14,5 Millionen für 100 Wohnungen
Die Neue Wohnbaugenossenschaft Schaffhausen übernimmt 100 Wohnungen von der Stadt. Der Grosse Stadtrat hat der Abgabe gestern zugestimmt.
Sätze zur Situation
Diego Faccani (FDP): «Ich bin froh, dass die Stadt nicht länger auf Immobilientycoon macht.» Zum Beschluss, 100 Wohnungen an die Neue Wohnbaugenossenschaft abzugeben.
Edgar Zehnder (SVP): «Man soll den Esel am Kopf anpacken.» Zu seinem Vorschlag, den Prozess für Bauinvestitionen umzustellen.
Stephan Schlatter (FDP): «Wir bestimmen ja den Menüplan der Altersheime auch nicht.» Zu Zehnders Postulat.
Stefan Marti (SP): «Unsere Demokratie ist langwierig. Aber am Schluss kommt eine einigermassen gute Lösung heraus.» Marti äusserte sich skeptisch gegenüber einem neuen Vorgehen bei Bauprojekten.
Gestern im Rat
Vorsitz: Rainer Schmidig (EVP)
››Das Parlament hat Georg Merz (Grüne) als Vertreter des Grossen Stadtrats in die Mitgliederversammlung des Regionalen Naturparks Schaffhausen delegiert.
››Der Grosse Stadtrat hat die Vorlage des Stadtrates: ‹Abgabe von Wohnliegenschaften im Baurecht an die ‹Neue Wohnbaugenossenschaft Schaffhausen› zwecks Erhalt der Gemeinnützigkeit», mit 34 zu 0 Stimmen angenommen.
››Auch der «Bauabrechnung ‹Erneuerung KBA Hard›» hat das Parlament mit 30 zu 3 Stimmen zugestimmt.
››Das Postulat (SVP) «Prozessanpassung Bauinvestitionen» von Edgar Zeh
So viel Eintracht herrscht im Grossen Stadtrat selten: Ohne Kontroverse, mit dem Ja sämtlicher Fraktionen und 34 zu 0 Stimmen genehmigte das Parlament gestern Abend die Abgabe von Wohnliegenschaften im Baurecht an die Neue Wohnbaugenossenschaft Schaffhausen (NWGS).
Die Stadt hatte die insgesamt 100 Wohnungen an der Fulachstrasse, der Furkastrasse und der Buchthalerstrasse zwischen 2012 und 2014 von drei Wohnbaugenossenschaften gekauft, weil diese mit Nachfolgeproblemen im Vorstand zu kämpfen hatten. Kostenpunkt: 16,9 Millionen Franken. Der Kauf erfolgte, um die Gemeinnützigkeit der Wohnungen zu erhalten. Seither werden sie von der städtischen Immobilienabteilung vermietet. Doch dies sollte kein Dauerzustand sein: Gemäss der Vier-Säulen-Strategie der Stadt zur Förderung des gemeinnützigen Wohnbaus fungiert die Stadt als Drehscheibe und Vermittlerin im Liegenschaftsmarkt.
Die NWGS wird die Gebäude auf dem Baurechtsland für 14,51 Millionen Franken kaufen und zahlt einen jährlichen Baurechtszins von 1,75 Prozent. Die Differenz zwischen dem Kauf- und dem Verkaufsbetrag von 2,4 Millionen Franken erklärt der Stadtrat unter anderem mit der Alterung der Gebäude und dem aktuellen Schätzwert der Grundstücke.
«In der NWGS haben wir einen vertrauenswürdigen Partner gefunden, und die Finanzierung der Genossenschaft ist gesichert», sagte Finanzreferent Daniel Preisig. Neben zwei Darlehen à 3 und 2 Millionen Franken hat die Stiftung Solinvest eine Beteiligung von 1,5 Millionen Franken zugesichert; mit 2 Millionen Franken will sich die Stadt am Genossenschaftskapital beteiligen, um der NWGS finanziell einen Start zu ermöglichen.
Der Verkauf der Wohnungen sei auch für die Stadt attraktiv, so Preisig. Abzüglich der Beteiligung von 2 Millionen Franken gehen 12,51 Millionen Franken an die Stadt. Dieser Betrag wird in den Rahmenkredit für Land- und Liegenschaftenerwerb fliessen.
«Keine Staatsaufgabe»
Er sei froh, dass die Liegenschaften endlich vom Wohnungsbestand der Stadt losgelöst würden, sagte Diego Faccani (FDP). «Und ich bin auch froh, dass die Stadt vom Gedanken abgekommen ist, selbst eine Genossenschaft zu gründen.» Die finanzielle Beteiligung der Stadt am Genossenschaftskapital habe in der Fraktion zu Diskussionen geführt. «Aber uns ist auch bewusst, dass ohne dieses Geld das Finanzierungskonstrukt der Genossenschaft in sich zusammenfallen würde.» Finanzreferent Preisig merkte dazu an, dass die Stadt genug Sicherungen eingebaut habe, um Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen. So hat die Stadt das Recht, einen Vertreter in den Genossenschaftsvorstand zu delegieren. Und beim Verlust der Gemeinnützigkeit kann sie den vorzeitigen Heimfall zu einer festgelegten Quote von 75 Prozent herbeiführen, das heisst, die Liegenschaften würden zurück an die Stadt gehen, so Preisig.
Urs Fürer (SP) lobte die Stadt für den damaligen Kauf der Liegenschaften. «Das war ein vorausschauender Entscheid.» Die Tatsache, dass die Stadt seit dem Kauf nur das Nötigste in die Wohnungen investiert und einen Nettoertrag von 400 000 Franken pro Jahr erzielt habe, rechtfertige den tieferen Verkaufspreis, so Fürer.
Auch die SVP fand lobende Worte für die Vorlage des Stadtrats. «Es ist klar, dass die Bewirtschaftung von Liegenschaften keine Staatsaufgabe ist», sagte Mariano Fioretti. Die Genossenschaftswohnungen würden eine willkommene Entlastung für Familien mit wenig Einkommen bieten. Und die NWGS habe ein sicheres Finanzierungskonzept aufgestellt: «Ich bin überzeugt, dass sie seriös arbeitet und kein Konkurs eintreffen wird.»