Wo Fuchs und Hase Weihnachten feiern

Ulrich Schweizer | 
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Die Weihnachtsengelchen Alina (l.) und Ladina dekorieren mit ihrem Vater Jon Hostettler die Tische in der Hasenbuck-Hütte weihnachtlich. Bild: Selwyn Hoffmann

Die Hasenbuck-Hütte liegt mitten in einem Naturschutzgebiet auf dem Randen. Die Hüttenwarte Jon und Isabella Hostettler und ihre Töchter haben die Hütte für die Weihnachtstage vorbereitet.

Schon vor der Hütte stehen drei Holzhasen, und Füchse wohnen in diesem Naturschutzgebiet, einem lockeren Föhrenwald, natürlich auch. Zwischen den Bäumen steht eine Hütte aus dunklem Holz. «SAC-Hütte 1948, 810 m ü. M.» steht über der ­Eingangstüre. Eine Hütte des Schweizer Alpen-Clubs auf nicht einmal 1000 Metern über dem Meeresspiegel? Ja, wenn man dem Hüttenbuch trauen will: «Der Munotverein Schaffhausen widmet der Sektion Randen des SAC dieses Gästebuch in die Clubhütte auf dem Hasenbuck», heisst es da auf der ersten Seite. Und nein, denn die Hasenbuck-Hütte ist keine «ausgewachsene» Hochgebirgshütte, kein Ausgangsort für alpine Bergtouren wie die Martinsmad-Hütte oberhalb von Elm im Kanton Glarus, die ebenfalls der SAC-Sektion Randen ­gehört (vgl. Text unten).

Frauenschüeli und Gerstensuppe

Der Hüttenwart Jon Hostettler begrüsst uns. Er ist mit seinen beiden Töchtern ­gekommen, um die Hütte für die Weihnachtstage einzurichten. Die kleine Ladina wird im Frühling vier, ihre ältere Schwester Alina ist bald sieben Jahre alt. Wie es sich in einer SAC-Hütte gehört, tauschen sie ihre Schuhe gegen winzige Hüttenfinken, Crocs – oder kleine «Fraueschüeli», wenn man so will. Ende Mai, wenn die SAC-Sektion Randen ihre Blumenwanderung durchführt, werden hier oben original Fraueschüeli und weitere zwanzig Arten von Orchideen zu bewundern sein.

Die Weihnachtsdekoration für die Tische haben Alina und Ladina, die kleinen Weihnachtsengelchen, zum Teil selbst gemacht – Tannenzweige, weisse Säckchen mit einer Kerze, winzige Christbaumkugeln, Sterne. Die vier Tische mit hellen, blank gescheuerten Holzplatten aus Bergahorn sind so alt wie die Hütte selbst. Ein fünfter Tisch mit einer rot-weissen Decke ist etwas grösser, insgesamt finden in der Stube gut 30 Leute Platz. «An Heiligabend steht auch ein Weihnachtsbaum vor der Hütte, mit roten Kugeln und Schöggeli für die Kinder», verspricht der Vater.

Fünf, sechs Kisten trägt Hostettler in die Küche, darin sind Mandarinen und Nüsse, Rüebli, Sellerie und Lauch sowie ein Säckchen Rollgerste und etwas Trockenfleisch für eine Gerstensuppe, die er nach dem Rezept seiner Mutter kochen wird. Seine Frau Isabella kommt mit einem Rollschinkli nach, und die Familie bleibt von Heiligabend bis zum Stephanstag in der Hütte, tagsüber zwischen 10 und 17 Uhr ist sie auch für Gäste geöffnet. «Wenn es keine Gerstensuppe mehr hat, gibt es halt auch keine mehr», bemerkt Jon Hostettler trocken, während er die Lebensmittel verstaut.

Holzheizung und Regenwasser

In der Stube steht ein neuer Schweden­ofen, der rasch Wärme ausstrahlt und dessen Specksteinseiten sie auch speichern können. «Der alte Kachelofen brauchte schon ungefähr drei Stunden, bis die Wärme ­endlich durchkam», erzählt Ho­stettler und öffnet die Wärmeklappe über dem Ofen, damit die warme Luft ins Matratzenlager im ersten Stock ziehen kann. Nach etwa einer Stunde herrscht überall im unteren Stock wohlige Wärme.

Die Kücheneinrichtung ist letztes Jahr rundum erneuert worden. Mit ihren Stahl­fronten sieht sie aus wie eine kleine Profi­küche. Das Wasser wird indes noch von Hand gepumpt. Hier oben gibt es nur ­«Meteorwasser», wie der Fachmann sagt – also Regen und Tau, die vom Dach durch einen Quarzfilter in vier grosse Tanks im Keller geleitet werden. «Seit wir diese neue Zisterne in Betrieb haben, hatten wir nie mehr Wasserprobleme», sagt Hostettler.

