Student versucht mit legalem Hanf sein Glück

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Denis Spitzer (27) und seine CBD-Hanfpflanzen, in die er viel Herzblut und Energie steckt. Bild: Sophie Schäfer

Denis Spitzer, Geschäftsführer der Canndo AG, bewirtschaftet zusammen mit seinen zwei Partnern ein CBD-Hanffeld in Lohn. Sein Ziel: ein eigenes Medikament auf den Markt zu bringen.

von Sophie Schäfer

Meterhoch ragen die buschigen Hanfpflanzen aus dem Boden und umhüllen einen mit dem typischen Hanfgeruch. Mitten im Hanfdschungel: Denis Spitzer (27), Geschäftsführer der Canndo AG. Das junge Start-up widmet sich der Selektionierung und Vermehrung von ausgesuchten Cannabidiol-(CBD-)Hanfsorten. Dabei achten sie auf das Verhalten der Pflanze während des Wachstums und der Blütephase. Zur Zucht werden dann lediglich die weib­lichen Pflanzen verwendet, da nur sie die benötigten Blüten erzeugen. Gemäss dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) wird dem CBD im Vergleich zum Tetrahydrocannabinol (THC) keine vergleichbare psycho­aktive Wirkung zugeschrieben. Heisst: CBD-Hanf ist nicht berauschend und deshalb ­legal erhältlich.

Ausschlaggebend für die Gründung des Unternehmens war ein Video, auf das Spitzer per Zufall gestossen ist. Darin geht es um ein Mädchen, das an einer schweren Epilepsie erkrankt ist und dessen Zustand sich dank einer Behandlung mit CBD merklich verbesserte. «Als ich dieses Video gesehen habe, dachte ich, hey, so was muss ich auch machen. Das hat mich echt bewegt», so Spitzer. Längerfristig möchte er darum, dass sein Hanf ausschliesslich für medizinische Zwecke genutzt wird. Vorzugsweise in Form eines Medikamentes.

Bisher vor allem als Tabakersatz

Michael Mosimann, Vorstandsmitglied der Interessengemeinschaft (IG) Hanf, schätzt die Chancen für sein Vorhaben jedoch als äusserst gering ein. Zu hoch seien die Hürden in der Schweiz zur Lancierung eines CBD-Medikamentes und zu gross die Konkurrenz im Ausland. Aus gesetzlichen Gründen darf man in der Schweiz für CBD keine spezifischen Heilversprechen abgeben. CBD wird im freien Handel lediglich als Tabakersatz- oder Rohstoff verkauft. Weder in der Schweiz noch in einem anderen Land mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle ist ein Monopräparat mit reinem CBD zugelassen. Das Bundesamt für Gesundheit und die Heilmittelkontrolle Swissmedic weisen denn auch warnend ­darauf hin, dass CBD nicht nach Belieben irgendwelchen Präparaten beigegeben oder willkürlich beworben werden dürfe.

Kurzfristig gesehen, müssen Spitzer und seine Partner daher auf andere Anwendungsbereiche ausweichen. So werden sie in diesem Jahr primär die Blüten abnehmen, diese trocknen und dann in Form von Öl oder als Tabakersatzprodukt verkaufen.

CBD – ein Wunderheilmittel?

CBD-Hanf ist wie erwähnt laut dem Bundesamt für Gesundheit in der Schweiz nicht als Heilmittel anerkannt. Dazu meint Spitzer: «Das finde ich natürlich nicht so gut.» Dennoch wird CBD in vielen Anwendungsbereichen gerne eingesetzt. So soll CBD ­gemäss Spitzer und BAG bei Schmerz­linderungen, posttraumatischer Stressbekämpfung und gegen Epilepsie, das Tourette-Syndrom und ADHS helfen. Jedoch betonen beide Seiten, dass dessen erfolgreiche Wirkung noch nicht in allen Anwendungsgebieten bewiesen ist und man darum nur Empfehlungen aussprechen kann. Spitzer selbst konsumiert auch CBD und sagt dazu: «Wäre ja komisch, wenn nicht.» Er nimmt es hauptsächlich bei allfälligen Schwierigkeiten beim Einschlafen. Aufgrund der beruhigenden Wirkung des CBD wird es nämlich gerne als alternatives Schlafmittel verwendet.

