Stagediving mit musikalischer Wundertüte

Am Freitagabend platzte die Kammgarn aus allen Nähten. Die zwei Bands Bukahara und Suma Covjek hatten knapp 800 Gäste angelockt, auf die ein ausserordentlich abwechslungsreicher Konzertabend wartete.
von Hermann-Luc Hardmeier
Suma Covjek heizten als Vorband die Halle ein. Die junge Partyband mit ihren Wurzeln in Bosnien und Algerien zeigte ein sehr breites Spektrum von melancholischen Balladen bis hin zu Balkan-Pop. Wer die Texte verstehen wollte, war intensiv gefordert. Denn die acht Musiker sangen auf Französisch, Serbokroatisch, Spanisch, Englisch und auch auf Arabisch. Mit ihrem Hit «Bouge ton Cœur» brachte die Combo definitiv den Frühling in die Kammgarn. Die dreiköpfige Bläserfraktion sorgte für energievolle Melodien und Druck, während die zwei Sänger feierten und auf der Bühne kräftig mittanzten.
Mit den vier neuen Songs wollten Bukahara nicht nur das Publikum, sondern vor allem sich selbst herausfordern.
Doch die Künstler hatten nicht nur gute Stimmung, sondern auch nachdenkliche Botschaften im Gepäck: «Wir sind verwundbare Wesen, welche eine helfende Hand benötigen», sangen sie im Song «Fata Morgana». Später riefen sie zur Solidarität mit allen Menschen auf, die derzeit auf der Flucht sind. Nach gut einer Stunde verabschiedeten sie sich unter grossem Applaus und überliessen die Bühne dem Haupt-Act des Abends.
Abschluss einer langen Tour
Als Bukahara mit der Hymne aus dem Boxer-Film «Rocky» einmarschierten, gab es kein Halten mehr. Eigentlich war die Band kein Partyvulkan, aber sie wurde ab der ersten Minute gefeiert, als ob es kein Morgen gäbe. Die Gäste tanzten und sangen mit voller Power mit, sodass der Posaunist nach dem ersten Stück begeistert fragte: «Leute, wie geil seid ihr denn drauf?» Bukahara spielten in der Kammgarn ihren Tourneeabschluss und bestritten dabei ihr 22. Konzert. Den Stimmen, die schon etwas heiser waren, merkte man die anstrengende Tour an, dafür wusste die Band genau, wie sie die Menge zum Ausflippen bringen konnte. Es wurde kollektiv geschunkelt, auf den Boden gekniet und Tanzschritte eingeübt.
Die ebenso schräge wie interessante Kombination aus Gitarre, Posaune, Kontrabass, Geige und Standschlagzeug macht das Quartett unvergleichlich. Gekrönt wurde das Ganze von den tiefsonoren Stimmen, welche sogar Darth Vader neidisch machen würden.
Bierdusche inklusive
Die Musik war extrem kreativ und eine musikalische Wundertüte, die das Publikum immer wieder von Neuem überraschte. Einer der Songs war komplett auf Arabisch, ein anderes Mal übernahm das Publikum die Rolle des Schlagzeugs, plötzlich leuchtete eine Lampe aus dem Sousafon in der stockdunklen Kammgarn, oder einer der Musiker stürzte sich zum Stagediving in die Menge – Bierdusche inklusive
Eine Überraschung gab der nächsten die Klinke in die Hand. Die Besucher feierten, tanzten und genossen die gelungene Unterhaltung. Einige Gäste hatten sich für die Show eine stylische Garderobe ausgesucht. Jemand trug ein rotes Halstuch wie Luky Luke, und andere hatten bunte Haarschleifen und Stirnbänder umgebunden. Und manche Männer demonstrierten stolz, dass der Schnauzbart seine Rückkehr feiert. Bukahara wollten aber nicht nur das Publikum, sondern auch sich selbst herausfordern. Am Freitag spielten sie gleich vier Songs, die sie noch nie auf einer Bühne präsentiert hatten. Die Reaktion war so positiv, dass der Sänger meinte: «Wir sind überwältigt von eurer Energie. Das ist wie ein schöner Traum heute Abend.» Zum Schluss gaben sie dann noch einmal alles, um die Halle zum Dampfen zu bringen. Mit «No!» und «Eyes Wide Shut» legten sie Feuer auf der Tanzfläche und verabschiedeten sich von der begeisterten Kammgarn.