Die Twenty-Four-Seven-Pressesprecherin

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Die in der Schaffhauser Altstadt wohnhafte Prisca Huguenin-dit-Lenoir wurde 2015 und 2016 zur Pressesprecherin des Jahres gewählt. Bild zvg

Oft ist die erste Frage, die der Pressesprecherin des Jahres, Prisca Huguenin von der Hotelplan-Gruppe, gestellt wird: «Wie viele Tote hat es?» Für ihre Arbeit braucht es ein dickes Fell und eine Prise Humor.

VON JEANNETTE VOGEL

Zum zweiten Mal in Folge wurde die in Schaffhausen wohnhafte Prisca Huguenin-dit-Lenoir in einer Umfrage des «Schweizer Journalisten» zur besten Unternehmenssprecherin der Schweiz gekürt (SN 8. 10. 16). Sie ist seit 2007 als Leiterin Unternehmenskommunikation und Mediensprecherin der Hotelplan-Gruppe für die Kommunikation verantwortlich.

Das Ranking soll die Pressearbeit der 80 wichtigsten Unternehmen der Schweiz, wie Migros, Swiss oder Holcim, widerspiegeln. Die Frage lautete: «Welche Schulnote geben Sie dem Unternehmenssprecher und seinem Team für die Medienarbeit?» Die Note sechs bedeutet sehr gut. Den ersten Preis hat Prisca Huguenin mit der Note 4,79 bekommen. Rang zwei hat, wie im Vorjahr, Swisscom-Sprecher Sepp Huber mit der Note 4,66 inne, Beat Römer von Georg Fischer belegt mit der Note 4,24 den 14. Platz. An der 17. Auflage des Rankings «Sprecher des Jahres» haben sich insgesamt 141 Wirtschafts- und Fachjournalisten beteiligt.

Prisca Huguenin ist zweimal hintereinander zur Pressesprecherin des Jahres gewählt worden. «Die Auszeichnung hat mich natürlich sehr gefreut, zumal dies eine Rückmeldung von Journalisten, mit denen wir täglich in Kontakt sind, auf unsere Arbeit ist. Und offenbar schätzen sie diese Arbeit», sagt sie. Huguenin überzeugt die Wirtschafts- und Fachjournalisten unter anderem durch ihre Schnelligkeit und ihre Ehrlichkeit. «Wir versuchen, immer offen, klar und verlässlich zu kommunizieren, und eine Prise Humor kann sicherlich nie schaden.»

Journalisten bescheinigen Huguenin, thematisch immer auf der Höhe zu sein. Ist sie also ununterbrochen am Reisen? «Schön wär’s», antwortet sie lächelnd und fährt fort: «Ich reise vor allem privat. Geschäftlich begleite ich einmal im Jahr eine Medienreise, die dann meistens rund vier Tage dauert, aber sehr intensiv ist und nichts von Happy Holidays hat.» Die Tage von Huguenin sind immer gut ausgefüllt. «Wir haben unseren Kommunikationsplan, verschicken regelmässig PR-Medienmitteilungen zu bestimmten Reisethemen, organisieren Interviews oder Hintergrundgespräche mit den CEOs, schreiben Berichte für unseren internen Mitarbeiter-Newsletter, beantworten per E-Mail oder Telefon die täglichen Anfragen der Journalisten oder organisieren individuelle Medienreisen.»

Arbeiten im Zweierteam

Huguenin spricht von «uns», wie viele Mitarbeiter unterstützen sie? «Wir sind effektiv nur zwei Personen in der Kommunikationsabteilung, was viele überrascht», sagt Huguenin. Sie teilt sich mit Michèle Hungerbühler, die auch ihre Stellvertreterin ist, die gesamten Kommunikationsaktivitäten auf. «Wir können uns gegenseitig vertrauen, was in einem so kleinen Team enorm wichtig ist.» Sie muss von Berufs wegen immer informiert sein – was hält sie von selektiver Ignoranz, verordnet sie sich selbst eine «Nachrichtendiät» an Wochenenden und in den Ferien? «Ich bin neugierig, mich interessiert generell, was in der Welt passiert.»

Durch die sogenannten neuen Medien wie Twitter oder Facebook ändert sich vieles – das bestätigt auch Huguenin: «Ja, obwohl der Bereich Social Media nicht direkt bei uns, sondern in der Marketing-Abteilung angegliedert ist, geben wir trotzdem Inputs. Ich selbst bin als Sprecherin auf Twitter aktiv, denn das ist ein schneller Weg, um gerade in Krisensituationen auch an die Medien zu gelangen», weiss Huguenin.

Wie viele Tote?