Der Schritt in die Selbständigkeit

Denis Spitzer hat Energie- und Umwelttechnik studiert. Schon während des Studiums wusste er, dass er sich eines Tages selbständig machen würde, um seine eigene Firma zu gründen – nur für welchen Bereich, war ihm bis zum Zeitpunkt, als er das Video der Epilepsieerkrankten gesehen hatte, noch unklar. Von diesem Moment an ging dann alles relativ schnell. Als er sich sicher war, seine Vision in die Realität umsetzen zu wollen, kontaktierte er seinen Freund, der von Beruf Landschaftsgärtner ist, und fragte ihn, ob er bei seinem Vor­haben dabei wäre – dieser sagte ihm zu. In einem nächsten Schritt holten sie einen Landwirt ins Boot, der die Bewirtschaftung seines Feldes bewilligte und sich ebenfalls stark engagiert.

«Ich bin voll ­dafür, dass man für medizinische Zwecke Cannabis in jeder Form ­legal macht.»

Denis Spitzer, Geschäftsführer , der Canndo AG

Schweisstreibende Sisyphusarbeit

Um CBD legal verkaufen zu können, muss die Pflanze gemäss BAG einen THC-Gehalt von unter einem Prozent aufweisen und unterliegt damit nicht dem Betäubungsmittelgesetz. Diesen Normen entsprechend hat die Canndo AG in akribischer Arbeit die für sie optimalen Pflanzen aus dem europäischen Sortenkatalog selektiert, vermehrt und auf dem Feld angepflanzt. Ihre Pflanzen weisen sogar einen THC-Gehalt von unter 0,2 Prozent auf und können damit auch im europäischen Raum verkauft werden. Dort gelten nämlich diesbezüglich strengere Vorschriften als in der Schweiz. Durch diese Exportmöglichkeit erhofft sich Spitzer einen Vorteil gegenüber der inländischen Konkurrenz, die teilweise nur in der Schweiz verkaufen darf.

Ihr Hanf wurde Anfang Mai gepflanzt und wird zwischen Ende September und Mitte Oktober geerntet. Bis es so weit ist, gibt es aber jede Menge zu tun. So sagt Spitzer zum Arbeitsaufwand der Bewirtschaftung des Feldes: «Ich habe das völlig unterschätzt und es mir viel einfacher vorgestellt.» Vor allem das Unkraut machte ihnen zu schaffen. So hat sich dieses rasant vermehrt und an Grösse gewonnen, die für die jungen Hanfpflanzen bedrohlich wurde. Denn durch sein starkes Wachstum nahm es dem Hanf die Sonne zur Fotosynthese sowie Nährstoffe im Boden weg. Mit grosser Fleissarbeit konnten sie aber dieses Problem in den Griff bekommen. Einen grossen Teil des Arbeitsaufwandes habe zudem das Setzen der Pflanzen in Anspruch genommen, meint Spitzer. So wurden viele Pflanzen von Hand gesetzt und bewässert. Das ist bei den Pflanzen, die auf drei Hektar verteilt sind, eine beachtliche Menge an Arbeit. Darauf relativiert Spitzer aber: «Wenn die Pflanzen mal stehen, sind sie relativ pflegeleicht. Anfangs sind wir viel zu vorsichtig mit ihnen umgegangen, weil wir zu diesem Zeitpunkt schlicht noch nicht wussten, wie viel sie ertragen. Eigentlich ist es eine ziemlich robuste Pflanze.»

Eine starke Pflanze

Dies zeigte sich auch während der Hitzeperiode: Während die Bauern ringsherum mit verdörrten Feldern zu kämpfen hatten, ging es seinen Hanfpflanzen ziemlich gut, so Spitzer: «Dadurch, dass die Pflanzen relativ schnell ein grosses Wurzelwerk entwickelten, kamen sie immer an genug Grundwasser und waren nicht primär auf Regen oder externe Bewässerung angewiesen. Bei den jüngeren Pflanzen mit kürzeren Wurzeln haben jedoch leider nicht alle die ­heissen Temperaturen heil überstanden», räumt Spitzer ein. So stelle die Hitze für die Hanfpflanzen zwar per se keine grosse Gefahr dar, jedoch sei es auch für ihre Pflanzen momentan tendenziell zu heiss. Speziell an ihrem Hanf ist nebst dem tiefen THC-­Gehalt, dass er in der freien Natur (outdoor) bewirtschaftet wird. In der Regel wird der Hanf nämlich eher in einem Gewächshaus (indoor) gezüchtet, da er so besser vor unerwünschten externen Einflüssen ­geschützt ist. Laut Spitzer wachse der Hanf aber in natürlicher Umgebung viel besser. Zudem ersparen sie sich damit die hohen Stromkosten.

