Diese Forderungen stellen Gewerkschafter an die Spitäler Schaffhausen

Dario Muffler | 
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VPOD, Verband des Personals oeffentlicher Dienste, Micha Amstad, Patrick Portmann (SP), Andreas Bosshard fotografiert am Freitag 08. Maerz 2024, in Schaffhausen. (Roberta Fele / Schaffhauser Nachrichten)
Patrick Portmann, Micha Amstad und Andreas Bosshard (von links) von der Gewerkschaft VPOD sparen nicht mit Kritik. BILD ROBERTA FELE

Die Schaffhauser Gewerkschafter sind unzufrieden: Die Spitäler Schaffhausen verweigern ihnen das Gespräch. Nun stellen die Vertreter des Personals zehn Forderungen zur Verbesserung der Pflegesituation im Kanton auf.

Knapp eine Handvoll Mitarbeitende muss sich um mehrere Dutzend Bewohnerinnen und Bewohner kümmern. Vom diensthabenden Personal absolviert eine Mitarbeiterin ein Praktikum und zwei Pflegerinnen sind ungelernt – einzig ein Mitarbeiter ist eine wirklich erfahrene Fachkraft. So kann ein normaler Nachtdienst in einem Schaffhauser Pflegeheim aussehen.

Je nachdem, wie bedürftig die alten Menschen sind, kommt das Team bisweilen an den Anschlag – oder kann gar nicht mehr allen Ansprüchen gerecht werden. Das sei die bittere Realität – und teilweise sei die Situation noch drastischer, wie Gewerkschaftsvertreter schildern.

Der Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) hat deshalb einen Plan mit zehn Forderungen erarbeitet, mit denen die Situation der Pflegerinnen und Pfleger im Kanton Schaffhausen verbessert werden soll. Dieser wurde am Freitag vorgestellt. Im Kern geht es um diese drei Bereiche: die kantonale Umsetzung der Pflegeinitiative, den Kostendruck in der Pflege und um die Spitäler Schaffhausen.

1. Die Pflegeinitiative

Der Kanton Schaffhausen sei zu langsam in der Umsetzung der Pflegeinitiative, kritisierten Gewerkschaftsvertreter bereits in der Vergangenheit. Nun hat die Regierung einen ersten Plan vorgelegt, wie sie die Pflegeinitiative umsetzen möchte. Für den VPOD hat dieses Thema eine hohe Priorität, wie die Ausführungen von Gewerkschaftssekretär Micha Amstad deutlich machen. «Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Pflege ist heute nicht gegeben», sagt er. Die Öffnungszeiten von Kindertagesstätten passen beispielsweise nicht zu den Arbeitszeiten der Pflege. «Hier müssen auch die Spitäler Verantwortung übernehmen.»

Nötig seien zudem höhere Entschädigungen für Pikett- und Sondereinsätze sowie höhere Kompensationszeiten und Zulagen für Personal, das im Schichtbetrieb arbeitet. Gerade Nachtdienste seien eine Belastung für den Körper, weshalb Andreas Bosshard im Namen des VPOD kostenlose Gesundheitschecks für das Personal fordert. Weiter ruft der VPOD die Regierung dazu auf, eine Fachprüfung für Fachangestellte Gesundheit in der Langzeitpflege einzuführen.

2. Der Kostendruck in der Pflege

«Keine Einsparungen auf dem Buckel der Pflege», lautet eine Forderung der Gewerkschaft VPOD. Sie verweist auf den Kostendruck, dem nicht nur die Spitäler Schaffhausen, sondern alle Spitäler der Schweiz ausgesetzt sind. «Die Löhne des Personals dürfen nicht stagnieren», sagt Gewerkschafter Andreas Bosshard. Der Kanton Schaffhausen sei nicht mehr konkurrenzfähig. Er verweist auf die zahlreichen Abgänge in andere Kantone, wo die Entlöhnung besser sei.

Das läuft politisch im Gesundheitsbereich

Gleich mehrere Vorstösse rund um die Pflege und das Gesundheitswesen sind im Kanton Schaffhausen aktuell hängig. Die einen harren schon längere Zeit einer Beantwortung, andere sind brandneu.

FDP-Kantonsrat Urs Wohlgemuth wandte sich diese Woche an den Regierungsrat und erkundigte sich über die Auswirkungen der Kostenbremse-Initiative auf die Versorgungssicherheit im Gesundheitsbereich. Die Initiative der Mitte, über die am 9. Juni abgestimmt wird, fordert, dass die Kantone und andere Beteiligte Sparmassnahmen ergreifen müssen, wenn die Gesundheitskosten im Vergleich zu den Löhnen zu stark steigen.

