Ein Fest für die Füsse und die Augen

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140 Volkstanzleiter übten in der Sporthalle Breite. Bild: Evelyn Kutschera

In Schaffhausen bildeten sich am Wochenende die 140 kantonalen Volkstanzleiterinnen und Volkstanzleiter in der Sporthalle Breite weiter.

von Indrani Das Schmid

Samstagnachmittag, Sporthalle Breite: «Halbdrehung, Arm offen, Burschen Handwechsel, Meitschi rechts ausdrehen! Rechts! Reeechts!» Bei Links winkt zur Belohnung die Entknotung der Arme. Die Volkstanzleiterin Danielle amüsiert sich und wartet geduldig, bis manche der Tanzpaare ihre Arme wieder sortiert haben. Die Choreografie mit der sie und ihre 14 Tänzer und Tänzerinnen aus Bern den Reigen der Volkstänze eröffnen, erscheint nur für den Zuseher einfach. Für ihn klingen auch Anweisungen wie «Offene Walzer – Rückkreis – Schwenk und Stehen» exotisch. Nicht jedoch für die gut 140 Tänzerinnen und Tänzer, die bereits nach dem ersten Proben den Gentaler Walzer leichtfüssig tanzen. Kein Wunder, denn sie sind alle Volkstanzleiter, die sich dieses Wochenende in Schaffhausen zu ihrer jähr­lichen Weiterbildung trafen. Ein Fest für Füsse und Augen. Alle sind hier in Trachten erschienen.

Schweizer Geschichten in Stoff gewebt

Die Genfer in ihrer städtischen Patriziertracht, die Berner mit schwarzem spitzem Mieder, die Innerschweizer mit dem roten Schnupftuch und Kittel. Während die Damen aus der Deutschschweiz verschiedene Käppchen, Haarfächer oder Strohhüte haben, tragen ihre Kolleginnen aus der Westschweiz eher weisse Hauben, die an das 18. und das 19. Jahrhundert erinnern. Alle haben prächtige Trachtenkleider an, die ihre eigene Bedeutung haben. «Ach, ich bringe sie immer durcheinander», seufzt Andreas Zimmermann aus Trasadingen. Der Landwirt tanzt seit über 36 Jahren in der Volkstanzgruppe Klettgau (siehe Interview unten). «Wir Männer haben es da einfacher», lacht er und weist auf sein weinrotes Gilet – typisch für die Schaffhauser Sonntagstracht.

«Tip-tip-hüpf», heisst es, und alle hüpfen auf einem Bein. Auch die Klarinettisten.

Typisch für den Schweizer Volkstanz seien die Walzer – Andreas Zimmermanns Favorit: «Der bringt richtig Schwung.» Weniger Ländler oder Zwiefache wie in Bayern oder Österreich. Eher Polkas, Mazurkas oder Märsche. Wie der «De Erschte», den die Volkstanzgruppe aus Zug zeigt. «Tip-tip-hüpf», heisst es, und alle hüpfen auf einem Bein. Auch die Klarinettisten. Die Oberbaselbieter Ländlerkappelle begleitet nicht nur die Tänzer und die Tänzerinnen, sondern spornt sie immer wieder mit ihrer aufmunternden Art an.

Halb so lustig würden es die Tanzleiter der Sociéte des Costumes et du Patois aus Savièse, Wallis, finden, sich ständig neue Tänze überlegen zu müssen. «Wir sind hier, um uns Inspirationen zu holen und zu lernen», sagt ihr Leiter Alexandre Solliard. Acht Tänze möchten die vier lernen. «Vier für die Leiter – die können ruhig ein wenig komplizierter sein – und vier etwas einfachere für unsere Mitglieder.» 70 Mitglieder haben sie, im Alter von 20 bis 70 Jahren. Auf das generationenübergreifende Interesse sind sie stolz. Auch auf ihre Tracht. Während die Tracht der Frauen neu entworfen wurde, da in dieser katholischen Gegend verheiratete Frauen traditionell Schwarz tragen mussten, binden sich die Männer farbenprächtige Webgürtel um. Diese seien «fingergewebt», so Alexandre Solliard – eine Besonderheit dieser Region.

An diesem Wochenende tanzten nicht nur Tänzerinnen und Tänzer durch die Sporthalle Breite, sondern die geballte Schweizer Geschichte und Seele.

«Ich liebe Musik, Bewegung und Herausforderungen»

Andreas Zimmermann Volkstänzer, Volkstanzgruppe Klettgau

Herr Zimmermann, gut sehen Sie aus. Was tragen Sie denn heute?

Andreas Zimmermann: Sie meinen mein rotes Gilet, das weisse langärmelige Leinenhemd und die schwarze Hose? Das ist die Schaffhauser Sonntagstracht für uns Männer. Sie hat die historische Schaffhauser Männertracht abgelöst.

Sie tanzen bereits seit 36 Jahren in der Volkstanzgruppe. Was fasziniert Sie so daran?

Zimmermann: Ich liebe Musik, Bewegung und Herausforderungen. Sie glauben gar nicht, wie kompliziert manche Choreografien sind.

Nun, das sind viele im Tanz. Aber warum gerade Volkstanz?

Zimmermann: Angesteckt wurde ich, als ich mit drei Kollegen von der Landwirtschaftsschule eines Abends ausging und wir beim Tanzen landeten. Dazu kommt, dass ich als Landwirt heimatverbunden bin und mich die Trachten und ihre Geschichten dahinter faszinieren.

Gibt es etwas, was Ihnen als Volkstanz-Urgestein auffällt?

Zimmermann: Volkstanz ist im Kanton Schaffhausen nicht stark verankert. Ganz im Gegensatz zur Innerschweiz, zu Bern und zum Appenzell. Dort tanzen und singen auch die Jungen.

Interview: Indrani Das Schmid

 

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