«Leider fragen Journalisten oft zuerst danach, wie viele Tote es bei Flugzeugabstürzen, Terroranschlägen, aber auch bei Erdbeben oder Hurrikans gegeben hat», sagt sie. Daher versucht die Kommunikationsabteilung, so rasch als möglich intern abzuklären, ob und allenfalls wie viele Kunden sie vor Ort haben: «Meistens rufen die ersten Journalisten schon zehn Minuten nach der ersten Meldung an. Wenn dann glücklicherweise keine Toten zu beklagen sind, folgt die zweite Frage nach der Anzahl Verletzter, sonst wird es oftmals uninteressant für die Medien», berichtet sie aus ihrem Alltag.

Unfälle und Katastrophen passieren oft nicht zu Bürozeiten. In ihrem Beruf als Pressesprecherin ist es notwendig, 24 Stunden erreichbar zu sein, nach der amerikanischen Formel 24/7. «Ja, das ist tatsächlich so», bestätigt Huguenin. Sie könne durchaus sagen, dass sich Journalisten nur im Notfall nachts oder an den Wochenenden melden würden. Allerdings – seit Januar gab es schon mehr als zehn Anschläge, bei denen der Tourismus involviert war.

Die Pressesprecherin der Jahre 2015 und 2016 musste auch schon Geburtstage kurzfristig sausen lassen oder einen Wochenendausflug vorzeitig abbrechen, als es Notsituationen gab. Sie bekam dann jeweils fast im Minutentakt Anrufe von Journalisten und führte Radio- sowie TV-Interviews. Auch in den Ferien muss Huguenin täglich jeweils ein bis zwei Stunden E-Mails oder Telefonate erledigen. Anschliessend könne sie jedoch gut wieder abschalten.

Pressesprecher sitzen oft zwischen den Stühlen. Sie sollen stets für gute PR sorgen und gleichzeitig allzu kritische Beiträge verhindern. «Ich setze auf Ehrlichkeit. Gerade bei negativen Meldungen müssen die Fakten auf den Tisch. Wenn mal etwas schiefläuft, dann müssen wir das offen sagen – schönreden hilft da nichts», sagt sie und fügt hinzu: «Nicht alle Journalisten sind ‹böse› Journalisten. Wir müssen informieren und Informationen weitergeben, das ist unsere Aufgabe», sagt Huguenin. Ein partnerschaftliches Verhältnis und Gespräche würden helfen, sich gegenseitig zu verstehen. Viele Journalisten werden als Pressesprecher angeheuert. Kommt für Huguenin ein «Seitenwechsel» infrage? Sie verneint rasch: «Schon während des Studiums war mir klar, dass mir die Kommunikationsseite besser gefällt. Für die Reisebranche tätig sein zu können, ist spannend und abwechslungsreich, denn Ferien und Reisen sind emotionale Themen, die alle berühren.»

In der Munotstadt zu Hause

Prisca Huguenin wohnt in Schaffhausen und arbeitet in Glattbrugg, ihr Arbeitsweg dauert von Tür zu Tür nur 45 Minuten, da sie mitten in der Altstadt wohnt. Es ist ihr nicht sehr leicht gefallen, von Genf, ihrem letzten Arbeits- und Wohnort, nach Schaffhausen zu ziehen. «Ich zog in die Sackgasse der Schweiz», wie meine Schwester damals sagte. «Doch ich fühle mich hier sehr wohl.» Dies sei vor allem ihrem Lebenspartner Matthias Wipf zu verdanken, der sie auch sonst sehr unterstütze: «Er hat mich zu Beginn vielen Leuten vorgestellt, sodass ich mich schnell heimisch fühlte.» Auch der BPW-Club (Business & Professional Women) war für sie ein wichtiges zusätzliches Tor zu vielen tollen Schaffhauserinnen, so Huguenin. «Heute kommt es sogar manchmal vor, dass ich als Bernerin Matthias Schaffhausern vorstelle, die er nicht kennt – das freut mich dann natürlich diebisch», schmunzelt Huguenin.

Prisca Huguenin-dit-Lenoir | Pressesprecherin

Karriere Ihren Einstieg in die Medienwelt machte Huguenin 1995 bei einem Lokalradio im Wallis. Sie ist in Bern aufgewachsen und studierte romanische Sprachen und Literatur in Bern und Paris. In ihrer früheren Tätigkeit war sie als Beraterin bei Trimedia und Viva und arbeitete als Presseattachée für die Uhren- und Schmuckfirma Chopard in Genf. Seit 2008 ist sie für Hotelplan Group/Hotelplan Suisse in Zürich als Kommunikationsleiterin und Mediensprecherin tätig. Huguenin lebt in langjähriger Partnerschaft mit Matthias Wipf, Historiker und Publizist, zusammen, mit dem sie studiert hat.

 

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