Diskriminierung durch Eurolohn? Bundesgericht klärt die Frage nicht

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Das Bundesgericht fällte ein anderes Urteil als das Obergericht Schaffhausen. Bild: Bundesgericht

Ein Schaffhauser Unternehmen muss seiner ehemaligen Angestellten keinen Lohn nachzahlen, weil es über Jahre das Salär in Euro ausbezahlte. Das entschied das Bundesgericht.

Das Bundesgericht hat die Klage von einer Grenzgängerin wegen Rechtsmissbräuchlichkeit abgewiesen, die sich auf das Diskriminierungsverbot des Freizügigkeitsabkommens beriefen. Ihr Lohn wurde infolge der Frankenstärke in Euro ausbezahlt.

Offen bleibt die Frage, ob das Diskriminierungsverbot für Private gilt. Nur zwei der Richterinnen sprachen sich dafür aus, dass das Diskriminierungsverbot des Freizügigkeitsabkommens (FZA) direkt anwendbar ist und auch für Arbeitsverträge zwischen einer Einzelperson und einem Angestellten gilt.

Zuvor hatte das Obergericht Schaffhausen der Frau Recht gegeben und das Unternehmen zu einer Nachzahlung von knapp 20'000 Franken verurteilt. Zudem sah das Obergericht in seinem Entscheid auch eine indirekte Diskriminierung gegeben und damit ein Verstoss gegen das Freizügigkeitsabkommen. Die tieferen Lebenshaltungskosten in Deutschland erachtete das Obergericht nicht als Rechtfertigungsgrund für die unterschiedliche Behandlung von deutschen und schweizerischen Arbeitnehmern. Zwar könne Lohn grundsätzlich in Euro ausbezahlt werden, da eine einvernehmliche Reduktion gemäss dem Obligationenrecht zulässig sei.

Drei Jahre später Lohn nachfordern ist rechtsmissbräuchlich

In den beiden behandelten Fällen, auch ein Grenzgänger aus dem Jura klagte, hatten die Arbeitnehmer in die Vertragsänderung, dass ihr Lohn in Euro ausbezahlt wird, eingewilligt. Aus diesem Grund war die Mehrheit der Richterinnen der Ansicht, die Arbeitnehmer hätten sich rechtsmissbräuchlich verhalten, wenn sie Jahre später Lohn nachfordern, der ihnen aufgrund des für sie ungünstigen Wechselkurses entgangen sei.

Sie führten zudem aus, die beiden Firmen hätten diese Massnahme getroffen, um Arbeitsplätze zu retten, als der Frankenkurs enorm hoch war und den Firmen stark zusetzte. Dies hätten die Angestellten in beiden Fällen gewusst.

Verband Angestellte Schweiz sieht Urteil sehr kritisch

Der Verband Angestellte Schweiz reagierte enttäuscht auf das Urteil, wie er in einer Medienmitteilung kurz nach Urteilsverkündung bekannt gab. Die Praxis, Löhne in Franken auszuzahlen «diskriminiert die Grenzgänger, weil diese das Währungsrisiko tragen müssen», heisst es dort. Dies verletze den Grundsatz des Arbeitsrechts, dass der Arbeitgeber das Risiko des Wechselkurses tragen muss, ebenso wie den Grundsatz «gleicher Lohn für gleiche Arbeit».

Ebenso problematisch sei in diesem Zusammenhang auch, dass durch diese Praxis Angestellte, die in Euro entlohnt werden zunehmend billiger werden. «Die Arbeitgeber werden so versucht, auch die Löhne in Franken zu senken oder vermehrt Grenzgänger einzustellen. Beides kann auf dem Schweizer Arbeitsmarkt nicht erwünscht sein».

Auch, dass das Gericht sich nicht klar für die eine oder andere Seite entschieden hat, wird von dem Verband kritisiert: Allgemein wurde erwartet, dass sich heute das Bundesgericht in die eine oder andere Richtung entscheidet. So bleibe die Frage, ob und zu welchem Kurs Löhne in Euro ausbezahlt werden können, weiter offen. «Das Bundesgericht hat somit die Chance verpasst, den Grundsatz ‹gleicher Lohn für gleiche Arbeit› hochzuhalten. Es hat den Arbeitnehmer vor der Wahl gelassen, entweder eine Diskriminierung zu akzeptieren oder die Stelle zu verlieren. Das ist eine schlechte Nachricht, nicht nur für Grenzgänger, sondern für alle Angestellten», sagte Pierre Derivaz, Rechtsanwalt der Angestellten Schweiz zu dem Urteil. (rd/sda)

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