Bundesgericht bestätigt Kündigung von Schaffhauser Kantilehrer

Kari Kälin | 
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Ein Geographielehrer verlor seine Anstellung an der Schaffhauser Kantonsschule, weil er einen Trans-Schüler weiterhin mit dessen Mädchenname ansprach. Das Bundesgericht hat die Entscheidung der Schaffhauser Kantonsschule nun bestätigt. Bild: SHF

An der Kantonsschule Schaffhausen wird aus einer Schülerin ein Schüler. Ein Lehrer spricht ihn aus religiösen Gründen weiterhin mit Mädchennamen an. Wie viel Bibel darf an einer öffentlichen Schule sein? Das Bundesgericht hat die Frage beantwortet.

Es sei zunehmend schwierig geworden, als bekennender und überzeugter Christ an einer öffentlichen Kantonsschule zu arbeiten. «Die viel gepriesene Toleranz gilt leider häufig nur noch für eine bestimmte (eigene) Meinung.» Hinter diesen Worten eines Lehrers verbirgt sich ein Arbeitskonflikt. Der gläubige Pädagoge wechselte im Sommer 2021 an eine christliche Privatschule im Kanton Zürich – nicht ganz freiwillig.

Die Kantonsschule Schaffhausen hatte dem Mitglied einer Freikirche zuvor gekündigt, weil er eine Weisung des Rektorats zum Umgang mit einem Transkind notorisch ignorierte. Das Bundesgericht hat die Kündigung in einem kürzlich publizierten Urteil bestätigt. Es stellte das Grundrecht eines Schülers auf Achtung des Privatlebens über die Religionsfreiheit des Gymilehrers. Die Weisung der Kantonsschule taxierten die Bundesrichter als zumutbar und zulässig.

Lehrer fiel bereits zuvor auf

Der ETH-Absolvent wirkte seit 2013 als Geografielehrer an der Kantonsschule Schaffhausen. Es kam zu Spannungen. Die Schulleitung verweigerte 2018 eine Lohnerhöhung und verbot ihm später, an den 3. Klassen der Maturitätsschule Geografie zu unterrichten. Sie warf ihm vor, das Thema Klimawandel nicht adäquat zu vermitteln.

Im September 2020 kassierte er einen Verweis, weil er öffentlich als Lehrer der Kantonsschule Positionen vertrat, die der allgemeinen Lehrmeinung widersprechen würden. Die Wochenzeitung «Schaffhauser AZ» hatte den Lehrer schon längere Zeit davor einen «Klimaskeptiker» genannt. Die Hauptkritik: Sein Unterricht bestehe zur Hauptsache darin, den menschengemachten Klimawandel zu hinterfragen.

Zum Verhängnis wurde dem Familienvater aber nicht seine Lektionen zur Erderwärmung, sondern sein Verhalten mit einem 16-jährigen Schüler. Während der Herbstferien 2020 teilte dieser dem Rektorat mit, er sei «trans» und er bitte darum, ab sofort nur noch mit seinem neu gewählten männlichen Rufnamen und nicht mehr mit dem weiblichen Geburtsnamen angesprochen zu werden. Das Rektorat leitete das E-Mail des Transjungen an alle Lehrpersonen weiter und wies sie an, den Wunsch zu erfüllen.

Der Geografielehrer dachte nicht daran. Noch bevor der Unterricht wieder startete, warf er in einem E-Mail an die Schulleitung grundlegende Fragen auf: Wird der Transjunge künftig die Herrentoilette benutzen? Auf welcher gesetzlichen Grundlage fusst die Transition? (Unbürokratisch und ohne Angabe von Gründen kann man sich auf dem Standesamt erst seit Anfang 2022 von Mann zu Frau und umgekehrt erklären lassen.)

In der ersten Geografiestunde nach den Ferien kam es zum Eklat. Der Lehrer rief den Transjungen mit Mädchennamen auf. In der Pause erklärt der Pädagoge dessen Mitschülern, er werde ihn weiterhin mit weiblichem Geburtsnamen ansprechen. Ein Gespräch mit der Schulleitung fruchtete nicht, der Kantilehrer bekräftigte seine Position und machte keine Anstalten, künftig davon abzuweichen.

Schule kündigte dem Lehrer

Der Lehrer sah seine Glaubensfreiheit verletzt, wenn er gezwungen werde, den Schüler mit seinem neuen männlichen Namen zu nennen. Aufgrund der Bibel gelte nur das biologische Geschlecht, ein soziales existiere nicht. Er wolle einem «zutiefst verletzten Menschen», der die Realität leugne und in einer völligen Verblendung lebe, einen Ausweg aufzeigen: den Weg zum Glauben. Er bete für ihn, dass «sie» diesen Weg finden könne. Dem Jungen müsse bewusst sein, dass sich nicht die ganze Welt seinen subjektiven Gefühlen anpassen müsse. Die Kantonsschule zeigte kein Gehör für solche Argumente und löste den Arbeitsvertrag mit dem Geografielehrer auf.

Bibel und öffentliche Schule vertragen sich schlecht. Es herrscht das Gebot der konfessionellen Neutralität. Dass der Geografielehrer damit in Konflikt geraten könnte, zeichnete sich ab. Laut dem «Landboten» ist er Kreationist. Kreationisten glauben, dass die Welt so entstanden ist, wie es im Alten Testament steht.

Vor vier Jahren nahm der Lehrer an einem Podium der Evangelischen Allianz teil. Ein Sprecher der Organisation nahm ihn in Schutz: «Solange sich ein Lehrer an den Lehrplan hält, sehe ich kein Problem.» In einem Aufsatz für ein kirchliches Magazin erläuterte der Geografielehrer sodann, weshalb er eine Masterarbeit an der ETH Zürich abbrach: weil er einen Theorieteil hätte abgeben müssen, der völlig antithetisch zu seinem christlichen Glauben stehe.

Solche Sorgen kennt er an seinem neuen Wirkungsfeld nicht: «Ich freue mich, an einer christlichen Schule tätig zu sein, an welcher der Glauben noch offen gelebt werden darf.» Alles kann er sich freilich auch dort nicht erlauben: Die Schule richtet sich nach dem Lehrplan des Kantons Zürich.

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