Die Aktie von Georg Fischer ist im Sinkflug – und sie steht damit nicht allein da

Sidonia Küpfer | 
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Georg Fischer hat volle Auftragsbücher, ist aber auch abhängig von der weltweiten Wirtschaftsentwicklung. Bild: Selwyn Hoffmann

Seit Mitte Juni hat die Aktie von ­Georg Fischer mehr als 300 Franken an Wert verloren. Doch nicht nur das Schaffhauser Unternehmen spürt die gestiegene geopolitische Unsicherheit.

Der Blick auf die Börsenseite war für Aktionäre von Georg Fischer in den letzten Wochen mit wenig Freude verbunden. Der Aktienkurs kannte nur eine Richtung: nach unten: Noch am 15. Juni notierte das Wertpapier bei einem Kurs von 1368 Franken. Gestern Abend schloss die Aktie zwar stabil, aber sie kostete nur noch 1041 Franken – 327 Franken weniger als noch im Juni. Anfang Jahr hatte sie gar ihr Allzeithoch erreicht: Am 9. Januar war die Aktie 1411 Franken wert.

Einfluss des Handelsstreits

Bei GF wird bei Börsenbaissen in der Regel rasch auf die Autobranche verwiesen, die auch momentan mit verschiedenen Problemen zu kämpfen hat. Diese Meinung teilt Armin Rechberger, Analyst für Industrietitel bei der Zürcher Kantonalbank, nur zum Teil. Er führt an, dass die meisten Industrietitel grössere Kursverluste haben hinnehmen müssen: «Bei GF fällt auf, dass die Abwärtsbewegung später einsetzte als zum Beispiel beim zu 100 Prozent auf den Autobereich fokussierten Unternehmen Autoneum. Insofern scheint mir bei Georg Fischer eher die geopolitische Grosswetterlage Einfluss auf den Aktienkurs zu haben als die Schwierigkeiten in der Autoindustrie.» Zu dieser Grosswetterlage zählt Rechberger den Handelsstreit zwischen den USA und China, aber auch die Ängste vor einem raschen Zinsanstieg in den USA. Anleger würden sich tendenziell etwas weg von Aktien hin zu Obligationen bewegen.

«In meinen Augen ist diese Baisse nicht GF-spezifisch. Die Aussichten für das Unternehmen waren zuletzt sehr gut», sagt Rechberger. Bei den Giessereien bestehe eine fast optimale Auslastung, ja fast schon eine leichte Überlastung. Die Sparte Piping Systems habe im letzten Quartal die Margen erhöhen können, und bei Machining Solutions gebe es einen regelrechten Boom.

Wohin dreht der Wind?

Dass die GF-Aktie zuletzt zu hoch bewertet gewesen sei, findet er nicht. Der Taucher habe vor allem mit dem Umfeld zu tun. Dann gibt es in seinen Augen Grund zur Zuversicht? Ganz so möchte Rechberger es nicht formulieren. «Wir könnten an einem Wendepunkt stehen.» Der ZKB-Analyst ist gespannt auf die heute erscheinenden Quartalszahlen des Schraubenhändlers Bosshard. «Bosshard spürt konjunkturelle Abschwächungen bei seinen Bestellungen jeweils sehr früh.» Und für Rechberger ist durchaus denkbar, dass der von US-Präsident Trump angezettelte Handelskrieg Spuren zu hinterlassen beginnt.

Georg Fischer kommentiert seinen Aktienkurs nicht. Einzig zu den befürchteten Auswirkungen der Zölle lässt sich Pressesprecher Beat Römer eine Aussage entlocken: Er erklärt, dass die direkten Auswirkungen der neuen US-Zölle auf das Geschäft von GF verhältnismässig klein seien: Das GF-Exposure der Importe in die USA aus China liege im tiefen einstelligen Pro-zentbereich des GF-Gesamtumsatzes. Allerdings gibt auch er zu bedenken, dass aufgrund der gestiegenen makroökonomischen und geopolitischen Unsicherheiten schon eine gewisse Zurückhaltung spürbar sei, zum Beispiel bei Autoherstellern.

Aktie wird wieder interessant

Georg Fischer macht auch heute noch ungefähr einen Drittel seines Umsatzes in der Automobilbranche, insofern hätte ein schwächelnder Autoabsatz durchaus Einfluss auf das Jahresergebnis. Doch das Unternehmen hat in den letzten Jahren viel in die Diversifikation investiert. Im Juli konnte es starke Halbjahreszahlen bekannt geben mit markanten Umsatz- und Gewinnsteigerungen. Michael Lichar, Aktienanalyst von Vontobel, empfahl die GF-Aktie denn letzte Woche auch weiterhin zum Kauf. Die wichtigste Umsatz- und Profitabilitätstreiberin sei immer noch die Division Piping Systems. Auch die Erholung der Division Machining Solutions spreche für eine Profitabilitätsverbesserung, zitierte ihn die Anlageseite aktiencheck.de. Und – das ist die Kehrseite des tiefen Kurses – im Anlagetipp der «Finanz und Wirtschaft» kam ein Autor zum Schluss, dass die GF-Titel sehr interessant würden, wenn der Kurs gegen 1000 Franken sinke.

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