Vier CVP-Kandidaten auf Stimmenjagd

Mit zwei Listen tritt die CVP des Kantons Schaffhausen bei den Nationalratswahlen im Herbst an. Zur Verfügung stellen sich Franz Marty, Thomas Theiler, Gregor Schweri und Marcel Stettler.
Nachgefragt
«Es braucht eine Kraft, die verbindet statt spaltet

Herr Pfister, unsere Schaffhauser Parlamentarier sitzen schon seit Jahren fest im Sattel. Hat die CVP überhaupt eine Chance?
Gerhard Pfister: Als kleine Partei im Kanton Schaffhausen wäre es vermessen, zu behaupten, wir hätten eine Chance. Doch die CVP Schaffhausen gibt einerseits eine zusätzliche Wahlmöglichkeit für eine bürgerliche Mitte, und andererseits leistet sie so einen Beitrag an den Erfolg der Mutterpartei, denn Wählerprozente werden immer wichtiger.
Sie wollen den Abwärtstrend der CVP mit einem neuartigen Wahlkampf stoppen. Auf was setzen Sie?
Wir sind jetzt bei den Werten, die wir vor vier Jahren hatten. Wenn wir weiterhin so arbeiten, könnte das einen Wahlerfolg geben. Wir setzen stark auf Social Media, haben Botschafter, die unsere Inhalte verbreiten, und neu ist auch, dass wir jedem Kandidaten Wahlziele geben.
Mit den Klimastreiks haben die Grünen einen Trumpf im Sack. Befürchten Sie nicht, dass die CVP dabei vergessen geht?
Nein, die CVP war die einzige bürgerliche Partei, die dem CO2-Gesetz zugestimmt hat. Unser Ziel war es immer, Wirtschaft und Umwelt nicht gegeneinander auszuspielen, sondern zu verbinden. Wir müssen auch nicht eine unglaubwürdige Kehrtwende machen, wie es zurzeit die FDP tut. Die Gewinne der Grünen sind die Verluste der SP, das linke Lager bleibt so konstant.
Sie sagten, die CVP halte als Partei der Konkordanz die Schweiz zusammen. Würde sie auch staatstragend sein, wenn sie unter 10 Prozent fiele?
Wir werden nicht unter 10 Prozent fallen, und im Ständerat bleiben wir die stärkste Kraft. Es wird ein Wahljahr der Konkordanz. Phänomene wie die Gelbwesten in Frankreich und die AfD in Deutschland zeigen, dass das Bewusstsein für Zusammenhalt immer mehr vernachlässigt wird. Da hat die Schweiz dank der CVP ein Erfolgsrezept. Es braucht eine Kraft, die verbindet statt spaltet.
Der CVP fehlen aber deswegen Ecken und Kanten. Muss die Partei besser kommunizieren, wofür sie brennt?
Das machen wir bereits. Nicht nur treten wir als Fraktion geschlossen auf, sondern wir haben auch die Debatte über Fundamentalismus und Rechtsstaat angestossen. Auch beim Sorgenkind Gesundheitswesen sind wir die einzige bürgerliche Partei, die Vorschläge macht. Es stimmt: Kompromiss ist kein Programm, doch Freiheit, Solidarität und Föderalismus sind es.
Die CVP hat lange vom Leuthard-Effekt profitiert. Wie stark ist der Amherd-Effekt?
Der Leuthard-Effekt hat der Partei sicher genützt, doch die Leute wählen die Partei, nicht die Bundesrätin. Viola Amherd hat sich schnell in dieses schwierige Departement eingearbeitet. Mit diesem sehr guten Start wird sie für die CVP sicher zur Fahnenträgerin.
Man hat Sie auch als inoffizieller Kandidat für den Bundesratssitz gehandelt. Was müsste passieren, damit Sie sich das überlegen?
Im Herbst war es für mich klar, dass ich als Parteipräsident ein Jahr vor den Wahlen nicht für den Bundesrat kandidieren kann. Das hätte der Partei nicht gutgetan. Wenn die CVP wieder zwei Sitze beanspruchen kann, würde der mich noch interessieren (lacht).
Sie sind oft in den Medien, weil Sie gerne streiten. Woher diese Schroffheit?
