Als Ufologe Erich von Däniken fast ein Schaffhauser Waschschiff abfackelte

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Schmutzige Wäsche wurde in Schaffhausen früher auf Waschschiffen gewaschen. Eines fiel 1945 um ein Haar Erich von Däniken zum Opfer. Das war nicht sein einziger Bubenstreich.

von Alexa Scherrer und Kay Uehlinger

Waschen ist in der Schweiz ein emotionales Thema - wer einmal eine eigene Waschmaschine in seinen vier Wänden hatte, gibt dieses Privileg nur äusserst ungern wieder auf. Oft scheint es, als würde - wenn man auf der Suche nach einer neuen Wohnung ist - eher auf einen Balkon oder einen Lift verzichtet, als auf einen privaten Waschturm. Das Mysterium der Gemeinschaftswaschküche eines Wohnblocks lässt sich folgendermassen erklären: Menschen, die sich penibel an Waschpläne und Stundentafeln halten, treffen auf solche, welche die Waschküche zum rechtsfreien Raum erklären. Eine Konstellation, die ein explosives Aufeinandertreffen garantiert. 

Wer jetzt denkt, dass früher alles einfacher war, der irrt. Und weniger explosiv war die Stimmung auch nicht, im Gegenteil. Das beweist die folgende Anekdote aus dem Jahre 1945. Prominenter Protagonist: Ausserirdischen-Forscher und Bestseller-Autor Erich von Däniken. Er war anno dazumals zehn Jahre alt und wohnte an der Steigstrasse 36 in Schaffhausen. Gewaschen wurde damals nicht mit der Maschine, sondern von Hand. Für diesen Zweck waren auf dem Rhein zwei Waschschiffe stationiert - eines bei der «Rhybadi» und eines auf der Höhe des Restaurants Beckenburg (siehe Text unten).

Das Thema Waschen sorgte allerdings offenbar schon früher für Streit. Im Buch «Geschichten zur Geschichte - Autoren und Leser der Schaffhauser Nachrichten blicken zurück» ist nachzulesen, dass sich die Frauen aus der Neustadt und diejenigen aus der übrigen Altstadt bewusst aus dem Weg gingen, da zwischen den beiden Stadtteilen kein gutes Klima herrschte.

Von Däniken wollte Spiegeleier braten

Eines Tages nun machte sich Erich von Däniken auf dem Waschschiff bei der Badi an einem Spirituskocher zu schaffen - und plötzlich griff das Feuer um sich. «Erich von Däniken kam mit dem Schrecken davon», heisst es. Und was sagt der 83-Jährige, der Teile seiner Schulzeit in Schaffhausen verbrachte, zum Vorfall? «Ich und mindestens ein Kollege waren dort am Spielen», erinnert er sich für shn.ch. «Etwas warm machen» haben sie gewollt. Was, weiss er zuerst nicht mehr richtig. «Ich glaube, es waren Spiegeleier», sagt er später. Der Brand sei schnell wieder gelöscht worden, ohne grossen Schaden anzurichten. «Zum Glück waren wir ja auf dem Wasser», sagt von Däniken. Schwarze Spuren auf dem Schiff habe der Zwischenfall aber dennoch hinterlassen. 

«Als Bub war ich immer der Rädelsführer, ein Lausbub, ein Halunke», erzählt der Initiator des 2006 Konkurs gegangenen «Mystery Park» in Interlaken schmunzelnd. Bösartig sei er nicht gewesen, aber er habe das Abenteuer gesucht. Er erinnert sich an einen Streich am 1. August, der böse hätte enden können. Im Parterre des Wohnblocks an der Steigstrasse habe eine alte Frau gewohnt. «Wenn wir draussen am tschutte waren oder Versteckis gespielt haben, hat sie immer reklamiert», erinnert sich von Däniken. Also habe er ihr mit Absicht eine 1.-August-Rakete in den Hausgang geschossen. Passiert sei der alten Dame nichts, aber: «Das war völlig lebensgefährlich.» Sowohl die Frau als auch der Hausmeister hätten geflucht und geschimpft. Sein Vater dürfte ebenfalls beides getan haben - er musste laut von Däniken nämlich für den Schaden bezahlen.

Erinnerungen an das Bombardement 

Auch an ein dunkles Kapitel der Schaffhauser Geschichte erinnert sich Erich von Däniken im Gespräch mit shn.ch. Am 1. April 1944 geriet die Schweiz zwischen die Fronten - und das direkt neben Deutschland gelegene Schaffhausen wurde von der US-Luftwaffe angegriffen. 371 Bomben fielen, 37 Menschen kamen ums Leben, über 300 hatten kein Dach mehr über dem Kopf. «Es war schönes Wetter an diesem 1. April», erzählt von Däniken. Er sei in der Schule gewesen, als der Alarm losging. «Alle Goofen seckelten in den Keller. Plötzlich begannen die Lichter an der Decke zu flackern. Einige Mädchen haben geschrien - und die Lehrer wollten, dass wir ruhig sind.»

Später dann der Befehl der Lehrer: Auf dem schnellsten Weg nach Hause rennen. «Überall war Feuer, die Luft hat vibriert.» Auch zu Hause ging es sofort in den Keller, unter anderem waren von Dänikens Mutter und der Hausmeister auch dort. «Wir Kinder mussten unter die Türrahmen stehen, weil dort die Gefahr eines Einsturzes am kleinsten war», erzählt von Däniken. Plötzlich habe es laut geknallt - doch der Abwart habe es geschafft, die Kinder zu beruhigen. Das sei nur der katholische Pfarrer, der gefurzt habe, hat er gesagt.

Passiert ist Erich von Däniken beim schwersten Angriff während des Zweiten Weltkriegs auf die neutrale Schweiz nichts. Die Erinnerung an die bangen Momente im Keller an der Steigstrasse 36 wird ihn wohl aber bis an sein Lebensende begleiten.

Waschen und Tratschen auf dem Rhein

Ein Waschschiff sah wie eine Art Floss aus. Eine Holzkonstruktion mit einem Eisenrahmen und einem Regendach aus Wellblech. In der Mitte des Flosses befand sich ein grosser Tisch, der zur Bearbeitung der Wäsche mit Kernseife und Sisalbürste diente. Die Schaffhauser Waschschiffe, besonders das eine bei der «Rhybadi», waren meist in einem sehr schlechten Zustand. Zum Teil standen die Frauen während des Waschens knietief im Rhein, weil das Floss wasserdurchlässig war. Zusätzlich rissen emporragende Schrauben die Wäsche der Frauen auf. Immer wieder beschwerten sie sich beim Polizeikommandoposten oder bei der Stadt. Selbst im «Schaffhauser Intelligenzblatt» tauchten immer wieder Kommentare von Frauen auf, die sich über den «Übelstand im Waschschiff bei der Badeanstalt» aufregten. Abhilfe wurde dadurch geschaffen, dass ein zweiter Boden über den wasserdurchlässigen gebaut wurde. Doch nach einiger Zeit wurde auch der doppelte Boden morsch und es drang wieder Wasser durch.

1925 waren beim Waschschiff neben der «Beckenburg» die Tragfässer leck geworden. Das Floss sank plötzlich ab - mit ihm die Frauen und ihre Wäsche. Nur mit Mühe und der Hilfe von Männern, die das Unglück vom Ufer aus beobachteten und sofortige Hilfe leisteten, konnten die Frauen und ihre Laken aus dem Rhein gerettet werden. Obwohl die Waschschiffe den Frauen immer wieder aufs Neue Sorgen bereiteten, hielten sie sich gerne dort auf. Es war ein beliebter Treffpunkt um zu schwatzen und die aktuellsten Gerüchte aufzuschnappen. Selbst Frauen, die zu Hause eine eigene Waschküche besassen, schleppten ihre schmutzige Wäsche auf den Rhein.

Das Ende der Waschschiffe

Im Jahr 1955 wurde erstmals gemunkelt, dass die Stadt plane, die Waschschiffe abzureissen. Damals ein Schock für die Wäscherinnen. Denn die Frauen behaupteten stets, dass ihre Wäsche weicher wurde, wenn sie sie mit Rheinwasser wuschen. Das erste Waschschiff erlitt ein unvorhergesehenes Ende. 1956 krachte ein Motorschiff in den Brückenpfeiler der Feuerthaler Brücke. Der Versuch, das im Pfeiler hängengebliebene Boot mit dicken Seilen ans Ufer zu ziehen, scheiterte. Das Boot löste sich von den Seilen und trieb rheinabwärts. Es kollidierte anschliessend mit dem Waschschiff bei der «Rhybadi». Das Boot sank und riss dabei das ganze Waschschiff auf den Grund des Rheins.

1962 endete dann die fast 100-jährige Waschkultur abrupt, als die städtische Bauverwaltung in einem Brief mitteilte, dass auch das zweite Waschschiff vom Wasser genommen werde. Dies, weil die Kraftwerk Schaffhausen AG den Bau der Rheinmauer in Angriff nahm. Damals musste diese Entscheidung nicht nur von den Frauen schweren Herzens zur Kenntnis genommen werden, sondern auch von den Männern, die mittlerweile ihre Wäsche selbst auf den dafür vorgesehenen Schiffen wuschen.mbedded entity Steuerelement

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