Hochhäuser und ihre Schattenseiten

Saskia Baumgartner | 
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Das geplante RhyTech-Projekt in Neuhausen mit seinen zwei Hochhäusern war der Auslöser für den Kanton, sich verstärkt der Schattenthematik zu widmen. Visualisierung: zvg

In der Bauordnung von Neuhausen soll der Schattenwurf von Hochhäusern künftig klar geregelt sein. Im ganzen Kanton fehlen bislang entsprechende Vorgaben – das soll sich nun ändern.

Der Hagenturm auf dem Randen ist 40 Meter hoch, der schräg stehende Pylon der N4-Brücke zwischen Schaffhausen und Flurlingen, an dem die tragenden Seile befestigt sind, misst knapp 52 Meter. Hochhäuser im eigentlichen Sinn – Wohn- und Bürogebäude über 30 Meter Höhe – gibt es im Kanton Schaffhausen aber nicht. Noch. Denn die Gemeinde Neuhausen will in den kommenden Jahren gen Himmel wachsen. Auch deswegen müssen sowohl Neuhausen als auch der Kanton nun gewisse Regelungen rund um den Hochhausbau schaffen.

Zürich stellte 1967 Bestimmung auf

Allen voran zum Schattenwurf. Welche Beeinträchtigung ist den Menschen, die in der Nähe von Hochhäusern leben, zuzumuten? Im Kanton Zürich gab es schon 1967 eine entsprechende Bestimmung. Und auch im Kanton Thurgau ist der Schattenwurf in einem entsprechenden Paragrafen im Planungs- und Baugesetz geregelt.

Im Kanton Schaffhausen jedoch gibt es eine solche Regelung nicht. Nun soll diese aber in Angriff genommen werden. Im revidierten kantonalen Richtplan, der bis zum 31. Juli öffentlich aufliegt, werden bereits allgemeine Aussagen zu Hochhäusern und zum Schattenwurf gemacht. Damit, so Kantonsplanerin Susanne Gatti, habe man zumindest gewisse Mindestanforderungen festgelegt. Zum Thema Schattenwurf heisst es im teilrevidierten Richtplan: «Insbesondere darf die Nachbarschaft in Wohnzonen oder bewohnten Gebäuden nicht wesentlich durch Schattenwurf beeinträchtigt werden.»

Auch andere Aussagen werden zum Hochhausbau gemacht. Hochhäuser seien «aufgrund ihrer Prägung des Erscheinungsbildes nur an speziell dafür geeigneten Lagen zu realisieren». Zudem hätten diese erhöhten Qualitätsansprüchen zu genügen und müssten architektonisch besonders sorgfältig gestaltet werden. Ein klare Regelung im kantonalen Baugesetz solle dann im Zusammenhang mit der nächsten Revision folgen, sagt Gatti.

Neuhausen braucht eigene Regelung

Obwohl diese kantonale Regelung derzeit noch fehlt, erwartet der Kanton, dass Gemeinden, die Hochhäuser bauen wollen, bereits gewisse Erfahrungswerte berücksichtigen – etwa aus dem Thurgau oder aus Zürich.

Das gilt aktuell vor allem für Neuhausen. Die Rheinfallgemeinde ist gerade dabei, ihre Nutzungsplanung zu revidieren. Aktuell wird diese in einer Kommission vorbesprochen. Neuhausen plant etwa, künftig eine Zentrumszone zu schaffen, in der 20 Meter hoch gebaut werden darf – mithilfe von Quartierplänen sollen aber auch generell bis zu 40 Meter hohe Gebäude im ganzen Zen­trum zulässig sein.

«Nun, da im Neuhauser Zentrum 40 Meter hoch gebaut werden soll, braucht es in der Bauordnung eine entsprechend klare Regelung.»