Auf Twitter geht es zum Teil heftig zu und her. Streiten zu können, gehört zu einer lebendigen Demokratie. Solange man nicht auf die Person, sondern aufs Argument zielt, darf man angreiferisch sein. Ich versuche zu zeigen, dass auch Mitte-Politik Ecken und Kanten hat.
Interview: Clarissa Rohrbach
Mit zwei Listen will die CVP Schaffhausen im kommenden Herbst bei den Nationalratswahlen auf Stimmenfang gehen. Nachdem sie bei den letzten nationalen Wahlen 2015 keine Kandidaten nominiert hatte, stellte sie gestern im Theaterrestaurant in Schaffhausen gleich deren vier vor. Gregor Schweri aus Schaffhausen und Marcel Stettler aus Neuhausen stehen auf der allgemeinen CVP-Liste, während Franz Marty aus Stein am Rhein und Thomas Theiler aus Neuhausen auf der CVP-KMU-Liste figurieren.
Vier Männer also. Die Frage, weshalb sich keine Frau auf einer der Listen befinde, beantwortete Nathalie Zumstein, Präsidentin der CVP Schaffhausen, gestern mit einem verschmitzten Lächeln: «Bei uns ist die Emanzipation so weit umgesetzt, dass wir beweisen müssen, dass die CVP Schaffhausen auch fähige Männer hat.» In Schaffhausen seien nämlich bereits wichtige Positionen von CVP-Frauen besetzt, so Zumstein.
Drei der vier vorgestellten Kandidaten bekleiden oder bekleideten bereits ein politisches Amt. So war Marty während 16 Jahren Kantonsrat und während 8 Jahren Einwohnerrat in Stein am Rhein, wo er eine Bäckerei betreibt. Er kandidiere insbesondere, weil es in Bern zu wenige KMU-Vertreter gebe. Theiler sitzt seit 1995 fast durchgehend im Neuhauser Einwohnerrat. Beruflich ist er als selbständiger Maler tätig. Marcel Stettler sitzt seit 2010 im selben Parlament wie Theiler. Er ist Mitinhaber der Firma Reasco, und er präsidiert zudem die Geschäftsprüfungskommission der Gemeinde Neuhausen. «Für mich sind Sachpolitik und die Konsensfindung zwischen den Parteien zentral», sagte er. Bis dato kein Amt ausgeübt hat Schweri, der als Raumplaner arbeitet. «Ich stehe für eine nachhaltige, eigenständige und familienfreundliche Politik», so Schweri.
An Bekanntheit gewinnen
Bei der Kandidatenvorstellung ebenfalls anwesend war gestern Gerhard Pfister, Präsident der CVP Schweiz. «Für die CVP ist es wichtig, in vielen Kantonen anzutreten», sagte er. Realistischerweise gehe man aber nicht von einem Sitzgewinn aus, sondern nutze den Wahlkampf, um die Partei und ihre Kandidaten bekannter zu machen. «Wahlkämpfe sind eine gute Möglichkeit, um Mitglieder zu gewinnen», so Pfister. Ob er Überzeugungsarbeit habe leisten müssen, damit die CVP Schaffhausen antrete? «Nein, überhaupt nicht», betonte Pfister. «Die Kantonalpartei hat entschieden, und ich darf mich herzlich bedanken.»
Und wie schätzen der Parteipräsident und die Kandidaten ihre Chancen ein? «Wichtig ist sicher, die Kandidaten für die kantonalen Wahlen aufzubauen», so Pfister. Das bestätigt Gregor Schweri: Zum Beispiel mit Blick auf die Wahlen für den Grossen Stadtrat 2020 gehe es darum, die Bekanntheit zu erhöhen. Marcel Stettler gab sich da etwas kämpferischer: «Es ist wie im Sport: Es gehen jetzt alle an den Start, und das Ziel ist im Herbst. Wer gewinnt, weiss man am Start noch nicht.»
Die Kandidaten im Interview
Marcel Stettler: «Erdrücken lassen darf man sich auf keinen Fall.»
Gregor Schweri: «Ich will an Bekanntheit gewinnen.»
Franz Marty: «Es gibt einfach zu wenige KMU-Vertreter in Bern.»
Thomas Theiler war an der Verkündigung der Kandidatur durch die CVP Schaffhausen nicht anwesend.