Die Berufswahl entscheidet nicht über den Lebensweg

Beatrix Bächtold | 
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Bildungspionier Dieter Rüttimann und Erziehungswissenschaftlerin Eveline von Arx gaben ihre Erkenntnisse weiter. Bild: Roberta Fele

Hochkarätige Referenten, spannende Diskussionen, motivierte Teilnehmende – das war das Forum 2023 der Kommission Schule und Beruf. Rund ums Motto «es mue passe» drehte sich alles um die Schnittstelle zwischen Schule und Beruf.

Ein geglückter Anlass sei es gewesen. Einer, der die Chancen des einzigartigen Schweizer offenen Bildungssystems aufgezeigt habe. «Der Eintritt ins Berufsleben entscheidet nicht über den Lebensweg, sondern ist nur der Start. Es muss auch nicht sofort passen. Jedoch mit Hilfe von Fachkräften – die über die neuesten Erkenntnisse Bescheid wissen, den Jugendlichen die richtigen Inputs geben und sie ernst nehmen – hat man gute Chancen auf einen Beruf, der passt», fasste Mitorganisator Thomas Maag am Mittwochnachmittag nach Ende der Veranstaltung zusammen.

In der Zimmerberghalle duftete es nach Kaffee, das «Lieferwägeli» einer Bäckerei parkte vor der Tür. Über 200 Minuten lang hatten die 200 Teilnehmenden aus dem ganzen Kanton, mehrheitlich Lehrpersonen Sek I und Berufsbildende, in Gruppen Themen wie zum Beispiel «Welche Qualitäten bringen Jugendliche heute mit?» und «Wie kann man diese im Arbeitsumfeld nutzbar machen?» diskutiert. Wenn aus dem Dürfen ein Müssen wird, wenn sich fremde Wünsche auf junge Menschen projizieren, dann verkommt die Berufswahl zum Spannungsfeld. Wenns für die anderen passt, aber für den oder die Betroffene nicht, ist das eine schlechte Ausgangslage. Kurz – «es mue passe». Gemeindepräsident Roger Paillard brachte dafür in seinem Grusswort folgenden Vergleich: «Wenn die Bahnanschlüsse von Beringen nach Zürich passen, fällt das keinem auf. Wenn es aber nicht passt, eben schon. Und es passt nur dann, wenn sich Fachleute dafür engagieren», sagte er. Auch dass der Übergang von Schule zu Beruf in den allermeisten Fällen funktioniere, sei das Verdienst von Fachleuten. Die Anwesenheit von Regierungsrat Patrick Strasser unterstrich die Wichtigkeit des Anlasses. Auch er würdigte die Teilnehmenden für ihr Engagement.

Aufmarsch der Experten

80 Prozent der Jugendlichen im Kanton Schaffhausen wählen den Übergang von der Grundschule in die Berufswelt. Wenn Schule, Berufsbildner, Ämter und Behörden am gleichen Strick ziehen, wenn man sich kennt und austauscht, gelingt das. Das Aufgebot an Fachleuten am Forum 2023 war hochkarätig. Dieter Rüttimann, Bildungspionier und Gründer Gesamtschule Unterstrass, sowie Eveline von Arx, Jugendberaterin, Psychologin und Erziehungswissenschaftlerin, gaben ihre Erkenntnisse weiter. «Weg von Negativ-Zielen, hin zu konkreten positiven Schritten», «Angst vor Fehlern als Entwicklungsbremse», «hochwertige Aufgaben, deren Sinn man sieht und an denen man wachsen kann», «ehrliche Zuwendung, genaues Zuhören und offenes Feedback» war ihr Credo. Auch computerbasierte Lernfördersysteme, die helfen, individuelle Lernziele in angemessenem Tempo zu erreichen, indem sie personalisierte Lernressourcen aktivieren, waren ein Thema.

Generalisten statt Spezialisten

Sympathie erntete das Referat von Toni Blaser, Verantwortlicher Berufsbildung des Unternehmens Victorinox. Mit Sätzen wie «wir brauchen Generalisten, keine Spezialisten», «nimm die jungen Menschen so, wie sie sind, es gibt keine anderen» oder «völlig egal ob Sek oder Real, der Jugendliche muss für den Beruf passen» und einer Prise Humor hatte er die Anwesenden auf seiner Seite. Wenn sie das Erlebte am Forum 2023 in einen Satz pressen müsste, wie würde dieser lauten? Teilnehmerin Livia Munz, Berufsbildnerin von Werkjahr der Schule Neuhausen, überlegte kurz und sagte dann: «Eine professionelle und ehrliche Betreuung der Jugendlichen ist das A und O.»

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