«Es gibt kaum einen Standort, der uns an Produktvielfalt übertrifft»

Jeannette Vogel | 
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General Manager Diane Black ist die erste Frau, die an der Spitze der Schaffhauser Cilag steht. Bild: Jeannette Vogel

Diane Black hat im Oktober den Posten des General Manager bei der Schaffhauser Cilag angetreten. Wie sie mit dem Kostendruck umgeht und was es mit den vier ­Affen auf sich hat, verrät sie in einer ersten Bilanz.

Diane Black, die neue Chefin der Schaffhauser Cilag, hat lange in Australien gelebt. Unkompliziert und herzlich begrüsst sie mit «Hi, I am Diane» und fährt dann auf Deutsch fort: «Hier ist ein deutschsprachiger Standort, also spreche ich Deutsch.» Das – noch – bessere Beherrschen der Sprache sei eine grosse Herausforderung, der sie sich jedoch gerne stellt: «Ich habe einen guten Grund, mein Deutsch zu verbessern. Ich will mich mit allen Mitarbeitern hier unterhalten können», sagt die Britin und Chefin über rund 1200 Angestellte in durchaus fliessendem Deutsch.

An ihren ersten Arbeitstag bei der Cilag im Oktober vergangenen Jahres erinnert sich Black gut: «Die Grösse des Standortes hat mich beeindruckt und die vielen verschiedenen Produkte.» Es sei ihr wichtig, möglichst viel über die unterschiedlichen Medikamente zu wissen, die hier in Schaffhausen hergestellt werden. Ihre Aufgaben als General Manager sieht sie darin, sich mit einem Team zu umgeben, das besser ist als sie selbst: «Meine Rolle ist, mich mit der bestmöglichen Mannschaft zu umgeben. Aber die Verantwortung für den gesamten Betrieb trage ich.» Die Cilag gehört zu den grössten Produzenten der pharmazeutischen Industrie in der Schweiz und ist bereits seit 1959 ein Teil des amerikanischen Johnson-&-Johnson-Konzerns (J&J).

Vier Affen auf dem Schreibtisch

Die Nachfolgerin von General Manager Claudio Cescato arbeitete viele Jahre in der Nähe von Melbourne, Australien, bevor sie 2009 eine Stelle in Bern annahm und dann über Luzern und Zug nach Schaffhausen wechselte. In Australien ging die Firma ihres Arbeitgebers auf das Gründungsjahr 1916 zurück, die Cilag gibt es seit über 80 Jahren. «Ich sehe viele Parallelen zu meiner früheren Stelle. Nicht nur, was das weitläufige Firmenareal betrifft. Die Herausforderungen sind ebenfalls ähnlich. Was mir aber hier besonders auffällt, ist die grosse Loyalität.»

Eine kleine Metallstatue begleitet sie seit Jahrzehnten: «Meine vier Affen stehen immer auf dem Schreibtisch.» Sind es nicht drei Affen, die symbolisieren: nichts sehen, nichts hören und nichts sagen? Black lacht und ergänzt: «Sie stehen für meine vier Kinder.» Ihre jüngste Tochter ist 18 und wohnt bei ihr in Zürich. Sie geht noch zur Schule, während ihre drei älteren Geschwister bereits flügge sind. Sie leben und arbeiten in England, Schottland und Deutschland. Diane Black hat sich in den knapp sechs Monaten bei der Cilag gut in das Firmengeschehen eingearbeitet. Wie muss man sich als Pharmahersteller positionieren, um für die kommenden Jahre gerüstet zu sein? Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit seien für das Unternehmen zen­tral, so Black. «Wir sind sehr zuverlässig. Die Nachhaltigkeit lässt sich aber noch verbessern.» Gerade laufe eine grosse Recyclinginitiative: «Aktuell werden rund 70 Prozent aller recycelbaren Abfälle auch tatsächlich wiederverwertet. Wir wollen uns in den nächsten Jahren auf 80 Prozent steigern», sagt Black. Der Kostendruck macht auch vor der pharmazeutischen Industrie nicht halt: «Preis und Leistung müssen stimmen.» Der Druck auf die Kosten werde aber nicht auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen: «Die Zahl von rund 1200 Personen wird sich nicht gross verändern.» Einsparungen würden etwa durch die Vereinfachung von Prozessen und die bessere Organisation am weitläufigen Standort erreicht.