Für die Sicherheit ihres Feldes ist zurzeit ein elektrischer Weidezaun um das Feld herum gespannt, der unerwünschte Gäste vom Betreten des Hanffeldes abhält. Schon bald soll dem eine Hightech-Lösung weichen, auf die Denis Spitzer nicht näher eingehen möchte. «Nur so viel: Ich habe mit meinem Bruder und meinem Vater lange an dieser Alarmanlage getüftelt. Das ganze Feld wird mit vier Meter hohen Türmen überwacht sein. Einbrechen lohnt sich demnach nicht – es wird alles aufgezeichnet, und es würde ­sofort der Alarm losgehen.» Bis anhin habe es aber noch keinen Vorfall gegeben, wo ­jemand versucht habe, einen Teil des Hanfes zu stehlen. Nächstes Jahr werden sie den Hanf vorerst wieder in der gleichen Grössenordnung anpflanzen.

Das schwierige Geschäft mit CBD

Der Hype rund um CBD hat vor allem im Jahre 2017 seinen Höhepunkt erreicht, wo viele CBD-Läden aus dem Boden schossen. Dass die Nachfrage seither abgenommen hat, kann Spitzer nicht bestätigen. Viel eher stellt für ihn die grosse Konkurrenz ein Problem dar. So befürchtet er, dass die grossen CBD-Verteiler den Preis aufgrund der steigenden Anzahl an Anbietern drücken werden und damit die kleineren CBD Betreiber vom Markt verdrängen könnten.

Ihr grosser Vorteil ist aber, dass sie, wie bereits erwähnt, die Möglichkeit haben, ins Ausland zu exportieren. Besonders das Nachbarland Deutschland hat es ihm ­dabei angetan. So ist laut dem Bundesamt für Gesundheit im Gegensatz zur Schweiz die Verwendung von CBD-Hanf in Rezepturarzneimitteln in Deutschland möglich. Jedoch gibt es auch dort aktuell kein zu­gelassenes CBD-haltiges Monopräparat. Wo er in welcher Form wie viel seines Hanfes verkaufen will, wird zurzeit noch abgeklärt.

Auf die Frage, wie weit seiner Meinung nach die Legalisierung von Cannabis gehen soll, meint Denis Spitzer zum Schluss: «Ich bin voll dafür, dass man für medizinische Zwecke Cannabis in jeder Form ­legal macht. Wenn es den Menschen hilft – wieso sollte man es nicht legalisieren?»

Aktuell gibt es in der Schweiz 670 Produzenten für CBD-Hanf

2017 wurde gemäss dem Bundesamt für Statistik im Kanton Schaffhausen legaler CBD-Hanf auf einer Fläche von 8,87 Hektaren angepflanzt. In der gesamten Schweiz beläuft sich diese Fläche auf 68,07 Hektaren. Laut Michael Mosimann von der Interessengemeinschaft (IG) Hanf sei die Nachfrage nach CBD-Produkten nach wie vor sehr gross. Die Nachfrage nach Tabakersatzprodukten sei hingegen stagnierend. Dies bestätigen Zahlen der eidgenössischen Zollverwaltung (EZV). So rechnet die EZV «mit konstant bleibenden Tabaksteuereinnahmen aus der Cannabis-Besteuerung von rund 15 Millionen Franken für das Jahr 2018 und die Folgejahre». Mit der steigenden Nachfrage nach CBD-Produkten sind auch deren Anbieter stark angewachsen. So liegt ­gemäss EZV die Zahl registrierter Hersteller von CBD-Hanf, die den tabaksteuerrechtlichen Vorschriften unterliegen, momentan bei 670. (schä)

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