Nur ein Verein in einer kleinen Stadt, aber der rockt wie sonst nirgendwo

Diana Zucca | 
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Ziehen mit vielen anderen am gleichen Strang: Musiker Marco Clerc (l.) und Steven Scholl mit Präsident Ronny Bien. Bild: zvg

Am kommenden Samstag präsentieren sich gut zwei Dutzend regionale Bands mit einem kurzen Set in der Kammgarn. Anlass ist der fünfjährige ­Geburtstag der Band-Union Schaffhausen.

Weshalb in aller Welt braucht ausgerechnet Schaffhausen eine Band-Union (BU), und was macht die überhaupt?, mag sich wohl mancher fragen, der mit den Gepflogenheiten der Munotstadt nicht vertraut ist. Und ja, ein solcher Zusammenschluss ist bislang einzigartig, zumindest in der Schweiz. Das soll sich aber ändern, findet Ronny Bien, seit Anfang 2017 Präsident der BU. Ins Leben gerufen wurde der Verein, weil der Verlust des Weinmannareals drohte, wo sich zahlreiche Übungslokale befinden. Und wie es in Schaffhausen halt so ist, man kennt einander und tauscht sich aus. So kam man zum Schluss, es wäre wohl das Beste, sich zusammenzuschliessen und die Anliegen von Musikschaffenden und Bands gegenüber den verantwortlichen Organen gemeinsam zu vertreten. Das Übungsraumpro­blem löste sich darauf zwar von selbst, weil das Areal erhalten blieb, aber da man den Verein nun mal gegründet und bereits einige Aktivitäten durchgeführt hatte, konnte man ja auch gleich weitermachen. Waren schliesslich alles nette Leute da. Und an weiteren Themen besteht bis heute kein Mangel.

Die Fühler weiter ausstrecken

Auftrittsmöglichkeiten etwa. Live-Gigs seien unerlässlich, wolle man eine öffentliche Reichweite generieren, sagt Marco Clerc, Musiker und Unionsmitglied seit der Gründung. Unerlässlich, aber gar nicht so einfach zu finden, besonders für neue Bands, deren Namen noch nie jemand gehört hat und die über kein Netzwerk verfügen. Und obwohl das Veranstaltungswesen ursprünglich nicht als Kerngeschäft der Band-Union vorgesehen war, klinkte man sich dort ein. Schmiss den Mosergarten am «Scafusia 2015» mit allem Drum und Dran und lud ausschliesslich regionale Bands auf die Bühne (schliesslich heisst es ja «Scafusia», oder etwa nicht?) Die Konzerte stiessen auf gutes Echo, die Bilanz war erfolgreich. Es folgten einige solcher Aktivitäten, darunter das drei­jährige Band-Union-Geburtstagsfest in der Kammgarn 2015, ein Duo-Abend mit Ad-hoc-Formationen im Taptab im Mai 2016 und die Veranstaltungsreihe «Street Music Nights» in Zusammenarbeit mit dem Cuba Club im Sommer 2017. Mit diesen Veranstaltungen wurden natürlich nicht nur die Bands wahrgenommen, sondern auch die Band-Union als aktiver Verein konnte eine Strahlkraft entwickeln und sich gut verankern in der lokalen Kultur- und Veranstaltungsszene.

Nun, da dieser Kern gefestigt ist, gehe es darum, die Fühler weiter auszustrecken, findet Bien. In den süddeutschen Raum etwa, aber auch Richtung Zürich und Thurgau. Zürcher Musiker sind schon einige im Boot, unter anderem die Sängerin Lovis. Ronny Biens Traum ist es, überall solche BUs aufzubauen und einen regen Austausch zu pflegen. «Ein solches Netzwerk aufzubauen, braucht Zeit, Geduld, viel Engagement und Enthusiasmus», sagt er. Das alles ist zurzeit da, und so schnell geht den Schaffhausern die Puste ja nicht aus. Nu schon weil es schön ist, eine solche Union zu haben, so empfindet es auch Marco Clerc. «Die Szene ist näher zusammengerückt, so empfinde ich es. Bevor es die Band-Union gab, hatte ich von vielen Bands noch nie gehört, weil sie sich in einem anderen Segment bewegen. Und plötzlich realisiert man die Vielfalt, die diese Stadt zu bieten hat, und fängt an, sich zu vernetzen mit Leuten, die einem sonst nicht so nahestehen. Das ist ein sehr schöner Aspekt.»

Wissensaustausch und Zusammenhalt

Einzigartig ist auch die Workshop-Reihe, welche die Band-Union nun zum zweiten Mal durchführt. Die Dozenten rekrutieren sich sowohl aus den eigenen Reihen als auch extern, die die Reihe steht auch Nichtmitgliedern offen. Elf Abende, verteilt über zwei bis drei Monate, verschiedenste Themen. Wie ist eigentlich eine Gitarre aufgebaut? Ein Instrumentenbauer erklärt. Wie bereite ich mich auf Studioaufnahmen vor? Langjährige Studiocracks geben Tipps. Natürlich kann man sich solches Wissen auch im Internet oder sonst wo holen, aber auch hier geht es wieder um Austausch und den daraus entstehenden Zusammenhalt. Und, wichtig für die Teilnehmenden, es stehen keinerlei kommerzielle Interessen im Hintergrund.

Einer muss das Schlusslicht sein

Einer, der ein gänzlich anderes Genre bedient als Clerc, ist Steven Scholl. Seine Leidenschaft gilt schwerstem Metal. Mit seiner Band Deaththrone wird er am Band-Union-Geburtstag erstmals auftreten. «Solche Gelegenheiten motivieren Newcomer extrem», findet der junge Schlagzeuger und Gitarrist. Und würden einen auch einen guten Rutsch vorwärtsbringen. Auch er schätzt das Kennenlernen der Vielfalt, die seiner Band an diesem Abend aber auch etwas zum Nachteil gereicht, denn Deaththrone spielen als letzter Act. «Aber jemand muss halt das Schlusslicht machen», gibt er nach. Und wenn man’s einmal macht, muss das ja nicht für immer sein.

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