Ein ganz neues Hallauer Herbstfest

Theo Kübler | 
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Die Hallauer wollten es über das Wochenende wissen. Vom Freitagabend bis zum Helferfest und Handwerkervesper am Montagabend knallten die Korken. Zwei Umzüge innert 15 Stunden, 14 Musikformationen, eine Weinszene und 31 Wirtschaften sorgten für gute Laune.

Samstagnachmittag. Unfreundliches Herbst­wetter treibt aus Nordwesten einen heftigen Regenschauer nach dem anderen über den Klettgau. Wahrlich nicht die besten Voraussetzungen für ein heiteres Herbstfest, wie es sich die Hallauer ausgemalt hatten. Und das ausgerechnet nachdem sie das Weindorf nach einer gefühlten Ewigkeit zusammen mit den Oberhallauern in einen grossen Festplatz verwandelt hatten.

Zuerst wird gegessen, dann umgezogen

Ab 16 Uhr erschienen dem Wetter zum Trotz dann doch einige Besucher. Immer mehr gesellten sich hinzu und schliesslich herrschte Hochbetrieb. Allenthalben hört man Musik, es wird grilliert und gekocht. Vom Wildschübling bis zum tibetanischen Momo wird fast alles angeboten, es gibt mit Wein getränktes Risotto vom Holzofen, Servelats, Gulasch, Pommes, Veggiburger, Kuchen und Zuckerwatte und selbstverständlich wird angestossen. Dafür bietet sich vor allem in der Weinszene der Hallauer Rebbaugenossenschaft eine gute Gelegenheit, die sich rund um den Fronhofbrunnen aufgebaut hat. Auf fünf Eventbühnen wird zudem musiziert, gesungen und gerockt.

Doch plötzlich lichten sich die Bankreihen in Zelten, Scheunen und Kellern; es wird dunkel im Dorf, der Höhepunkt des Tages will begangen werden, der Nachtumzug! Ein Nachtwächter huscht durch die Dunkelheit, ihm hinterher folgen Pferde des Reitvereins Klettgau geschmückt mit blauen Lichtern. Auf den Wagen wird Velo- und Ski gefahren, Theater gespielt und von Jägern nach Wild Ausschau gehalten. Alle Wagen sind mit bunten Lichtern zum Teil hervorragend in Szene gesetzt.

Benzin und Wein im Blut

Dann erscheinen die Oberhallauer. Sie nennen ihren Wagen «Chlutere», was sie mit einigen Wagen auch lautstark zeigen. Es wird gehupt, geschraubt, gehämmert und geschweisst. Ist vielleicht, doch etwas daran, wenn ab und zu behauptet wird, dass den Menschen aus dem Dorf mitten in den Rebbergen anstelle von gewöhnlichem Blut ein Gemisch aus Wein und Benzin in den Adern fliesst?

Die Trachtenfrauen zeigen unter mit vielen Lämpchen beleuchteten Hüten ihre wunderbaren Trachten. Eine andere Umzugsgruppe in Klostertrachten pilgert ebenfalls im Umzug mit. Ins Auge sticht ein helles Pferd mit Lichtpunkten im Kamm und Schweif – und die jungen Frauen, die mit leuchtenden Schirmen in langen, pastellfarben leuchtenden Tüllröcken wie Feen tanzend durch Hallaus Dunkelheit schweben.

Und wie wars am Sonntag?

Die 250 Statistinnen und Statisten bieten mit ihren 14 Wagen zweifelsohne einen Augenschmaus, für den allein es sich lohnt, das Hallauer Herbstfest zu besuchen. Als Musikwagen präsentiert sich die Thurgauer Gastgemeinde Neunforn, die auch mit einigen Ständen das Herbstfest Hallau bereichert. Am Sonntag sind wieder alle Lichter im Dorf angeknipst und man kann sich in aller Ruhe dem üppigen Angebot an kulinarischen Freuden zuwenden. Auf der mobilen Bühne von Open-Air Hallau wird derweil zünftig gerockt, sodass selbst der einsetzende Regen vergessen geht.

Wer sich bei Ernst Auer mit etwas Ochs am Spiess verköstigen will, freute sich zu früh. Der Ochse dreht sich zwar schon seit Stunden vor dem Geschäft, braucht aber nochmals weitere zwölf Stunden, bis er am Sonntag ab 11 Uhr gereicht werden konnte. Also gab es auch am Sonntag einen Grund, nach Hallau zu kommen. Der Eintritt galt für beide Tage. Auch am Sonntagnachmittag wurde der Umzug gezeigt – ohne Lichterschau, dafür bei etwas besseren Wetterbedingungen.

«Der Enthusiasmus der Wagenbauer war enorm»

«Der Enthusiasmus der Wagenbauer war enorm»

Lasse Pfenninger ist OK-Präsident des Hallauer Herbstfestes. Bild: zVg

Herr Pfenninger, das Herbstfest ist voll im Gange, wie war der Endspurt der Vorbereitungen?

Lasse Pfenniger: Der Endspurt war intensiv und geprägt von einem beeindruckenden Miteinander. Dass wir mit schlechtem Wetter rechnen müssen, war uns bewusst. Mit der dürftigen Witterung wurde unser Festkonzert sowie unser OK auf besondere Art und Weise geprüft – umso grösser ist die Freude, dass wir es trotzdem geschafft haben! Die Musik für den Freitagabend ist krankheitsbedingt ausgefallen. So mussten wir innert Tagesfrist einen Ersatz organisieren, was uns tatsächlich gelungen ist. Der Enthusiasmus bei den Wagenbauern war enorm. Die Oberhallauer bauten gleich mehrere Wagen.

Kann man dieses Herbstfest als «Neugeburt» verstehen?

Tatsächlich, das ist eine Neugeburt, nur dauerte die Schwangerschaft weitaus länger als neun Monate. Mit einem neuen OK planten wir auf der grünen Wiese ein neues Fest – ich glaube, das ist uns gelungen. Und dann war da noch das «neue Unbekannte» mit dem Nachtumzug. Ich bedanke mich bei allen, die das Fest ermöglicht haben, vor allem natürlich bei den tollen OK-Mitgliedern.

Interview: Theo Kübler

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