Weltweit hat das amerikanische Unternehmen rund 130 000 Mitarbeiter. In der Vergangenheit nahmen die Manager der Cilag nach wenigen Jahren neue Herausforderungen im J&J-Konzern an. Will auch Black diesen internen Karriereweg gehen? «Ich kann mir gut vorstellen, länger hierzubleiben. Mich reizen die Vielseitigkeit der Cilag und die komplexen Produkte.» In Schaffhausen werden etwa Autoinjektoren hergestellt, welche zur Verabreichung einer Einzeldosis eines flüssigen Medikaments dienen und aus rund 15 Komponenten bestehen. Aber auch Tabletten, Durchstechfläschchen oder Produkte zur Sterilisation werden hier produziert – alles in allem rund 1700 Produkte, so Black. «Es gib kaum einen J&J-Standort, der uns an Produktvielfall übertrifft.»

1 Milliarde Franken in 25 Jahren

In den letzten Jahren wurde auf dem Firmenareal an der Hochstrasse kräftig investiert. Zurzeit wird für 20 Millionen Franken der bestehende Bau des Qualitätsprüflabors um einen Westflügel erweitert. J&J hat in den letzten 25 Jahren über eine Milliarde Franken für Gebäude und Anlagen in Schaffhausen ausgegeben. «Unsere Investitionsanfragen kamen im Mutterhaus immer gut durch», sagt Black. «Das unterstreicht den hohen Stellenwert der Cilag innerhalb unseres Konzerns.»

Medizinprodukte sollen für Patienten sicherer werden und eine gute Qualität aufweisen. Der Bundesrat schlägt vor diesem Hintergrund neue Vorschriften vor. Hersteller von sogenannten Hochrisikoprodukten müssen deren Zuverlässigkeit vertiefter belegen als derzeit. Inwiefern betrifft das die Cilag? «Wir waren und sind bereits hoch reguliert.» Dank langer Vorlaufzeiten seien neue Vorschriften meist kein Problem, sagt die Firmenchefin. Zudem werden jährlich zehn bis zwölf Inspektionen von nationalen und internationalen Behörden durchgeführt. Das helfe, immer auf dem neusten Stand zu sein. Beispielsweise werde auf «Track and Trace», Verfolgung und Rückverfolgung, grossen Wert gelegt. Das ist ein System, mit dem der Status der Produktion überwacht und jederzeit überprüft werden kann.

Neue Ideen beim Halbmarathon

In der Schweiz ist es eher selten, dass eine Frau in einer so hohen Position vier Kinder hat – wie lässt sich der Job mit mehreren Kindern vereinbaren? «Tagesstruktur ist ein wichtiges Thema. Es braucht eine gute Kinderbetreuung», sagt Black. «Wären meine eigenen Kinder noch jünger, hätte ich diese Stelle kaum annehmen können.» Genügend Zeit für Kinder zu haben und gleichzeitig im Job flexibel zu sein, sei mit dem Schweizer Schulsystem praktisch unmöglich. Darum habe sie nach dem Umzug in die Schweiz vor neun Jahren auch die internationale Schule für ihre Kinder gewählt. Obwohl sie die Kinder gerne in die öffentliche Schule geschickt hätte. Aber dort werden die Schüler vor und nach der Schule nicht betreut. Black stellt fest: «Der Wunsch nach Teilzeitarbeit ist ein Hindernis für höhere Kaderpositionen.»

Sport zu treiben, ist für Diane Black wichtig. Über Mittag zieht sie oft die Laufschuhe an. Sie bestreitet auch Halbmarathons. Pa­rallelen zu ihrem neuen Job als General Manger gibt es einige: «Geduld ist wichtig. Und stetes Training.» Beim Rennen kommen ihr häufig neue Ideen – und: «Ich kann dem Stress so richtig davonlaufen.» Die Cilag bietet ihren Mitarbeitern verschiedene Sport- und Fitnessangebote: «Das ist wichtig für uns, weil wir schliesslich ein Gesundheitsunternehmen sind.»

 

 

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