Schaffhauser Rapper Megan: «Mein Mami ist mein grösster Fan»

Alexa Scherrer | 
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Er sagt über sich, er sei kein Klischee-Rapper - weder frauenfeindlich, noch homophob oder dauerbekifft. Fluchen, das kann er allerdings - was auch Megans neuster Song «Scheisse Nein» beweist.

Es ist der Tag, an dem der Winter zurück nach Schaffhausen gekommen ist. Zwar ist der Schnee, der fast in der ganzen restlichen Schweiz fällt, hier Regen - aber kalt ist es trotzdem. Max Albrecht trägt eine schwarze Daunenjacke, in der einen Hand eine selbstgedrehte Zigarette, in der anderen eine Dose Red Bull. Er wirft den leeren Energy-Drink in den Abfall, und macht sich eine Tasse Kaffee. «Schwarz, ohne Milch, ohne Zucker», sagt er. Er ist kurz vor Mittag, er sieht ausgeschlafen aus. 

Ausgeschlafen - dieses Adjektiv darf man Max Albrecht durchaus im doppelten Sinne attestieren. Als Megan sorgt er derzeit in der Schweizer Musikszene für Furore. «Die Musikküche brodelt und der Schaffhauser Rapper Megan gehört zu den Köchen», sagt sein Booker dazu. «Ich bin Newcomer! Der Beste aller Newcomer!», sagt Megan über sich selbst im gleichnamigen Song aus seinem ersten Mixtape «Slang». Ein gutes Jahr nachdem die Öffentlichkeit zum ersten Mal etwas von Megan auf die Ohren bekommen hat, schafft er es beim Ostschweizer Bandwettbewerb «BandXOst» 2017 als zweiter aufs Podest. Im vergangenen Sommer tritt er an den Winterthurer Musikfestwochen auf der Hauptbühne auf. Seine Texte: Viel Slang, viele Fluchwörter, viel Strasse - aber auch eine grosse Treff- und vor allem Reflektiertheit, die einem bei einem 23-jährigen Mann durchaus beeindrucken darf. Megan alias Max Albrecht - Scheidungskind, Deutscher in Schaffhausen, einstiger KV-Lehrling, Rapper, ausgeschlafenes Kerlchen. 

Seine Antworten auf Interviewfragen scheinen mit Bedacht ausgewählt, trotzdem sprudeln sie aus seinem Mund, als hätten sie sich gerade erst in diesem Moment von Gedanken in Aussagen verwandelt. Megan weiss, was er will - und er geniesst es, wenn sein Plan, die Menschen um ihn herum zu beeindrucken, aufgeht. Trotzdem: Was Megan erzählt, glaubt man ihm. Das liegt wohl an der Mischung zwischen beflügelnder Unbeschwertheit und erdender Melancholie, die er ausstrahlt. «Wir waren zuhause am Vorglühen für eine Party und einer hatte die Idee, dass wir uns den ganzen Abend mit englischen Frauennamen ansprechen. So wurde aus Max Megan», erklärt er, wie er zu seinem Künstlernamen gekommen ist. Wo sind die grössten Unterschiede zwischen Max und Megan? «Max ist introvertiert», sagt er. Instagramstorys etwa, möge er gar nicht. «Ich muss nicht alles mit der Welt teilen.» Als Megan müsse er das aber tun. «Megan zeigt, was er hat», fasst Max zusammen. Der Beste aller Newcomer ist «outgoing», Max denkt nach Releases eher «Lasst mich doch jetzt in Ruhe». Bei den Schaffhauser Szene-Kennern kommt Megan nicht nur gut an. Auch die ganz grossen Stars polarisieren - ein gutes Zeichen? «Ob ich die grosse Hoffnung für Deutsch-Rap bin? Kann sein. Lust darauf hätte ich.»

«Ich will nicht zurück ins Büro»

Bis es soweit wäre, sind noch einige Stufen auf der Erfolgsleiter zu erklimmen. Bis jetzt kann Max noch nicht von seiner Musik leben. Er hat eine abgeschlossene KV-Ausbildung. Seit Anfang 2019 arbeitet er nicht mehr, bezahlt seine offenen Rechnungen mit Geld, das er auf der hohen Kante hat. Geplant sei eine 50-Prozent-Anstellung. «Irgendwo. Zurück ins Büro will ich aber nicht, darauf habe ich keine Lust mehr. Ich setze jetzt alles auf eine Karte mit der Musik.»

Dass er die Inspiration für seine Texte «aus dem Leben» holt, aus dem, was ihn im Alltag gerade beschäftigt, zeigt sich auch bei seinem neuen Song «Scheisse Nein», der am heutigen Freitag veröffentlicht wird. «Brauch kein Benz und kein Eigenheim, scheisse nein. Ich mach nie wieder 9 to 5.» Im Clip sieht man Megan bei sich zu Hause und im Studio in Stein am Rhein, am Feiern mit seinen «Jungs», Shotgläser werden herumgereicht. Keine Joints, keine halbnackten Frauen - bedient er die Hip-Hop-Klischees absichtlich nicht? «Ich bin kein Vorzeige-Rapper, wenn es um Klischees geht», sagt er. Er sei weder homophob noch frauenfeindlich, er kiffe noch nicht mal. Ganz ohne Max scheint Megan dann doch nicht zu funktionieren. Das wird auch nochmal deutlich, als er sagt, dass Ende Mai sein neues Mixtape erscheinen soll. «An ein Debüt-Album habe ich mich noch nicht gewagt. Davor habe ich immer noch ein wenig Schiss.»

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