Auf dem neuen Holzherd mit seinem Backofenfach steht ein Topf mit 15 Litern Wasser. «Das Meteorwasser dürfen wir nur verkaufen, wenn es abgekocht ist – als ­Kaffee, Tee oder Suppe», erklärt Hostettler. Das Abwasser aus der Küche und den Toiletten kommt in zwei Tanks, die je 7000 Liter fassen. Sie werden zweimal jährlich von einer Kanalreinigungsfirma geleert, die das Abwasser im Tankfahrzeug abführt.

Die Hasenbuck-Hütte ist eine Visitenkarte für die ganze SAC-Sektion Randen: leicht erreichbar, auch von Familien mit Kindern im Kinderwagen. In der Hochsaison im Sommer kann es schon vorkommen, dass an einem Wochenende tausend Franken eingenommen werden. Dank dem ehrenamtlichen Einsatz der elf Hüttenwartpaare wirft die Hütte Gewinn ab, der als Reserve für Renovationen zurückgestellt wird. Unter der Woche kann die Hütte auch gemietet werden, Anfragen für Reservationen und Übernachtungen nimmt der Hüttenchef Ruedi Flubacher entgegen.

Seit 70 Jahren ein Geheimtipp

«Bei einem Fest wussten zwei Drittel unserer Kollegen aus Schleitheim nicht, dass man in dieser Hütte auch übernachten kann» sagt Jon Hostettler. «Aber seit die Küche neu gemacht wurde und eine ­Toilettenanlage mit einem Damen- und ­einem Herren-WC angebaut ist, ist das ein anderes Schlafen hier oben.»

Beschlossen wurde der Bau der Hütte am 6. Dezember 1947. Schon tags darauf ging man an den Ausbau der Zufahrtsstrasse, und am 31. Januar 1948 erfolgte der Spatenstich. Ende März stand der ­Rohbau, und am 6. Juni wurde die Hütte ein­geweiht. Vereint leisteten 110 Mitglieder 4500 Stunden Fronarbeit. Die Baukosten beliefen sich auf 32'000 Franken – damit wurde das Budget nicht einmal um sieben Prozent überschritten.

Die Sektion Randen des Schweizer Alpen-Clubs betreibt zwei Hütten

Der Schweizer Alpen-Club (SAC) ist die Dachorganisation für Bergsteiger in der Schweiz. Er wurde im April 1863 auf Initiative von Rudolf Theodor Simler, ­Dozent für Chemie und Geologie an der Universität Bern, im Bahnhofbuffet ­Olten gegründet. Ende 1863 zählte der SAC bereits sieben Sektionen mit 358 Mitgliedern. Noch im Gründungsjahr wurde die erste SAC-Hütte gebaut, die Grünhornhütte in den Glarner Alpen. Heute betreiben die 111 SAC-Sektionen 153 Hütten in den Schweizer Alpen.

1900 zählte der SAC 43 Sektionen mit 6000 Mitgliedern. Dank der zunehmenden Erschliessung der Alpen, der wachsenden Anzahl SAC-Hütten und dem Aufkommen des Winteralpinismus, insbesondere des Skibergsteigens, wuchs der SAC in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewaltig, und 1963 zählte man 44 500 Mitglieder.

Frauen waren anfangs nur als Passivmitglieder geduldet, und 1907 wurden sie sogar ganz ausgeschlossen. 1918 gründeten Alpinistinnen einen eigenen Verein. Erst 1980 fusionierte der SAC mit dem Schweizerischen Frauen-Alpenclub, die Mitgliederzahl stieg sprunghaft auf 69'200 an. Seit 2013 wird der SAC von einer Frau präsidiert.

132 Jahre Schaffhauser Sektion

Die 1886 gegründete Sektion Randen umfasst heute rund 1000 Mitglieder aus dem Gebiet des Kantons Schaffhausen und der angrenzenden Regionen. Als Mitglieder willkommen sind alle, die die Berge lieben.

Die Martinsmad-Hütte oberhalb von Elm gehört der SAC-Sektion Randen. Bild: zvg

Die SAC-Sektion Randen besitzt und betreibt zwei unterschiedliche Hütten: Die Hasenbuck-Hütte liegt auf dem Randen in der Gemarkung der Gemeinde Merishausen. Der lichte Föhrenwald um die Hütte ist ein Naturschutzgebiet, in dem seltene Orchideen wachsen. Die Hütte ist das ganze Jahr über jeweils am Wochenende und an Feiertagen bewartet. Es werden Getränke ausgeschenkt und heisse Schüblinge serviert, und am Sonntagmittag gibt es eine haus­gemachte Suppe.

Die Martinsmad-Hütte liegt in einer wilden Landschaft oberhalb von Elm in Glarnerland. 1907 wurde sie als 100. SAC-Hütte eröffnet und 1995 umfassend saniert. Sie ist Ausgangspunkt für diverse Bergwanderungen und Klettertouren im Gebiet der Zwölfihörner, des Laaxer Stöckli und des Vorabs. Anderseits ist sie mit mehreren interessanten Zugängen vom Tal her ein schönes Ausflugsziel für Hüttenwanderer und Familien. (r.)

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