Sauter gegen Wohlgemuth zum Bevölkerungswachstum
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Das Medienhaus Meier mit «Schaffhauser Nachrichten», Radio Munot und Schaffhauser Fernsehen hat alle Nationalratskandidierenden des Kantons Schaffhausen eingeladen. Die Sendungen werden vom 4. September an ausgestrahlt. Die Aufzeichnungen finden Sie auch online unter www.shn.ch. In der gedruckten Version der Zeitung publizieren wir jeweils einen Teil des Gesprächs. Für diese Serie sind insgesamt 16 Beiträge geplant.
Die Bevölkerung wächst, zurzeit steuert die Schweiz auf die 9-Millionen-Marke zu, vor allem der Zuwanderung wegen. Ist dieses Bevölkerungswachstum nachhaltig?
Regula Sauter: Nachhaltigkeit und Zuwanderung schliessen sich nicht aus. Italienische Gastarbeiter haben mitgeholfen, den Wohlstand zu erschaffen, den wir in der Schweiz haben. Die Frage ist ja immer, wo haben wir Angst, etwas vom Luxus abgeben zu müssen und Wohlstand als das zu definieren, was man wirklich braucht. Immer mehr haben wollen, ist nicht nachhaltig. Wir sollten schauen, dass wir ein wenig von dem Luxus abgeben können, sodass es für auch für andere reicht.
Jedes Jahr wandern im Schnitt netto 66 000 Personen ein – nachhaltig?
Urs Wohlgemuth: Definitiv nein. Es gibt Menschen aus der Ukraine, die unter dem Schutzstatus S hier sind. Super, dass das so schnell möglich wurde. Wir haben die Zuwanderung aus dem Schengen-Raum, die wir brauchen wegen des Arbeitskräftemangels. Und wir haben Menschen, die aus humanitären Gründen hier sind. Aber 95 Prozent der Marokkaner sind Wirtschaftsflüchtlinge. Wenn diese uns keinen volkswirtschaftlichen Mehrwert generieren, müssen wir hart sein und die Leute zurückschicken.
Ist es eine andere Option, die Infrastruktur auszubauen?
Wohlgemuth: Wo es Infrastruktur braucht, müssen wir investieren. Doch woher nehmen wir das Geld dafür? Infrastruktur aufbauen in der Hoffnung, wir könnten alle flüchtenden Menschen der Welt aufnehmen, ist nicht zielführend.
Sauter: Ich bin einverstanden, dass es nicht endlos so weitergehen kann. Aber es gibt Länder mit korrupten Regierungen. Wir wären auch froh, wenn wir von dort anderswohin gehen könnten. Wir sollten humanitär weitermachen. Und wir sollten uns politisch einbringen und schauen, dass die Menschen in ihren Ländern Arbeit bekommen sowie dass Geld wirklich für die Bevölkerung da ist und nicht in einzelne Taschen geht.
Welche Konzepte haben Sie, damit die Schweiz das inländische Arbeitskräftepotenzial besser ausschöpft und Firmen deswegen Personal nicht aus dem EU-Raum holen müssen?
Sauter: Ich kann über den Fachkräftemangel in der Pflege sprechen. Man hat uns in den letzten Jahren heruntergespart. Wir laufen auf dem Zahnfleisch, nach Corona erst recht. Ausbildungsoffensiven sind gut und recht. Doch alle Beteiligten sollten bemüht sein, dass in den oberen Führungsetagen nicht abgesahnt wird, und unten jene arbeiten lassen, die das Ganze zusammenhalten.
Wohlgemuth: Ich gehe von einem massiven Arbeitskräftemangel aus. Da sind wir auf die Zuwanderung aus dem Schengen-Raum angewiesen. Aber wir lassen Flüchtlinge lange nicht arbeiten, obwohl sie viel für unsere Gesellschaft tun könnten. Und zweitens: Das Gewerbe existiert nicht mehr, weil zu viele Leute studieren. Wir müssen wieder Lehrbetriebe fördern und gute Ausbildungsplätze schaffen. Schnell. Das Problem wird uns noch 20 Jahre beschäftigen.