Diese Pinguine schrecken auch 3 Grad nicht ab

Maria Gerhard | 
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Dass es der kälteste Tag in diesem Winter ist, stört die Schaffhauser Pinguine nicht: Drei Frauen springen jeden Mittwoch zur Mittagszeit für einen Schwumm in den Rhein.

Im Zürcher Zoo dürfen die Humboldt-Pinguine derzeit nicht ins Freie – weil es zu kalt ist. Die Schaffhauser Pinguine, so nennen sich die drei Winterschwimmerinnen Sandra Ehrat, Monica Klingenfuss und Brigitte Röllin, haben ­gerade auf diese tiefen Temperaturen gewartet. Die Sonne strahlt über Schaffhausen und lässt den Rhein glitzern, es ist der kälteste Tag in diesem Jahr, gerade hat die Luft –6,1 Grad im Schatten, das Wasser ist 3 Grad kalt: Perfekt, um im Rhein schwimmen zu gehen, finden die Damen. Jeden Mittwoch – seit Ende Oktober – treffen sie sich über Mittag am Salzstadel zum gemeinsamen Bad. «Es ist das Highlight der Woche für mich», sagt Sandra Ehrat. Und die anderen beiden stimmen ihr zu.

Heute werden sie von einem Bekannten, dem Bergführer Hermann Berie, und den SN begleitet. In den Umkleidekabinen des Kanu Clubs Schaffhausen an der Fischerhäuserstrasse zieht sich die kleine Gruppe um: Badeanzug, Füsslinge und Handschuhe aus Neopren – das war’s! Ach, nicht zu vergessen die lustigen Pinguinmützen, das Erkennungszeichen der Frauen. Sogar für die Reporterin haben sie eine mitgebracht. Sie erfüllen aber ihren Sinn: Beim Schwimmen bleibt der Kopf warm. So ausgerüstet läuft das Grüppchen, unter viel Lachen, ein Stück das Lindli hoch. Spaziergänger bleiben erstaunt stehen und schauen ihnen nach.

Zehenwackeln hilft nichts

Dann ist es so weit: Zwischen Weidlingen und Pfosten geht es am Lindli Stufe für Stufe in den Rhein. Als auch die Schultern im Wasser verschwinden, reagiert der Körper sofort. Alles zieht sich zusammen. Es ist kalt, kalt, kalt! Eigentlich könnte man jetzt schon wieder umdrehen. «Gleich wird es besser», beruhigt Brigitte Röllin. Schon seit Jahren geht sie im Winter im Rhein schwimmen. Eine Freundin hat sie einmal dazu gebracht. «Es war auch Winter. Und sie hat gesagt, sie komme mich nur besuchen, wenn wir auch im Rhein schwimmen gehen würden», erzählt Röllin. Und so kam es. Dieses Jahr wurde sie erstmals von den anderen beiden begleitet, und auch sie sind dabei geblieben. «Es macht süchtig», sagt Monica Klingenfuss. Ausserdem härte es tatsächlich ab, sie sei den ganzen Winter noch nicht krank gewesen. Früher war das anders. Ganz entspannt machen die drei ihre ersten Züge. Das motiviert. Also hinterher. Tatsächlich breitet sich nach wenigen Metern so etwas wie ein leichtes Brennen am Körper aus bis zu der Stelle am Hals, wo sich Wasser und Luft treffen. Nur die Zehen fühlen sich an, als würden sie gleich abfallen. Damit zu wackeln, hilft auch nicht.

Dann kommt der Adrenalinstoss

Es ist ein einmaliges Erlebnis: Plötzlich ist man hellwach, die Luft scheint auf einmal so viel reiner zu sein, und die Leichtigkeit im Wasser tut ein Übriges zum Adrenalinstoss. «Das ist so befreiend», jauchzt Sandra Ehrat. Als die Frauen mit dem Winterschwimmen anfingen, hatte der Rhein noch 15 Grad. «Letzte Woche waren es 4,5 Grad», sagt Monica Klingenfuss. Dass es jetzt sogar noch einmal kälter geworden ist, hat sie gefreut. Wenn schon, dann auch bitte einmal richtig.

Nach etwa fünf Minuten im Wasser kommt schon der Steg beim Kanu Club näher. Zügig geht es aus dem Wasser. Die Haut ist jetzt richtig gerötet. Schnell heisst es, mit dem Handtuch abrubbeln und den Pulli drüberziehen. Während die anderen schon Tee schlürfen, nimmt Brigitte Röllin eine warme Dusche: «Eigentlich soll man das nicht, aber ich brauch das.»

Das grosse Bibbern kommt übrigens erst, wenn man sich schon zufrieden in seinen Mantel hüllt. Ein kalter Schauer überzieht den Rücken, die Hände zittern so, dass man beim Schreiben kaum den Kugelschreiber halten kann. «Es dauert ein wenig, aber dann breitet sich ein wohlig warmes Gefühl von Geborgenheit am ganzen Körper aus», sagt Sandra Ehrat. Und genau so ist es dann auch.

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