Neue Heimat für Pablo und Paloma

Isabel Heusser | 
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Will im Schaffhauser Rhein ein Zuchtprogramm für Delfine starten: Kantonstierarzt Peter Uehlinger Bild: Evelyn Kutschera

Wegen des Klimawandels ist die Äschenpopulation im Rhein bedroht. Nun soll der Fluss zum Lebensraum anderer Tiere werden: Kantonstierarzt Peter Uehlinger will den seltenen Flussdelfin ansiedeln.

April, April

«Neue Heimat für Pablo und Paloma»: Unter diesem Titel berichteten die SN gestern über ein Projekt von Kantonstierarzt Peter Uehlinger mit dem Ziel, seltene Amazonas-Flussdelfine im Rhein anzusiedeln. Delfine in der Rhybadi – das wollten sich einige Personen nicht entgehen lassen. Vor Ort trafen sie aber nicht auf Pablo und Paloma, sondern auf die SN. Mit dem Delfin-Artikel haben wir unsere Leser in den April geschickt. Leer gingen die Personen, die über Mittag in die Rhybadi kamen, nicht aus: Sie erhielten einen Gutschein für einen Eintritt in die KSS. (heu)

Der Hitzesommer 2018 hat der Äschenpopulation im Schaffhauser Rhein schwer zugesetzt: Insgesamt drei Tonnen tote Fische mussten eingesammelt werden. Ob die Äsche im Rhein langfristig überleben kann, ist ungewiss. Denn bereits bei Wassertemperaturen ab 20 Grad steht sie unter Stress; im letzten Sommer wurden zeitweise Temperaturen von 27 Grad gemessen.

«Flussdelfine sind sehr friedlich und neugierig.»

Peter Uehlinger, Kantonstierarzt

Häufen sich solche Extreme, wird es eng für die Äsche und möglicherweise auch für andere Fischarten. «Es wird Zeit, sich Gedanken zu machen, welche Tierarten in Zukunft im Rhein überleben können», sagt Kantonstierarzt Peter Uehlinger. Die Bilder der toten ­Fische haben ihn aufgeschreckt. «Sinnvoll ­wären Arten, die sich in warmem Flusswasser wohlfühlen.» Uehlinger hat darum ein schweizweit einzigartiges Projekt in Zusammenarbeit mit einer internationalen Forschergruppe lanciert: Er will in einem privaten Engagement den Amazonas-Flussdelfin im Rhein ansiedeln.

Kraftwerk ist keine Gefahr

Diese Tierart sei aus mehreren Gründen ideal, sagt Uehlinger. Anders als seine Artgenossen im Meer lebt der Flussdelfin im Süsswasser. In seiner Heimat ist das Tier aber wegen der Wasserverschmutzung, der Regenwald-Abholzung und Fangnetzen im Fluss bedroht. «Im Rhein könnte man ein Zuchtprogramm starten», sagt Uehlinger. Das Wasserkraftwerk diene quasi als natürliche Barriere, weshalb keine Gefahr bestehe, dass der Delfin eines Tages Richtung Meer schwimme. «Sein Lebensraum im Schaffhauser Rhein ist aber gross genug, darum ist ein solches Aufzuchtprogramm viel tierfreundlicher als im Zoo.» Eine Gefahr, dass sich der Flussdelfin im Kraftwerk verletzen könnte, besteht übrigens nicht: «Sein Echolotsystem ist sehr gut ausgeprägt.» Genügend Nahrung würden Flussdelfine im Rhein auch finden. «Sie ernähren sich mit Vorliebe von kleinen Fischen, davon gibt es im Rhein genug», sagt Uehlinger. In Zuchtprogrammen habe sich herausgestellt, dass Flussdelfine besonders gerne Weissfische fressen – jene Arten also, welche bei Fischern und Fischliebhabern nicht sonderlich beliebt sind, weil sie viele Gräten haben.

Mit Hilfe von privaten Gönnern, die anonym bleiben wollen, ist es Uehlinger gelungen, zwei Amazonas-Flussdelfine namens Pablo und Paloma aus einem Zuchtprogramm in die Schweiz zu holen – ein Männchen und ein Weibchen. Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen wurden sie in der Nacht auf Montag in die Rhybadi gebracht, wo sie sich erst mal von den Strapazen ihrer Reise erholen können. Die nächsten Wochen werden die Delfine in der Rhybadi bleiben; bevor die ­Badisaison startet, sollen die Tiere dann ausgewildert werden.

Uehlinger ist sich sicher, dass die neuen Flussbewohner in Schaffhausen gut ankommen werden: «Sie sind sehr friedlich und neugierig.» Er hofft, dass die Bevölkerung durch sein Projekt sensibilisiert wird auf die Auswirkungen von Umweltverschmutzung und Klimaerwärmung. Sein Ziel ist es, den Bestand der Flussdelfine langfristig zu sichern. «Im besten Fall können wir einen Teil der Population im Rhein eines Tages wieder im Amazonas auswildern.»

Noch sind die beiden Neuankömmlinge sehr scheu. Die Bevölkerung hat heute aber exklusiv die Möglichkeit, Pablo und Paloma zu besichtigen: Die Rhybadi ist zwischen 12 und 13 Uhr geöffnet.

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