Zum Klöppeln nimmt sie auch Draht

Maria Gerhard | 
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Doris Gysel ist Mitorganisatorin beim Treffen der Vereinigung der Schweizerischen Spitzenmacherinnen, das in zwei Wochen in Neuhausen stattfindet. Wenn sie klöppelt, zeigt sich ihre ganze Kreativität.

Geschickt dreht und kreuzt Doris Gysel die Klöppel, die spindelförmigen Spulen. Der Laie denkt kurz, dass sie die Klöppel noch schnell richtig anordnen will, aber nein, sie ist schon mittendrin in ihrer Arbeit. Gysel schaut konzentriert auf die Fäden, wie sie sich kreuzen, von nichts lässt sie sich ablenken.

Schaut man ihr so zu, kommt schnell der Gedanke, dass man selbst für dieses Kunsthandwerk zu untalentiert wäre. Aber auch bei Doris Gysel aus Wilchingen war das einmal so. Im Freilichtmuseum Ballenberg hat sie zum ersten Mal einer Klöpplerin bei der Arbeit zugesehen. «Ich war total fasziniert», sagt Gysel, «aber ich habe auch gedacht: Das schaffst du nie.»

Dann wurde in ihrem Trachtenverein ein Nachmittag zu dem Thema veranstaltet, und da hat sie gemerkt: So schwer ist das gar nicht. Mit Fadenspulen als Klöppel hat sie zu Hause versucht, das Gelernte nachzumachen. So richtig hat es nicht funktioniert. Denkt sie heute daran zurück, muss sie lachen.

Nach 22 Jahren Erfahrung hat die 61-Jährige heute den Dreh mehr als raus. In ihrem Haus bewahrt sie selbst gemachte Schätze auf, die vom Aufwand her eigentlich unbezahlbar sind: bunte Schals, dünn wie Spinnweben, zarte Deckchen und Lesezeichen, aber auch Aussergewöhnliches wie die Umrisse – natürlich aus Klöppelspitze – des Kantons Schaffhausen. Die Karte bewahrt sie hinter einem Glasrahmen auf. Kleine grüne Strasssteine stehen für die Ortschaften. Aber auch ein türkises Oberteil für sommerliches Wetter oder eine Krawatte hat Doris Gysel schon geklöppelt. Und auch wenn das Spitzenmachen ein altes Handwerk ist, macht ihr auch Modernes Freude, wie etwa eine Pyramide in der Pyramide. «Die habe ich am Ende mit Hutstärke gestärkt, damit sie richtig stehen kann», sagt Gysel. Besonders schön sind auch ihre Fichus. Dabei handelt es sich um das Tuch, das man bei der Tracht über die Schultern legt. Dafür hat sie allerdings eine andere Technik angewandt: das Filetknüpfen.

«Es entspannt mich ungemein»

An ihren Handarbeiten sitzt Doris Gysel mal fünf Minuten, mal fast den ganzen Tag. «Wie ich gerade Lust und Laune habe», sagt sie, «es entspannt mich ungemein.» Derzeit hat sie allerdings weniger Zeit für die Handarbeit, denn sie ist Mitorganisatorin der Tagung der Vereinigung Schweizerischer Spitzenmacherinnen, die in diesem Jahr in Neuhausen stattfindet. Dabei werden im Kirchgemeindehaus auch die Wettbewerbsarbeiten 2017 präsentiert. Themen in diesem Jahr sind für Erwachsene «Die Wüste» und für Kinder «Die Eule». Doris Gysel hat sich in diesem Jahr zwar nicht beworben, sie hat aber bei dieser Gelegenheit schon zweimal den ersten Preis erhalten. Einmal hat sie für ihren Fascinator, einen kleinen Hut, einen Spezialpreis bekommen. Für den hat sie allein sechs verschiedene Techniken angewandt.

Während die gängigen Materialien beim Spitzenmachen Seide, Baumwolle und Leinen sind, verwendet Doris ­Gysel auch gerne einmal Blumendraht. So steht in ihrem Garten ein grosser Rosenbogen – natürlich geklöppelt.

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