«Anleger sollten nicht zu kurzfristig denken»

Jeannette Vogel | 
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CIO Sandro Merino (links), hier mit Josef Montanari, dem Leiter der Schaffhauser Bank Cler, gab den SN kurz vor dem ­Börsenapéro ein Interview. Bild: Bruno Bührer

Der alljährliche Börsenapéro der Schaffhauser Filiale der Bank Cler lockte dieses Jahr einen Fünftel mehr Interessenten an. Rund 120 Kunden liessen sich von Chief Investment Officer Sandro Merino Rück- und Ausblicke auf die Entwicklungen der Finanzmärkte geben.

«Zeit, über Geld zu reden»– stand in grossen Lettern auf dem Plakat. Die Bank ­ Cler (ehemals Bank Coop) lud am Dienstagabend zum jährlichen Börsenapéro ins ­Hotel Kronenhof. 120 Kunden folgten der Einladung von Josef Montanari, dem Leiter der Geschäftsstelle Schaff­hausen. Montanari musste den Haupt­referenten des Abends, Sandro Merino, nicht mehr gross vorstellen, er trat bereits zum fünften Mal vor das Schaff­hauser Publikum. Den SN gab der Chief Investment Officer vor dem Anlass ein Interview.

Die internationale Konjunktur befindet sich im Aufwärtstrend. In welchen ­Industrienationen wird sich das Wachstum beschleunigen?

Sandro Merino: Wir beobachten ein ­globales Wachstum, sowohl in der ­gesamten Eurozone – dort fallen mir ­besonders auch Spanien und Portugal auf – als auch in den USA und in China. Diese synchrone Entwicklung ist positiv.

Der schwächere Franken und die robuste Konjunktur im Ausland treiben die Schweizer Wirtschaft an. Ein Anstieg von mehr als zwei Prozent wird dieses Jahr prognostiziert. Sehen Sie das auch so?

Ja. Unsere Analysten sind auf das gleiche Ergebnis gekommen. Wir erwarten eine Erholung im Export, und es wird investiert. Es ist wieder mehr Vertrauen da – das ist wichtig, es stärkt der Wirtschaft den Rücken.

Allerdings gibt es einige Abwärtsrisiken, die Unternehmen berücksichtigen sollten. Welche sind das?

Die Brexit-Verhandlungen gehen in die nächste Runde, da bin ich aber nicht pessimistisch. Es wird gute Lö­sungen geben. Trotzdem wird der Brexit einige «Bremsspuren» hinterlassen. In Italien stehen im März Wahlen an, da sehe ich ein gewisses Risiko, denn die Diskussion um den Euro wird stärker ­angefacht.

Die Zinsen in der Schweiz sind seit ­Jahren sehr tief, wann rechnen Sie mit einem Anstieg?

Nicht im laufenden Jahr. Der bestimmende Faktor ist die Europäische Zentralbank. Ich sehe frühestens ab Ende 2019 eine langsame Aufhebung des Negativzinssatzes durch unsere Nationalbank.

Die Wohnungspreise sind in Schaff­hausen stark gestiegen. Wie sehen Sie die Marktentwicklung?

2017 sind landesweit die Preise für Eigentumswohnungen nach 15 Jahren erstmals leicht gefallen. Stellen Sie sich vor, es ist günstiger, eine vergleichbare Wohnung zu mieten, als eine zu kaufen. Das ist bemerkenswert, aber lokal verschieden. Schaffhausen hinkt dieser Entwicklung etwas hinterher.

Was empfehlen Sie den Anlegern für 2018?

Nicht zu kurzfristig zu denken und auf dem Teppich zu bleiben. 2017 war ein ausgesprochen gutes Jahr. Aber der Anleger soll sich bei seiner Strategie nicht nur auf das Vorjahr verlassen. Schaut er nur auf das vergangene Jahr, so sieht er, dass der SPI, der Swiss Performance Index, um fast 20 Prozent zugelegt hat. Über die letzten drei Jahre gesehen hat der Anleger im Schnitt aber real fünf Prozent verdient, das ist gut und über einen längeren Zeitraum gesehen auch realistisch.

Wohin geht der Trend bei Aktien?

Die Megatrends heissen Techno­logie, Digitalisierung, Nachhaltigkeit. Aber alles hängt zusammen. Beispielsweise nehmen die Wetterkapriolen immer mehr zu, das hat Folgen für die Umwelt und Auswirkungen auf die Wirtschaft.

Wie steht es um Investitionsmöglich­keiten in regionale Aktien wie GF, Phönix ­Mecano oder Falken-Brauerei?

Die Nachfrage nach regionalen Aktien ist da. Wir empfehlen sie als Beimischung. Kein Anleger sollte sich nur auf ­regionale und schweizerische Titel konzen­trieren, sondern über die Landesgrenzen hinaus kaufen.

Die Kryptowährung Bitcoin hat sich weit von den Rekordständen aus dem vergangenen Dezember entfernt. Bleibt dieser Hype trotzdem, oder platzt die Blase?

Bitcoin ist kein Geld, höchstens ein Gutschein von unbestimmtem Wert. Wir empfehlen den Kauf nicht. Wie kann es sein, dass ein Zehn-Franken-Gutschein plötzlich das Tausendfache wert ist? Diese Entwicklung ist phänomenal. Wenn ich mir vorstelle, was passieren würde, wenn grosse Onlinehändler wie Amazon oder Alibaba Kryptowährungen – zu einem bestimmten Kurs – akzeptieren würden. Dann bekäme das digitale Geld einen festen Wert, denn dann könnte man etwas zu einem bestimmten Preis kaufen – das wäre sehr interessant.

 

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