Astra) «diskutiert, geschweige denn beschlossen» worden sei.

Dennoch: Das Astra habe gegenüber der IG Fäsenstaub eine Mehrbelastung zwischen dem geplanten Kreisel und dem bereits bestehenden an der Buchenstrasse/Reinhardstrasse (beim Hombergerhaus) bestätigt, «wir gehen ausserdem von einer Mehrbelastung für das Quartier Niklausen aus», sagen die beiden IG-Vertreter. Und wiederholen ihr Anliegen: «Wir fordern mehr Transparenz zum Planungsstand, insbesondere die Bekanntgabe der flankierenden Massnahmen und des projektierten Verkehrsmodells in der Altstadt und den Quartieren.»

Absage an zusätzlichen Verkehr

Ganz ähnlich tönt es beim Quartierverein Niklausen, dem das Ebnat angegliedert ist: «Wir gehen von einer Mehrbelastung für das Quartier Niklausen, insbesondere die Stimmerstrasse, aus, welche durch die Quartiere südlich der Grubenstrasse ausgelöst wird», sagt Daniel Zollinger, Vize-Präsident. Es stelle sich die Frage, wie die östlichen Quartiere der Stadt auf die bisherigen und neuen Autobahnanschlüsse geleitet würden. Und er wird deutlich: «Wir sind nicht gewillt, den Mehrverkehr im Quartier Niklausen zu schlucken. Im Gegenteil sind wir bestrebt, den schon heute unnötigen Durchgangsverkehr in naher Zukunft markant zu reduzieren.» Das heisst etwa, man erwartet Tempomassnahmen. Wichtig sind auch ihm die flankierenden Massnahmen, welche bereits im Vorfeld umzusetzen seien, «und wir benötigen mehr Transparenz zum generellen Projekt».

Die neue Führung des Verkehrs über die Ebnatstrasse muss insofern als erstaunlich bezeichnet werden, weil die Stadt 2019 mit einem Teil dort die «Sonderzone Ebnat West» definiert hat: Zwischen der Ebnatstrasse 65 und der Fulachstrasse soll Raum für 550 zusätzliche Arbeitsplätze und Wohnraum für 450 Personen geschaffen werden. Genau auf diesen Bereich dürfte mit dem neuen Anschluss nun erheblicher Mehrverkehr vom neuen Ebnatkreisel zukommen. Mehr Bewohner und Verkehr vom Zubringer, wie geht das? Auch hier: Vieles beim Verkehr ist in Bewegung, wohin die Reise geht, bleibt unklar.

Ist dieser Artikel lesenswert?

Ja
Nein

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren