Etwas «Chasperlitheater» im alten Byzanz

Dario Muffler | 
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Bauer Giustino tötet den Bären und rettet Leocasta, die Tochter des Kaisers, die er später heiraten wird. Die Verspieltheit und der Detailreichtum der Figuren sowie die eindrücklichen Kulissen sorgten für hübsche Szenen auf der Bühne. Bild: Phillip Schmanau

Mit Witz, Charme und musikalischer Qualität begeisterte eine Neuinszenierung der Oper «Giustino» das Publikum im Stadttheater.

«Chasperlitheater» oder auch Marionettentheater zählen wohl bei vielen zu den ersten Theatererfahrungen. Der Gedanke an Marionetten, wie sie an feinen Fäden tänzeln, weckt darum Kindheitserinnerungen in uns. Bei einer einmaligen Neuinszenierung von Georg Friedrich Händels Oper «Giustino» im Stadttheater war dies der Fall. Denn nicht Opernsänger waren auf der Bühne zu sehen, sondern die Marionetten des Mailänder Puppentheaters «Carlo Colla e Figli». Somit kam das Publikum in Schaffhausen gleich in den Genuss von zwei Raritäten. So werden im hiesigen Theater nur selten Opern aufgeführt. Dass diese zudem eine renommierte Mailänder Puppenspielertruppe und ein erfolgreiches Barockensemble wie die «Lautten Compagney Berlin» vereint, ist doppeltes Glück.

Tolle Bühnenbilder und Figuren

Zweifaches Glück findet auch die Hauptfigur der Oper: Giustino. Der Bauer wird zum Mitregenten des Kaisers und heiratet die Schwester des Kaisers. Die Geschichte spielt in Byzanz im sechsten Jahrhundert. Das Libretto basiert auf einer wahren Geschichte, mit deren Fakten zum Teil aber frei umgegangen wird.

In drei Akten werden Giustinos Abenteuer geschildert. Die märchenhaften Züge der Geschichte kommen dabei durch die farbigen Bühnenbilder sowie die detailreich gestalteten Figuren der Mailänder Kompanie besonders gut zum Tragen. Vor allem die spektakuläre Tötung eines Seemonsters und eines Bären bleibt in Erinnerung. Die feine Gestik der Figuren erzeugt derweil eine verblüffende Glaubwürdigkeit. Die Bewegungen passen stets zu den durch die Arie vermittelten Empfindungen der Protagonisten. Und doch schwebt immer ein Quäntchen Witz mit, erzeugen gewisse schemenhafte Bewegungen im Vergleich zum poetischen Gesang immer wieder ironische Brechungen. Das spiegelt sich in den Lachern und dem Zwischenapplaus des Publikums. Oper wie im 18. Jahrhundert!

Musikalisch hochstehend

Einen wesentlichen Teil zum Erfolg trägt die «Lautten Compagney Berlin» bei. Das auf alte Musik spezialisierte Ensemble liefert Barocke Musik vom Feinsten ab. Präsent, aber nicht zu laut spielend, überzeugen die Musiker unter der Leitung von Wolfgang Katsch­ner mit spielerischer Leichtigkeit, ohne die Präzision zu vernachlässigen.

Zu den gesanglichen Höhepunkten zählt das Duett von Kaiserin Arianna, gesungen von Sopranistin Fanie Anto­nelou, und Kaiser Anastasio, gesungen von Sopranistin Margriet Buchberger. Beide überzeugen mit leidenschaftlichen Koloraturen, ohne übertrieben zu verschmieren. Auch Julia Böhme, Alt, begeistert mit warmem Stimmklang in tiefen Lagen und schmetternden Höhen. Selbst wenn die Phrasierung von Countertenor Owen Willetts das Textverständnis zeitweise etwas erschwert, überzeugt das Gesamtpaket derart, dass es zu Standing Ovations kommt.

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