Der Ball rollt noch nicht, der Rubel schon

Zeno Geisseler | 
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Fussball gespielt wird im neuen Lipo-Park noch nicht, der Ankermieter aber hat ­gestern seinen Laden eröffnet. Der Ansturm war gross, die Erwartungen des Chefs von Lipo sind es auch.

Die Diskussionen um das neue Schaffhauser Fussballstadion haben sich bis jetzt vor allem auf sportlicher und politischer Ebene abgespielt. Wird der FCS wieder zu seiner alten Form zurückfinden? Wird er die 8000 Plätze im neuen Lipo-Park füllen können? Was wird aus der Breite werden?

Fast schon unter dem Radar geblieben ist bei der ganzen Debatte, dass Schaffhausen zusammen mit dem Stadion auch ein neues Einkaufszentrum erhält: Im Fussballstadion integriert sind sogenannte Mantelnutzungen, grosse Verkaufs- und Dienstleistungsflächen (siehe unten). Gestern nun hat der wichtigste Mieter, der Möbelhändler Lipo, sein Geschäft eröffnet.

Beim Eingang wurden Cüpli gereicht, es gab Bratwürste, einen Wettbewerb – und vor allem 20 Prozent auf alles. Entsprechend gross war der Andrang, nicht nur aus Schaffhausen, sondern auch von weiter weg. Selbst Leute von jenseits der Grenze waren gekommen: Die allererste Kundin überhaupt war eine Frau aus Singen.

«Wir haben am Vorabend noch bis 23 Uhr alles vorbereitet», sagte der CEO von Lipo, Roland Seiler (47), im Gespräch mit den SN. Gestern war er ab sieben Uhr wieder im Geschäft.

Im Laden gibt es Elemente, die man von anderen Möbelhändlern kennt: Pfeile am Boden weisen die Richtung, überall gibt es Kästen mit Papier, Bleistift und Messband. Wer jemals im Ikea war, wird sich sofort zurechtfinden. Nicht zu vergleichen ist der Schaffhauser Lipo aber mit anderen Filialen. «In Schaffhausen wenden wir erstmals ein völlig neues Konzept an», sagt Seiler, der zuvor in der Unternehmensleitung von Möbel Pfister war und seit April an der Spitze von Lipo steht. «Bis jetzt wurden unsere Möbel quasi in Turnhallen verkauft, das wollen wir nicht mehr. Wir wollen uns vom Image des Harddiscounters verabschieden.» Dass Lipo vor 40 Jahren einst für «Liquidationsposten» stand, ist zwar Teil der Unternehmensgeschichte, nicht aber Teil des heutigen Konzepts. «Vielleicht», sagt Seiler, «wechseln wir sogar unser Logo.»

Was im Vergleich zu Ikea auffällt, ist die Präsenz von Verkaufspersonal. Überall stehen auch Druckknöpfe, mit denen man einen Berater anfordern kann. «Wir wollen alles bieten: Beratung, schöne Läden, hohe Qualität und einen günstigen Preis», sagt Seiler, der ursprünglich Schreiner gelernt hat.

Beratung und tiefe Preise seien kein Widerspruch. «Ein Möbelhaus hat viele Fixkosten», sagt Seiler. «Mit guten Beratern generiere ich aber mehr Umsatz.» Die Mitarbeiter bei Lipo verdienten etwa gleich viel wie im Detailhandelsdurchschnitt, sagt er.

Dann spricht Seiler vom Wow-Effekt, wenn man ein Produkt ansehe, es berühre, es ausprobiere und wenn man auf den Preis achte. Darauf angesprochen, dass letztlich jedes Geschäft mit jedem Produkt einen solchen Wow-Effekt erzielen wolle, lacht Seiler. «Ja, klar. Aber gelingt es allen?»

Lipo hat seit 2008 seinen Umsatz auf 200 Millionen Franken verdoppelt, zudem eröffnet das Unternehmen 2016 gleich zwei neue Filialen. Nach Schaffhausen wird in drei Wochen Pratteln in Baselland als 23. Geschäft dran sein, ebenfalls nach dem neuen Konzept. Geschlossen worden ist dafür ein Standort in Winterthur – nicht, weil er schlecht lief, sondern weil ein anderes Unternehmen am gleichen Ort ein neues Zentrallager errichten will. «Wir wollen auf jeden Fall nach Winterthur zurück», sagt Seiler.

Vom Aus in Winterthur profitiert

Für die Filiale in Schaffhausen war die Schliessung von Winterthur insofern ein Vorteil, weil so ein Pool von ausgebildeten Mitarbeitern bereitstand. 20 arbeiten in Schaffhausen. Landesweit sind es rund 500.

«Schaffhausen ist für uns besonders wichtig», sagt Seiler. Dies nicht nur, weil hier zum ersten Mal ein neues Konzept erprobt werde, sondern auch, weil Lipo als Namensgeber des Stadions fungiere. Wenn Lipo in irgendeinem Industriegebiet nicht erfolgreich sei, interessiere das kaum jemanden. Müsste der Lipo-Park umbenannt werden, dann stünde es am nächsten Tag im «Blick».

 

Lipo-Park: Fachmärkte und Dienstleistungen in der Mantelnutzung

Als neues Stadion für den FCS ist der Lipo-Park bekannt. Der Bau ist aber weit mehr als das: Er bietet auch Flächen für Geschäfte, die mit dem Fussball selbst nichts zu tun haben. Während das Stadion erst im neuen Jahr in Betrieb geht, sind diese anderen Nutzflächen bereits verfügbar. Grösster Mieter (und Namensgeber des Stadions) ist der Möbelhändler Lipo. Er belegt rund 5500 Quadratmeter. Ebenfalls daran, im Stadion einzuziehen, ist die AMAG. Neben dem Lipo stehen Autos von Audi und VW in einem Showroom. Insgesamt gibt es 10 000 Qua­dratmeter Platz für Fachmärkte und Dienstleistungen. Stadion und Mantelnutzung werden unabhängig voneinander finanziert, das Stadion durch die Fontana Invest und die Fachmarkt- und Dienstleistungsfläche durch die Methabau. Investitionssumme total: rund 60 Millionen Franken.

 

Neues Stadion - Eröffnung 2017

Vorgeschichte:
Schon im Jahr 2000 wurde der Stadtrat damit beauftragt, eine Studie zu einem neuen Stadion auszuarbeiten. Der Stadtrat schlug dann 2002 vor, auf der Breite ein neues Stadion zu bauen. Daraus wurde aber nichts: Ab 2006 stand eine Variante im Herblingertal im Fokus.

Verzögerungen:
Ob ein neues Stadion tatsächlich kommen würde, war lange Zeit nicht klar. Das Projekt wurde mehrfach verschoben und redimensioniert, und das städtische Stimmvolk lehnte 2015 einen Beitrag der öffentlichen Hand über 2 Millionen Franken ab. Dennoch erfolgte im gleichen Jahr der Spatenstich.

Eröffnung:
Im November 2016 eröffnet der Ankermieter Lipo seinen Möbelladen. Im Februar 2017 soll dann das erste Spiel im Stadion ausgetragen werden.

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