Ein Pfahlbauer-Simulator für alle

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Viel Geduld und Übung: Das Feuer lässt sich ohne moderne Hilfsmittel so einfach nicht hervorlocken. Bild: Corina Fendt

Mit allen Sinnen das Leben der Pfahlbauer kennenlernen – das war am gestrigen Familientag rund ums Museum Allerheiligen und beim Thaynger Weier möglich. Es wurde geknüpft, getöpfert, gewetzt und gemahlen.

von Corina Fendt

Welche Steine verwendeten die Pfahlbauer zum Feuer schlagen? Mit welchen Waffen gingen sie auf die Jagd? Warum wurde Birkenrinde erhitzt? Wie wurden die Haare vom Fell entfernt? Der Familientag, welcher am gestrigen Sonntag an beiden Standorten rund ums Museum Allerheiligen in Schaffhausen und bei der UNESCO- Welterbe-Fundstelle im Thaynger Weier stattfand, gab spannende Einblicke in das Leben der Pfahlbauer. Zahlreiche Familien nutzten bei sonnig-heissem Wetter das Angebot, um mehr zu lernen – und vor allem handelnd zu erfahren.

Der kurze Fussmarsch vom Parkplatz beim Schiessstand bis hin zur Fundstelle beim Weier verflog dank spannender Fragen am Wegrand und einem kleinen Wettbewerb wie im Fluge. Einmal beim Weier angekommen, gab es für die Kinder, aber auch für die Erwachsenen dank Mitmach-Stationen viel zu entdecken. Auf grossen Steinen wurden Körner zu Mehl gemahlen, über dem Feuer Fladenbrote gebacken und im Wald mit Pfeilbogen geschossen. Besonders viel Anklang fand die Station «Feuer machen». Was heute mit Zeitung und Feuerzeug in Kürze erledigt ist, brauchte während der Jungsteinzeit noch viel Geschick und Geduld. Mit Zunder, Feuersteinen und getrocknetem Gras versuchten sich so manche Kinder beim Funken und Feuer machen. Nicht selten war aber die tatkräftige Unterstützung von André Schnellmann vom Verein «Steinzeit aktiv» notwendig, damit mehr als nur ein kleiner Funken entstand. «Feuermachen auf diese Art braucht einiges an Übung», sagte er. «Ob die Pfahlbauer dafür wirklich Zunder, eine Pilzart, verwendeten, lässt sich nicht überprüfen – abgewetzte Steine wurden aber vielerorts gefunden», erklärte Schnellmann weiter und zeigte dabei einige Fundstücke.

Pfahlbauhaus aus Bern

Lohnenswert war beim Thaynger Weier auch ein kleiner Abstecher ins Zelt. Felle und Sachliteratur luden zum Verweilen ein. Der Blick der Besucher fiel aber schnell auf den grossen Tisch, welcher am Zeltrand stand. In selbst getöpferten Schalen wurden Kräuter, Beeren und Nüsse gezeigt, daneben standen einige geflochtene Arbeiten. «Die Pfahlbauer haben aus wenig viel gemacht – das möchten wir heute zeigen», erklärte Reinhard Stamm vom Verein «Steinzeit aktiv».

«Die Pfahl­bauern haben viel aus wenig gemacht.»

Reinhard Stamm, Verein Steinzeit aktiv

Während einer Pause zwischen den Mitmachstationen lohnte sich auch ein Blick in das Innere des Pfahlbauhauses, welches aus einer Ausstellung im historischen Museum Bern stammt und heute am Rande des Weiers steht. Dieses wurde fast ausschliesslich mit Werkzeugen aus der Jungsteinzeit gebaut und ist heute frei zugänglich. Gut besucht war auch die Festwirtschaft, die ganz traditionell mit Grillwürsten punktete.

Einmal einen Ochsenkarren ziehen

Mit dem ganzen Körper ins Leben der Pfahlbauer eintauchen konnten die Familien auch rund um das Museum Allerheiligen. Hier konnten Besucherinnen und Besucher Fischernetze knüpfen, Tongefässe töpfern, Pfahlbauschmuck herstellen, Knochen bearbeiten, Felle abwetzen oder sich mit Erdfarben bemalen. Anklang fand auch die Selfiestation, bei welcher sich die Familien wie Pfahlbauer kleiden und als Erinnerung ablichten durften. Die Ludothek Schaffhausen organisierte derweil einen abwechslungsreichen und unterhaltsamen dreiteiligen Parcour. Ein Ochsenkarren musste durch den Kreuzgang gezogen werden, aus Kapplahölzchen entstand in einer vorgegebenen Zeit ein Pfahlbaudorf und im Kräutergarten wartete ein Golfparcour. Das familiengerechte Programm rundeten kurzweilige Führungen durch das Museum ab.

Der Reiz der Handarbeit

Organisiert und durchgeführt wurde der gestrige Familientag, welcher zum ersten Mal in dieser Form stattfand, gemeinsam vom Museum zu Allerheiligen, der Kantonsarchäologie Schaffhausen, der Gemeinde Thayngen und den Vereinen Steinzeit aktiv und Reiat Tourismus. «Die Steinzeit und das Leben der Pfahlbauer fasziniert uns alle, aber insbesondere die Kinder», so Gerhard Stamm. «Diese Faszination und das Bedürfnis, mit den eigenen Händen zu arbeiten, waren die Motivation für diesen Tag und unsere Steinzeitworkshops, welche wir anbieten», sagte Stamm weiter. Dass das Programm überzeugte, war nicht zu übersehen.

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