«Alles hier ist herzig und heimelig»




Der Arbeitsort der Schaffhauser Polizei ist idyllisch, aber alles andere als zeitgemäss. In den museal anmutenden Räumen sind die Abläufe kompliziert. Dasselbe gilt für das Gefängnis.
«Blick hinter die Mauern»
Am 10. Juni wird über den Kredit für den Bau des Polizei- und Sicherheitszentrums abgestimmt. Gestern war die Bevölkerung eingeladen, sich mit einem «Blick hinter die Mauern» von Polizei und Gefängnis selbst ein Bild zu machen von der Infrastruktur, den Arbeitsbedingungen und den Auswirkungen auf die Gefangenen.
20 Minuten, bis man einsatzbereit ist
Aber dies war nicht die einzige räumliche Unzulänglichkeit, der man auf dem Rundgang begegnete. «Es dauert 20 bis 30 Minuten», sagte Kommandant Blöchlinger, «bis unsere Grenadiere im Notfall ausrücken können, und zwar weil sie so lange brauchen, bis sie die dezentral gelagerten Ausrüstungsgegenstände zusammengerafft haben.»
Antiquierte Verhältnisse
In der Garage, wo der Einsatzwagen parkiert, wenn er einen Delinquenten bringt, sind einige Zellen für die Unterbringung von Gefangenen erstellt worden: aus Holz, etwa 1,8 auf 1,2 Meter gross und nicht schalldicht. Hier muss jemand die Stunden absitzen, die es braucht, bis er dann der Staatsanwaltschaft zugeführt werden kann. Einige der Zellen sind rosa ausgemalt. «Das ist das sogenannte Cool Down Pink», sagt Wachtmeister Weber. «Es beruhigt Menschen, die aufgeregt sind.» Über diesen «Zellen» hängen Taucheranzüge zum Trocknen, bevor sie dann in einen Nebenraum verbracht werden. Die Schaffhauser Polizeitaucher sind die Einzigen, die das Know-how haben, beim Rheinfall zu tauchen, etwa auf der Suche nach Leichen.
Bei der Schaffhauser Polizei arbeiten rund 150 Personen, 20 bis 30 davon sind Frauen. Für diese gibt es gerade mal eine einzige Toilette. Garderoben müssen zum Teil von Männern und Frauen benützt werden, weil die Verhältnisse so eng sind.
Im Aufenthaltsraum für die Beamten, die nachts im Einsatz sind, muss man sich, will man sich zwischendurch ausruhen, auf den Boden legen, weil es keine Pritschen gibt.
Nach einem kurzen Blick in die Einsatzzentrale – «die Technik ist völlig veraltet», so Kurt Blöchlinger, «wir müssen sie für mehrere Hunderttausend Franken erneuern» – ging es ins Gefängnis.
Gefängnis ohne Sicherheitskordon
Gefängnisleiter Lorenz Ammann und sein Stellvertreter Kurt Schmid erläuterten die Eigenarten und Unzulänglichkeiten des hiesigen Gefängnisses. «Solche Verhältnisse wie in Schaffhausen trifft man nirgends mehr an», sagte Lorenz Ammann. Problematisch sei vor allem der fehlende Sicherheitskordon um die Strafanstalt. Es sei unmöglich, die Kommunikation zwischen Einsitzenden und nicht Einsitzenden zu unterbinden. «Es muss sich nur jemand auf den öffentlichen Grund vor dem Regierungsgebäude stellen, und er kann problemlos mit Rufen und Zeichen mit dem Menschen in der Zelle kommunizieren.» Einfach das Fenster zu schliessen, sei – gerade im Sommer – nicht möglich. Weil es keine Lüftung gibt im Gefängnis. Es werde dann zu heiss, und schnell sei eine Scheibe eingeschlagen. Auch sei es einfach, Gegenstände über die Mauer in den Innenhof zu werfen oder sogar an eine aus einem Zellenfenster gehaltene Schnur zu hängen – weil der öffentliche Raum praktisch bis direkt an die Gefängnismauer reicht.
«Durchschnittlich sitzen gut 40 Personen in Schaffhausen ein», sagt Lorenz Ammann. Und das in Zellen, die 8,6 Quadratmeter gross sind, zwar ein WC haben, aber keine Dusche, sondern lediglich fliessendes Kaltwasser. «Die Zellen entsprechen nicht mehr den Richtlinien der Europäischen Menschenrechtskonvention.» Dies konnte man Plakaten an der Wand entnehmen.
«Hohe Kosten? Nun denn …»
Für Kurt Spiess, einen der Teilnehmer am Rundgang, war klar: «Das neue Sicherheitszentrum ist dringend notwendig.» Die hohen Kosten des Projektes schrecken Kurt Spiess nicht ab. «Nun denn …», sagte er.
Komfortabel im Vergleich zu den Verhältnissen bei der Polizei oder im Gefängnis ist die Lage bei der Staatsanwaltschaft. Dennoch begrüssen auch die Anwälte Thomas Rapold und Monika Jehli einen zeitgemässen Neubau.