Jörg Kachelmann legt sich mit Kaminfegern an

Ralph Denzel | 
Lesenswert
Noch keine Kommentare
Sind Holzöfen «Umweltsünder»? Bild: Pixabay

Sind Holzheizungen eine Umweltsünde? Laut dem Meteorologen Jörg Kachelmann sind sie es definitiv. Kaminfeger wehren sich gegen die Aussagen des Moderatoren.

Der Meteorologe Jörg Kachelmann ist dafür bekannt, dass er nur selten ein Blatt vor den Mund nimmt. Das Deutsche Magazin «Tagesspiegel» schrieb mal über ihn: «Die Wissenschaft des Wetters verpackt er in die Sprache des Alltags». Dazu nannte es ihn einen «Wetter-Entertainer».

Dies setzt er auch auf Twitter um, wo er seinen knapp 121‘000 Followern nicht nur Hinweise zum Wetter gibt, sondern sich auch über das Klima und die Umwelt auslässt. Das hat er nun wieder gemacht – und sich damit nicht unbedingt Freunde geschaffen.

Verursachen Kamine zu viel Feinstaub?

Unbestreitbar ist, dass Feinstaub in Städten oft ein Problem darstellt. So kann dieser Lungenkrankheiten, Allergien und allergische Reaktionen verursachen. Daher herrscht weitgehend in der Politik und unter Experten Einigkeit, dass die Feinstaub-Reduktion ein Ziel ist, welches man verfolgen müsse. Die Frage, wie man dieses Problem allerdings in den Griff bekommen solle – darüber streiten sich die Experten.

Jörg Kachelmann hat hingegen, laut Twitter, einen Schuldigen für die Feinstaubbelastung gefunden:

 

 

In einem weiteren Tweet greift der Wetterexperte dann jedoch auch noch Kaminfeger an. «An vielen Orten machen Schornsteinfeger mit jedem Holzofen mehr Kohle», schrieb der gebürtige Schaffhauser ebenfalls auf Twitter.

 

 

Die Behauptungen schlugen bereits ennet der Grenze hohe Wellen. So sagte Werner Rottler, Obermeister der Schornsteinfegerinnung für den Regierungsbezirk Freiburg, im Gespräch mit dem Südkurier: «Diese Pauschalverurteilungen bringen uns nicht weiter.»

Auch in der Region können Kaminfeger mit den Aussagen des Meteorologen nicht viel anfangen. Hannes Messmer von der Messmer Feuerungstechnik AG sagte dazu: «Man hat bereits mehrmals mit Messtechnik nachgewiesen, dass, wenn ein Ofen korrekt betrieben wird, die Feinstaubbelastung sehr gering ist.»

Auch Kaminfegermeister Ruh ärgert sich über die Aussagen von Jörg Kachelmann. «Das stimmt absolut nicht», so der Experte. «Natürlich entsteht Feinstaub, wenn man einen Ofen anheizt, aber beachtet man die grundlegenden Dinge, dann ist die Belastung minimal.»

«Holzfeuerungen verursachen Feinstaub»

Roman Fendt vom Interkantonalen Labor sieht es ähnlich wie die Kaminfeger. So verschulden kleine Holzfeuerungen sicher einen Teil der Feinstaubbelastung, aber wie gross dieser letztlich ist «steht und fällt damit, dass man regelmässig anschaut und überprüft, ob der richtige Brennstoff verwendet wird und der Ofen richtig betrieben wird». Auch die Aussage, dass Kaminfeger sich damit eine goldene Nase verdienen, kann er so nicht unterschreiben. «Kaminfeger sind unsere Leute vor Ort, die beraten aber auch Missbräuche melden», sagt der Mitarbeiter des Interkantonalen Labors. «Dass sie damit ihren Lebensunterhalt verdienen, liegt auf der Hand.»

Ähnlich sieht es auch Hannes Messmer. «Der Kunde gibt uns letztlich den Auftrag – und wir nehmen ihn an.»

Für die angefragten Kaminfeger sind Holzöfen in allererster Linie etwas Gutes: «Man verwendet hier natürliches Material, dass wieder nachwächst und dessen Verbrennung weniger  CO2 produziert als zum Beispiel Kohleheizungen», sagt zum Beispiel Erwin Ruh. Auch Hannes Messmer sieht es ähnlich: «Wenn man heute im Umweltschutz vorne dabei sein will, muss man auch solche Alternativen nutzen.»

Im Kanton ist man gleicher Meinung: So unterstützt das Baudepartement den Ausbau von zum Beispiel Holzheizungen mit bis zu 12‘000 Franken. Allerdings mit Auflagen bezüglich der Lufthygiene.

Ist also alles falsch, was Jörg Kachelmann sagt? Nicht ganz, denn sowohl die Kaminfeger wie auch Roman Fendt geben dem Meterologen in einem Punkt recht: «Kleine Holzfeuerungen sind definitiv für einen Teil von Feinstaub in der Luft verantwortlich.» Allerdings dürfe man laut Roman Fend eines nicht vergessen: «Je grösser eine Feuerungsanlage ist, desto höher sind auch die gesetzlichen Auflagen, die erfüllt werden müssen.» Das bedeutet, dass grössere Öfen zum Beispiel Partikelfilter brauchen und eine Messpflicht haben.

Das führt zu der fast schon paradoxen Situation, dass ein kleiner Holzofen, wie er zum Beispiel im Hausgebrauch zu finden ist, teils genauso viel Feinstaub produziert wie eine Grossanlage – und auch zu den manchmal erhöhten Feinstaubbelastungen in der Wintersaison beiträgt. Diesem Umstand wird jedoch in der Schweiz Rechnung getragen und ab der nächsten Heizsaison soll eine Messpflicht für alle Zentralfeuerungen lanciert und die kleinen Einzelraumfeuerungen  regelmässig kontrolliert und die Betreiber beraten werden.

Insofern hat Jörg Kachelmann also recht, wenn er sagt, dass Holzfeuerungen Zuhause Feinstaub verursachen. Allerdings sind sie nicht die Wurzel allen Übels.

Für eine Stellungnahme war der Moderator nicht zu erreichen.

Feinstaub in Schaffhausen: So ist der Stand

Betrachtet man die aktuelle Feinstaubbelastung für PM 10 in der Stadt, so liegt diese aktuell bei ca. 30 µg/m3 (Mikrogramm). Das bedeutet ein mässiger Wert. Bei so einem Wert sind leichte gesundheitliche Beeinträchtigungen bei vorbelasteten Bevölkerungsgruppen möglich. Laut der nationalen Luftreinhalte-Verordnung darf der 24h-Mittelwert von 50 µg/m3 nicht mehr als dreimal im Jahr überschritten werden. Der Jahresmittelwert darf 20µg/m3 nicht überschreiten. Im Kanton Schaffhausen gibt es eine Messstation, welche in Neuhausen an der Schaffhauserstrasse steht. Gemäss den Messungen von Ostluft wurde dort der Grenzwert nie überschritten. Dieser Standort wird jedes zweite Jahr betrieben.

Ist dieser Artikel lesenswert?

Ja
Nein

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren