Furioses 360°-Klavierrezital

Hans-Caspar Ryser | 
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In kreisförmig gruppierten Stühlen sass das Publikum um Pianist Werner Bärtschi herum und liess sich von den Klavierklängen mitreissen. Bild: Michael Kessler

Während einer weiteren Folge der 360°-Konzertreihe in der Kammgarn begeisterte der Schaffhauser Pianist Werner Bärtschi mit einem grossartigen Klavierzyklus.

Für Hausi Naef von der Kammgarn brauchte es bestimmt etwas Mut, um für die nächste Runde der erfolgreichen 360°-Konzertreihe mit dem Pianisten Werner Bärtschi einen klassischen Musiker als Solisten inmitten des Rampenlichts der Kammgarn auftreten zu lassen. Doch seine Experimentierfreudigkeit scheint sich mehr als gelohnt zu haben. So konnte das zahlreich erschienene Publikum von den kreisförmig gruppierten Stühlen aus in die berauschenden Klavierklänge Werner Bärtschis eintauchen.

«Diese geniale Umsetzung der Wahrnehmung von Bildern in Musik ist der wahre Grund für den Erfolg dieses Meisterwerks.»

Werner Bärtschi, Pianist

Mit jugendlich federndem Schritt mischte sich der vollbärtige Pianist unter das Publikum und setzte sich an den grossen Flügel. Zum Einstieg interpretierte Bärtschi seine Eigenkomposition «Trauer und Prunk». Bei dieser etwas gewöhnungsbedürftigen, modernen Komposition beschränkte er sich nicht nur auf das Tastenspiel, sondern zupfte und hämmerte, meist stehend, zum Teil gar mit einem Holzhammer bewaffnet, auf die präparierten Saiten des Konzertflügels. Trotz aller Nonkonformität vermochte er schliesslich, das Ganze in eine klanglich wohltuende Homogenität zu überführen. Bereits beim nächsten Stück fand der Solist mit Beethovens meisterhaft interpretierten Sonata quasi una fantasia, cis-Moll, besser bekannt als Mondscheinsonate, zurück in die musikalische Romantik. Sein Spiel überzeugte durch grosse Ausdruckskraft und Variabilität.

Bildsprache wird zu Musik

Bevor Bärtschi zur Interpretation des 30-minütigen Hauptwerks schritt, stellte er die Komposition «Bilder einer Ausstellung» von Modest Mussorgsky vor. Im Unterschied zu seiner übrigen, auf Vokalklängen basierenden Musik habe Mussorgsky bei dieser Komposition auf die Ausdruckskraft von Bildern einer Ausstellung abgestellt. Dies, nachdem er anlässlich einer Gemäldeausstellung seines Freundes Viktor Hartmann dazu animiert worden sei. «Diese geniale Umsetzung der Wahrnehmung von Bildern in Musik ist der wahre Grund für den Erfolg dieses Meisterwerks», brachte Pianist Bärtschi das Erfolgsgeheimnis für dieses ursprünglich für Piano komponierte Werk auf den Punkt. Nachdem Bärtschi kurz auf die zehn Themensätze des Stücks eingegangen war, setzte er sich an den Flügel, um dieses grossartige Werk aufklärender Romantik zu interpretieren. Mit grosser Virtuosität entwickelte und modulierte er die teilweise sehr kontrastreiche, dann wiederum homogene Ausdruckskraft der zehn unterschiedlichen Themen zugeordneten Sätze des Stücks. Überhaupt beeindruckte die Vielgestaltigkeit dieser Komposition Mussorgskys und deren musikalische Umsetzung.

Den grossen Applaus verdankte der Pianist mit einem Satz aus einem Divertimento von Joseph Haydn sowie einer «Canzona» von Gioachino Rossini, bei welcher Bärtschi den Tenorpart selbst übernahm und sich dazu virtuos begleitete.

 

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