Bereits seit 2019 steht die Forderung im Raum, die Lohnpolitik der Spitäler Schaffhausen zu überarbeiten: Es geht darum, die Spitäler Schaffhausen vom kantonalen Personalrecht auszuschliessen. Für die Gewerkschaft VPOD kein schlechter Weg: Sie würde bereit stehen, um einen Gesamtarbeitsvertrag auszuhandeln.

Um die steigenden Ausgaben für die Gesundheitskosten anzugehen, arbeitet der Kanton aktuell auch an einer Revision des Krankenversicherungsgesetzes. Das Resultat wird in Bälde erwartet.

Der VPOD fordert die Ostschweizer Kantone auf, sich für eine Tariferhöhung einzusetzen, sodass der Kostendruck auf die Spitäler reduziert wird. Bezahlen soll dies dann der Kanton. «Die Finanzierung über den Kanton ist sozialer als über die Krankenkasse», sagt Micha Amstad. Denn Krankenkassenprämien zahlen alle gleich viel, bei den Steuern gibt es eine Progression, begründet er.

«Die Gemeinden haben Schwierigkeiten, der Kanton hat das Geld», ergänzt Patrick Portmann, VPOD-Vorstand und SP-Kantonsrat. Der Kanton soll auch die Hälfte der Kosten bei Neubauten von Pflegeeinrichtungen in den Gemeinden übernehmen sowie Start-ups im Gesundheitswesen mit Anschubfinanzierungen unterstützen.

3. Spitäler Schaffhausen

Grosse Sorgen bereitet dem VPOD die Situation bei den Spitälern Schaffhausen. «Wir sind enttäuscht von der Spitalleitung», sagt Patrick Portmann. Der VPOD kritisiert auch den zuständigen Regierungsrat Walter Vogelsanger: Er habe kein Interesse gezeigt, zu vermitteln. Spitalrat und Spitalleitung würden schlicht nicht mit den Gewerkschaften über die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals verhandeln wollen. Seit 15 Monaten warte die Gewerkschaft auf eine Antwort.

«So verhärtete Fronten haben wir schweizweit nur sehr selten.»

Micha Amstad, Gewerkschaftssekretär VPOD

Bei den Anliegen des VPOD geht es beispielsweise um die Entschädigung für die Umkleidezeit, die mit 50 Franken pro Monat in den Augen der Gewerkschaft viel zu tief ist. Ärger und Unverständnis mischen sich bei den VPOD-Vertretern. «So verhärtete Fronten wie hier haben wir schweizweit nur sehr selten», sagt Micha Amstad. Es gehöre zum Schweizer Stil, miteinander zu sprechen.

Der VPOD befürchtet zudem einen Personalabbau im Zusammenhang mit dem Neubau der Spitäler. Dieser wird redimensioniert, weshalb Patrick Portmann nach Aussagen von Spitalmitarbeitenden glaubt, dass es zur Reduktion des Personals kommt. Auch der Umzug der Psychiatrie von der Breite auf den Geissberg könnte laut der Gewerkschaft zu einem Stellenabbau führen.

4. Das sagen die Spitäler Schaffhausen

Mit den Vorwürfen des VPOD konfrontiert antworten die Spitäler Schaffhausen: «Im Zusammenhang mit dem Neubau ist kein Stellenabbau geplant. Der Personalschlüssel wird an der Patientennachfrage ausgerichtet. Aktuell ist ein Wachstum prognostiziert, da die Schaffhauser Bevölkerung älter wird.»

Bezüglich Gesprächen zwischen VPOD und Spitalleitung schreiben die Spitäler: «Es gibt keinen Gesamtarbeitsvertrag. Die Mitarbeitenden der Spitäler Schaffhausen sind gemäss kantonalem Personalreglement angestellt.»

Es bestehe aber ein Austausch zwischen der Personalvertretung der Spitäler Schaffhausen und der Spitalleitung, «sodass zentrale Anliegen der Mitarbeitenden gehört und aufgenommen werden. Themen wie die Verlängerung der Kita-Öffnungszeiten, eine Überarbeitung der Umkleidezeit-Entschädigung und der Einspringprämie werden zum Beispiel zusammen bearbeitet.»

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