Von halben Preisen, Spenden und Tierfutter

Weihnachtsverkauf: Momentan werden Produkte für den halben Preis angeboten. Was aber geschieht mit Produkten, die nicht verkauft werden?
Schokoweihnachtsmänner, festlich verpackte Pralinen und Christbaumkugeln präsentieren sich seit vorgestern noch farbiger – mit «-50%»-Aufklebern ziehen sie auch nach Weihnachten noch die Aufmerksamkeit der Kunden auf sich.
Weihnachtsprodukte sind jedes Jahr wochenlang allgegenwärtig. Wenn am 24. Dezember jeweils die Ladentüren schliessen und die Bevölkerung sich zurückzieht, um das Fest der Liebe zu feiern, ist im Idealfall viel Weihnachtliches verkauft worden. Aber eben nicht alles. Was also passiert nun, nach Weihnachten, mit all der glitzernden Dekoration oder mit den Weihnachtssüssigkeiten, die übrig geblieben sind?
«Die Weihnachtsprodukte sind auch nach Weihnachten weiterhin beliebt.»
Alena Kress, Mediensprecherin bei Coop
Schritt eins ist die Preisreduktion. «Die Weihnachtsprodukte sind auch nach Weihnachten weiterhin beliebt», sagt Alena Kress, Mediensprecherin bei Coop. Ziel sei aber, möglichst die Mengen zu beschaffen und zu produzieren, die auch verkauft werden könnten. Was auch nach der Preisreduktion übrig bleibe, werde an «Tischlein Deck Dich» oder die «Schweizer Tafel» gespendet. Das sind Organisationen, die einwandfreie, gespendete Nahrungsmittel an armutsbetroffene Menschen verteilen. Im Jahr 2017 habe Coop insgesamt 2200 Tonnen Lebensmittel gespendet, so Kress weiter. «Nicht mehr zum Verzehr geeignete Produkte werden als Tierfutter eingesetzt oder in Biogasanlagen verwertet.» Auch im Non-Food-Bereich bietet Coop einen Teil der nicht verkauften Produkte zu reduzierten Preisen an. «Andere Produkte, wie beispielsweise klassische rote Weihnachtskugeln, lagern wir, damit wir sie ein Jahr später wieder anbieten können.»
Auch die Migros bietet Weihnachtsartikel zuerst mit einem Rabatt von 50 und später 75 Prozent an. «Es wird praktisch alles verkauft», sagt Andreas Bühler, Leiter Kommunikation bei Migros. Nur beschädigte Produkte würden weggeworfen.
«Sparen, egal wie und womit»
Und wie beschreiben Schaffhauser Verkäuferinnen und Verkäufer die Situation nach Weihnachten? «Was nach der 50-Prozent-Reduktion übrig ist, wird für minus 75 Prozent an die Belegschaft verkauft», erzählt eine Coop-Mitarbeiterin. «In einem weiteren Schritt werden die Produkte an uns verschenkt.» Und wenn danach immer noch Produkte übrig seien, würden sie weggeworfen. «Es ist aber wirklich nicht viel, was in den Abfall kommt.»
Die Migros führe einen Feiertags-Dekorationsraum, wie ein Migros-Mitarbeiter erklärt. Nach Abbau der Dekoration in den Geschäften werde sie dort für das nächste Jahr aufbewahrt. Was den Weihnachtsschmuck im Verkauf anbelangt, werde auch dieser zuerst zu reduzierten Preisen angeboten. «Ware, die nach drei Wochen nicht verkauft ist, wird ins Verteilerzentrum zurückgeschickt.»
Der Mitarbeiter bestätigt, dass essbare, noch haltbare Produkte so lange ausgestellt bleiben, bis alles verkauft ist. «Warum die Kunden die Artikel noch kaufen, wenn Weihnachten vorbei ist? Weil sie sie eben zum halben Preis kriegen», sagt der Angestellte der Migros. «Sie wollen sparen, egal wie und womit.» Er kenne aber auch viele orthodoxe Kunden, die die reduzierten Artikel für ihr Weihnachtsfest am 7. Januar nutzten. Und schliesslich gebe es Konsumenten, die ihre Weihnachtsdeko zum halben Preis bereits für Dezember 2019 kauften. «Fleischwaren, die speziell für Weihnachten ins Sortiment genommen wurden, werden am Ablaufdatum zurückgeschickt und zum Teil zu Tiernahrung weiterverarbeitet.» Nichts werde grundlos weggeworfen. Auch beschädigte Ware, die noch konsumiert werden könne, versuche die Migros mit einem 75-Prozent-Rabatt an das Personal zu verkaufen.
Viel Dekoration landet im Müll
Auf dem kurzen Wegabschnitt des Produkts von den Filialen der Grossverteiler zum Kunden wird also möglichst wenig weggeworfen. Das gilt aber nicht für den ganzen Weg des Produkts. Tatsächlich entstehen gemäss Schätzungen der Food and Agriculture Organization (FAO) nur 4 Prozent der Lebensmittelabfälle bei Grossverteilern – und weit über 50 Prozent im privaten Konsum. Nur weil die Geschäfte durch Preisereduzieren, Spenden und Verschenken fast alle Weihnachtsprodukte loswerden, heisst das nicht, dass sie nicht im Abfall landen. Ähnliches gilt für Non-Food-Produkte, wie eine dritte Schaffhauser Verkäuferin, die ihren Arbeitsort nicht preisgeben möchte, sagt. Dabei spricht sie nicht von der Weihnachtsdeko im Verkauf, sondern von jener, die zur Schmückung der Geschäfte dient. «In unseren Abfallcontainern findet man viele angebrauchte, aber einwandfreie Artikel – Christbaumkugeln, Lichterketten, Geschenkbänder», sagt sie. Gebrauchte Artikel könnten nicht verkauft werden, und die Mitarbeiter dürften die Artikel nicht mit nach Hause nehmen. Der Grund sei die Angst der Arbeitgeber, dass Produkte von den Mitarbeitern in den Geschäften mit Absicht geöffnet oder genutzt werden könnten, damit sie sie kostenlos mit nach Hause nehmen könnten. «Ich verstehe den Gedanken, aber trotz allem finde ich es schade um die ganze Weihnachtsdekoration.»