In seiner Einschätzung der Nutzungsplanung kritisierte der Kanton im letzten Jahr, dass der Neuhauser Gemeinderat das Thema Schattenwurf ausklammere. Nun, da im Zen­trum 40 Meter hoch gebaut werden solle, brauche es in der Bauordnung eine entsprechend klare Regelung. «Das Fehlen einer Regelung auf kantonaler Stufe entbindet die Gemeinde nicht von der Aufgabe, sich dieser Frage anzunehmen», heisst es im Vorprüfungsbericht des Kantons. Wie Gemeindepräsident und Baureferent Stephan Rawyler sagt, werde man eine entspreche Regelung erarbeiten. Bislang sei der Gemeinderat schlicht der Meinung gewesen, dass eine Schattenwurfregelung in der Zentrumszone nicht notwendig sei. «Das ist wie in der Altstadt von Schaffhausen», so Rawyler. «da wird es immer einen Schattenwurf geben.»

Das bedeute aber nicht, dass man den Schattenwurf bisher ignoriert habe. Bei den einzelnen Bauprojekten sei dieser stets berücksichtigt worden, so Rawyler. Beim privaten Bauprojekt Posthof Süd – einem 40 Meter hohen Gebäudekomplex, der am Rand des Neuhauser Zentrums entstehen soll – habe es einmal einen Fall gegeben, wo der Schattenwurf eine Rolle gespielt habe. Hier habe der Investor jedoch eine finanzielle Lösung gefunden als Ausgleich für die Wertminderung aufgrund des Schattens.

Grundsätzlich ist Rawyler der Meinung, dass der Kanton bei der Schattenwurfregelung mit gutem Beispiel vorangehen sollte – statt dass sich nun jede betroffene Gemeinde mit der Thematik auseinandersetzen muss. «Gouverner, c’est prévoir», fordert der Neuhauser Baureferent.

Viele Fragen zum Hochhausbau

Die Schattenwurfregelung ist dabei nur ein Thema im Zusammenhang mit dem Bau von Hochhäusern. Gatti vergleicht Hochhäuser mit neuen Quartieren – vertikalen Quartieren sozusagen. Ein neues Hochhaus habe wie ein neues Quartier klare Folgen für den Verkehr und die Umgebung. Plötzlich kämen viele neue Bewohner in ein Gebiet, die alle Bedürfnisse hätten – betreffend Freiräumen, Grünräumen, Bewegungsmöglichkeiten. All das müsse beachtet werden.

Auch dazu gibt es – andernorts – bereits Regeln. Im Planungs- und Baugesetz des Kantons Zürich etwa sei festgelegt, dass sich die Ausnützungsziffer (das Verhältnis zwischen Bruttogeschossfläche und Grundstücksfläche) bei Hochhäusern nicht von der anderer Gebäude unterscheiden dürfe, sagt Gatti. Sprich, werde ein Hochhaus gebaut, brauche es ausreichend Kompensation durch Freiflächen. Auch hierzu gibt es in der Nutzungsplanung von Neuhausen für Gatti hierzu noch viele Fragezeichen.

RhyTech-Projekt als Auslöser

Nicht von der aktuellen Revision der Nutzungsplanung betroffen ist das grosse Bauprojekt RhyTech, das etwas ausserhalb vom Neuhauser Zentrum entstehen soll. Dieses Bauprojekt mit seinen zwei Hochhäuser von 56 und 75 Metern Höhe war jedoch der Auslöser für den Kanton, sich verstärkt der Schatten- und Hochhausfrage zu widmen. Dabei ist die Thematik auch im Kanton eigentlich nicht neu. Einst gab es sogar eine Hochhausregel im kantonalen Baugesetz, weiss Susanne Gatti: eine Baubeschränkung von 24 Metern Höhe. Allerdings waren hierfür weniger der Schattenwurf, sondern vielmehr die vertikal eingeschränkten Möglichkeiten der Feuerwehr ausschlaggebend. Als klar war, dass ein gewisses Interesse besteht, höher zu bauen, sei die Höhenbeschränkung irgendwann aufgehoben worden, sagt Gatti. Allerdings habe man damals versäumt, auch den zweiten Schritt zu machen: Regeln für den Hochhausbau aufzustellen. Das werde nun nachgeholt.

 

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