Städtische Parkplatzverordnung hart umkämpft

Mark Liebenberg | 
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Bauherren sollen nicht mehr selber entscheiden dürfen, wie viele PW-Abstellplätze sie bei Neubauten errichten – die Idee der Stadt sorgt für Empörung. Bild: Key

Gesetzliche Obergrenzen bei Privatparkplätzen bei Neubauprojekten und die Pflicht, pro Zimmer einen Veloabstellplatz zu erstellen – die von der Stadt vorgeschlagene Revision der Parkplatzverordnung ist umstritten.

Nicht nur den Parkplätzen auf öffentlichem Grund, nein auch den Privatparkplätzen von Gewerbe und Liegenschaften will der Stadtrat mit Verboten und Auflagen den Garaus machen. Bei Neubauprojekten sollen künftig Obergrenzen zum Zug kommen: maximal noch ein Parkplatz pro Wohnung soll erstellt werden dürfen. Je nach Entfernung von Bushaltestellen und zu Stadtzentrum (sogenannte ÖV-Güteklassen) sollen mehr oder weniger strengere Restriktionen gelten. Umgekehrt soll für neu gebaute Liegenschaften gelten: Pro Zimmer braucht es einen Abstellplatz für ein Zweirad.

Dass eine private Bauherrin künftig also nicht mehr selber entscheiden dürfen soll, welches Parkplatzangebot sie für sinnvoll erachtet – dagegen steigen bei der Vernehmlassung zur geplanten Revision der städtischen Parkplatzverordnung (PPVO) der Gewerbeverband und die Hauseigentümer auf die Barrikaden. Sie wittern in ihren Stellungnahmen, die den SN vorliegen, einen völlig übertriebenen Eingriff in die Eigentumsrechte und den freien Markt.

«Ein Schritt in die richtige Richtung»

Die Stadt stellt sich auf den Standpunkt, dass sich die Kernpunkte dieser ersten Revision der Verordnung seit zehn Jahren in das Gesamtverkehrskonzept einfüge und die Obergrenzen bei Neubauprojekten an bestimmten Vorbildern orientiert ist – namentlich den Städten Winterthur und Luzern.

«Die Mobilität wird sich ändern müssen.»

Daniela Furter, Pro Velo Schaffhausen

Kritisch sieht die vorgeschlagene Revision die Interessengruppe Pro Velo Schaffhausen – aber freilich aus anderen Gründen als Gewerbe und Hauseigentümer. In Städten sei der Platz, welcher für den Verkehr zur Verfügung steht, beschränkt, sagt Daniela Furter, Geschäftsführerin von Pro Velo. «Folglich sind Mobilitätsformen zu fördern, welche wenig Platz beanspruchen. Bedenkt man, dass pro PKW häufig nur eine Person befördert wird, ist es selbsterklärend, dass diese Mobilitätsform in den Städten nicht optimal ist.» Der Platzbedarf des Autos wirke sich auch im stehenden Zustand negativ aus. «Die zirka 68'000 im Kanton Schaffhausen registrierten PKW benötigen etwa 140 Fussballfelder als Stellfläche», so Furter. Deshalb müssten bei Wohnüberbauungen Car-Sharing-Angebote und umweltfreundliche Fortbewegungsmittel gezielt gefördert werden. «Dieser Aspekt wird in der revidierten Parkplatzverordnung jedoch zu wenig berücksichtigt.»

Ziel der Verkehrspolitik müsse es aber sein, den Fahrzeugbestand in der Stadt zu reduzieren, findet Pro Velo. «Die revidierte Parkplatzverordnung ist daher ein Schritt in die richtige Richtung. Wichtig wäre es nun auch, die entsprechende Infrastruktur für die Stadtbewohner zur Verfügung zu stellen. Die Mobilität wird sich ändern müssen.»

Wenig anders sehen das die Grünen. Die Mobilität müsse in umweltfreundliche Bahnen gelenkt werden, schreibt die Partei in ihrer Vernehmlassungsantwort. «Kurzdistanzen sollen in Zukunft vermehrt mit dem ÖV, zu Fuss, mit dem Velo gemacht werden.» Deshalb müssten letztere beiden gefördert werden. Die im bisherigen Entwurf beibehaltene, leicht nach unten angepasste Minimalanzahl an Parkplätzen solle man noch weiter senken. Privatparkplätze, so die Grüne Partei, sollen ab einer gewissen Zahl auch grundsätzlich unterirdisch oder im Innern der Gebäude angelegt werden müssen. Und die Stadt solle dafür sorgen, dass Besucherparkplätze im Freien mit Solarpanels überdacht und mit Elektroanschlüssen versehen sein müssen.

In ihrem Vernehmlassungsschreiben stärken auch die Sozialdemokraten der Stadtregierung den Rücken. Sowohl die vorgeschlagenen Maximalwerte für Abstellflächen sowie die Veloabstellplatz-Pflicht befürwortet die SP. Kritisch sieht die Partei – wie die Grünen – die Minimalwerte für Autoparkplätze. Schaffhausen liege im Verhältnis zu den genannten Vergleichsstädten immer noch zu hoch.

Weniger restriktiv sehen es die Grünliberalen. Die Frage stelle sich, «ob bei Wohnbauten eine Möglichkeit geschaffen werden soll, die maximal zulässige Anzahl Abstellplätze zu überschreiten, wenn dies die Bauherrschaft unbedingt möchte». Zum Beispiel, so die GLP, für Bewohner, die ein Wohnmobil oder einen Oldtimer neben dem Alltagsauto besitzen. Auch kritisieren die Grünliberalen die neue Berechnung der zugelassenen Parkplätze für Gewerbe und Industrie stur nach der Betriebsfläche. Die Partei rechnet vor, dass ein Coiffeursalon mit zehn Friseurplätzen und 100 Quadratmetern Fläche je nach ÖV-Güteklasse neu nur noch zwei Parkplätze für Kunden und Mitarbeiter haben dürfte.

Bürgerliche reden von «Umerziehung»

Für die Freisinnigen bedeutet Lebensqualität, dass Stadtbewohner die Fahrzeuge ihrer Wahl «anständig versorgen können. Doch der Markt regelt dies weitgehend von selbst.» Der Entwurf der Verordnung ziele an den Bedürfnissen der Bewohner vorbei «und ist in chinesischer Manier auf Umerziehung ausgelegt», schreibt die FDP. Es zeuge von «Verbotswut», wenn die Stadt Immobilienbesitzern verweigert, jene Anzahl an Parkplätzen zu bauen, die sie für richtig finden. Eine Veloabstellplätze-Pflicht für Neubauten sei sinnvoll, aber viel zu hoch angesetzt. Ein Zweiradparkplatz pro Schlafzimmer würde für die FDP ausreichen.

Die SVP wiederum lehnt das Ansinnen als «eigentümer- und gewerbefeindlich» schlicht ab. Schaffhausen sei anders als Luzern oder Winterthur nicht rundum vom ÖV erschlossen. Deshalb solle es namentlich wegen vieler Berufspendler aus dem süddeutschen Raum weniger krasse Einschränkungen bei Gewerbebetrieben geben. Die Umsetzung der strikten Regeln würde, so die SVP, «zu mehr Polizeistaat führen», mit aufgeblähtem behördlichem Kontrollapparat. Die SVP fordert, dass das Volk das letzte Wort haben müsse, da mit der Verordnung «zahlreiche Regelungen erlassen werden, die von öffentlichem Interesse sind».

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