Chatbots – Nachfolger herkömmlicher Apps

Jeannette Vogel | 
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Rhyno-Solutions-Chef Fabrice Bircher arbeitet oft mit Whiteboard, Stift und Grafiken, um komplexe Zusammenhänge aufzuzeigen. BILD JEANNETTE VOGEL

Auf neue Technologien wie Chatbots setzt Rhyno Solutions. Sie hat in kurzer Zeit viel erreicht: Gerade ist HR Campus mit dem Start-up eine Partnerschaft eingegangen, und der US-Konzern Google hat die Schaffhauser Firma in sein Start-up-Programm aufgenommen.

Es ist genau 18 Uhr. Fabrice Bircher kommt aus Bern. Der Start-up-Gründer hat allen Grund, in Cham­- pa­gnerlaune zu sein: Die Schaffhauser Rhyno Solutions hat gerade eine exklusive Partnerschaft mit HR Campus geschlossen. Das Dübendorfer Unternehmen feierte im Oktober sein zwanzigjähriges Bestehen. Angefangen mit 3, zählt dieser IT-Dienstleister nun über 150 Mitarbeitende. Doch der Reihe nach. Bei der Gründung 2017 bestand Rhyno Solutions aus vier Personen aus dem IT-Bereich. ­Inzwischen sind zwei Mitarbeiter dazu­gekommen. Bircher sagt: «Geschäfts­prozesse abbilden, das ist das, was wir können.» Das Start-up versteht sich als Boutique und hat sich auf drei Bereiche spezialisiert: Cloud-Lösungen, SAP-Systeme und sogenannte Chatbots. Der Geschäftsführer ist bereits mit 21 Jahren in die Beratung gerutscht. Dieses Jahr hat der 31-Jährige zusammen mit zwei der drei Mitgründer, Felix Anderegg und Carim Chenna, den Master in Wirtschaftsinformatik gemacht: «Wir hatten alle das Thema Chatbot, aber mit unterschiedlichen Perspektiven.» Abgeschlossen haben die drei einheitlich – mit der Note 6. Zusammen mit dem vierten Gründungsmitglied Nils Hartmannsgruber haben sie bereits mehr als 40 Jahre IT-Erfahrung. Diese setzen sie noch hauptsächlich bei SAP-Beratungs- und bei Implementierungsprojekten ein: «Aber die Chatbot-Welt ist auf dem Vormarsch», sagt Bircher.

Während Cloud-Lösungen seit Jahren und die Software SAP seit Jahrzehnten in der Wirtschaft angewendet werden, ge­hören Chatbots in den meisten Unternehmen erst zu den diskutierten Themen. Das textbasierte Dialogsystem funktioniert durch eine Reihe definierter Regeln und Parameter und erlaubt ein kom­plexes Chatten mit einer Maschine: «Sie sind die Nachfolger herkömmlicher Apps.» Heutige Chatbots erledigen automatisiert ­Anfragen: «SMS mit Text ‹NZ› an die Zielnummer 988 senden ... Den Nachtzuschlag kennt jeder», sagt Bircher. «Und damit kennt auch jeder die einfache Form eines Geschäftsprozesses mittels Chatbot.»

In den nächsten 24 Monaten werden Chatbots aber fast die gesamte Bandbreite der Kundenkommunikation abdecken können, so Bircher. «Der Mitarbeiter ­bekommt so einen persönlichen Assistenten.» Das Ziel: Geschäftsprozesse mit Chatbots schneller, kostengünstiger und effizienter zu machen. «Algorithmen können etwa Bewerber suchen, finden und sogar interviewen.»

Künftig proaktive Technologie

Hinter dieser Innovation steckt folgende Idee: «Technologien, welche morgen oder übermorgen auf dem Markt ­gefragt sein werden, zu vereinen», erklärt der Firmenchef. Die heutige Technologie ist reaktiv, das heisst, sie ist eine Reaktion auf etwas: «In Zukunft wird sie jedoch proaktiv sein, also vorausplanend.» Eine Innovation hat ein klares Merkmal – das Risiko. Was war das Risiko von Rhyno Solutions? Bircher antwortet: «Als kleine Firma nicht ernst genommen zu werden.» Das habe sich allerdings nicht bewahrheitet, denn auch das US-Unternehmen Google nimmt das Schaffhauser Start-up ernst: «Google hat uns in sein Start-up-Programm aufgenommen. Das bedeutet, dass wir dessen Infrastruktur kostenlos nutzen dürfen, und wir bekommen technische Unterstützung.» Wie wurde das weltweit agierende Unternehmen auf das Schaffhauser Start-up aufmerksam? «Wir haben in den Staaten angefragt.» Und Google hat so mir nichts, dir nichts zugesagt? «Ja, weil es an unsere Idee glaubt.»

Der Weg des Start-ups ist, Partnerschaften einzugehen: «Wir bringen zusammen mit HR Campus in den nächsten Wochen das Chatbot-Produkt Sophie heraus.» Die Unterstützung der Schaffhauser Wirtschaftsförderung habe die Umsetzung dieses Projekts vereinfacht, sagt Bircher: «Sie hat uns finanziell unterstützt.» Bereits heute zählen zwei Schweizer Grossfirmen zu den Kunden der Partnerunternehmen. «Das ist auch der Grund, warum wir unseren Mitarbeiterbestand erneut aufstocken. Wir suchen innovative Köpfe, die kreativ sind und selbständig arbeiten», sagt der Firmenchef. «Und am liebsten solche aus Schaffhausen.»

«Meiner Meinung nach werden die wenigsten IT-Probleme im stillen Kämmerlein gelöst.»

Fabrice Bircher, Geschäftsführer

Die Mitarbeiter von Rhyno Solutions sind selten im Schaffhauser Büro anzutreffen. Täglich sind sie bei den Kunden: «Meiner Meinung nach werden die wenigsten IT-Probleme zurückgezogen im stillen Kämmerlein gelöst. Dazu muss man schon vor Ort sein und mit dem Kunden sprechen», sagt Bircher. Das Pro­blem müsse an den Wurzeln gepackt werden, da helfe es, viele Fragen zu stellen, Geschäftsprozesse zu durchleuchten und kritisch zu hinterfragen: «Das funktioniert am besten im Austausch mit den Direktbetroffenen und mithilfe von Whiteboard, Stift und Grafiken, um komplexe Zusammenhänge und Pro­blemfelder einfach und verständlich aufzeigen zu können.» Die Zielkundschaft von Rhyno Solutions sind in der Deutschschweiz ansässige internationale Unternehmen. «Wir wollen aber auch bewusst mehr in der Region tätig sein», sagt Bircher, der in Neunkirch aufgewachsen ist. «Traumhaft wäre, würden einige Schaffhauser Unternehmen zu unseren Kunden zählen.»

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