Bei Gewaltstraftaten belegte die Stadt Schaffhausen letztes Jahr einen Spitzenplatz

Mark Liebenberg | 
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In Sachen Gewaltdelikte steht die Stadt Schaffhausen in einer Städterangliste relativ weit oben. Bild: Pixabay

Pro Kopf gab es 2017 in der Stadt Schaffhausen mehr Gewalt als in der Stadt Bern oder in Winterthur. Schuld sei das Nachtleben, heisst es.

Die Stadt Schaffhausen – ein gewalttätiges Pflaster? Im Vergleich mit anderen Deutschschweizer Städten offenbar schon. Schaffhausen steht bei den Städten mit mehr als 30'000 Einwohnern in der Deutschschweiz bei den Gewaltdelikten pro Einwohner an vierter Stelle: Nach Basel, ­Zürich und Luzern, aber weit vor Städten wie Bern, Winterthur oder St. Gallen.

Zu diesem Befund kommt eine Städte­untersuchung des Bundesamtes für Statistik, die auf den Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2017 fusst. Wenn man alle 23 untersuchten Schweizer Städte – also auch jene in der Westschweiz – dazunimmt, rangiert Schaffhausen auf dem zehnten Platz. Basel führt das Ranking mit einem Wert von 13,7 Gewaltstraf­taten auf 1000 Einwohner an, gefolgt von vier Städten in der französischen Schweiz: La-Chaux-de-Fonds, Lausanne, Biel und Freiburg. Danach folgen Zürich, Neuenburg, Genf und Luzern. Schaffhausen folgt mit ­einem Wert von 8,6 Gewaltdelikten pro Jahr und 1000 Einwohner.

Die Rangliste, die nach dem brutalen Übergriff auf Frauen im Ausgang in Genf Anfang August in der NZZ veröffentlicht wurde, zeigt, dass es in der Romandie in den urbanen Zentren mehr Gewalt gibt als in der Deutschschweiz. Dass die Stadt Schaffhausen jedoch auf den unrühmlichen vierten Platz in der Deutschschweiz kommt, ist doch eher überraschend. Stadtrat Simon Stocker (AL), zuständig für die Sicherheit in der Munotstadt, bestätigt den Befund: ­«Natürlich ist es nicht schön, in einer solchen Rangliste oben zu stehen. Schockiert bin ich deshalb jedoch nicht.»

Unter den verglichenen Städten gebe es zum Teil grosse Unterschiede, weshalb eine solche Platzierung mit Vorsicht betrachtet werden müsse. «Schaffhausen liegt durch seine Grenznähe und Zentrumsfunktion exponierter und hat deshalb höhere Werte», sagt Stocker. Andere Städte am unteren Ende der Rangliste – wie Emmen, Thun, Chur, Uster oder Köniz – hätten ganz andere Ausgangslagen. «Der Vergleich hinkt deshalb ein wenig. Man darf eine solche Rangliste nicht überbewerten. Wichtig ist die effektive Sicherheitslage, und diese ist sehr gut in der Stadt Schaffhausen.»

Nachtleben, Drogen, Alkohol

Betrachtet man die zur Anzeige gebrachten Gewalttaten in der Stadt seit 2009, geht die Kurve bis 2013 leicht zurück. Und seit 2013 zeigt sie wieder leicht aufwärts. In absoluten Zahlen gesprochen wurden im Jahr 2017 in der Stadt 310 Gewaltstraftaten registriert, wovon die Polizei laut eigenen An­gaben 87 Prozent aufklären konnte. 193 dieser Straftaten wurden im öffentlichen Raum und 94 im privaten Bereich verübt, bei 23 Straftaten gibt es keine Angaben zur Örtlichkeit.

Den grössten Anteil an Gewaltstraftaten machten Tätlichkeiten (72), leichte Körperverletzungen (65) und Drohungen (55) aus. Schwere Gewaltstraftaten wurden 23 registriert. «Gemäss unseren Einschätzungen wurde eine grosse Mehrheit der Gewaltstraftaten im öffentlichen Raum in der Schaffhauser Ausgangsszene verübt und dies oft im Zusammenhang mit illegalen Drogen und Alkohol», erklärt Patrick Caprez, Medienverantwortlicher der Schaffhauser Polizei.

Anstieg trotz Überwachungskameras

Zu diesem Schluss kommt man auch im Stadthaus: «Die Statistik widerspiegelt sehr nachvollziehbar den Verlauf des Nacht­lebens in der Stadt», sagt Stocker. Vor 2013 sei das Nachtleben in der Stadt merklich zurückgegangen. «Die Altstadt war teilweise fast ausgestorben.» Ab 2013 zog es dann wieder spürbar an. Stocker sagt: «Das bestätigen uns auch die Bars und Tanzlokale. Und wenn das Nachtleben wieder aktiver ist, kommt es auch häufiger zu Konflikten und Gewaltdelikten.»

In der Altstadt, wo die Ausgehszene ­lokalisiert ist, gibt es zurzeit 22 Videokameras, die das Geschehen zwischen 18 und 7 Uhr erfassen. Vor einem Jahr zog der Stadtrat folgende Bilanz: «Die Kameras ­haben dazu beigetragen, dass sich die ­sicherheitsrelevanten Ereignisse in den vergangenen zwei Jahren auf einem tiefen Niveau gehalten haben». Der Städtevergleich zeigt nun aber, dass das Niveau mitnichten als «tief» bezeichnet werden kann. Stocker: «Die subjektive und objektive Sicherheitslage wird in der Bevölkerung heute als besser wahrgenommen als in den vergangenen Jahren. Videoüberwachung ist eine von vielen Massnahmen, die zur Prävention und vor allem auch zur Aufklärung von Straftaten beitragen kann.»

Die Stadt setze weiterhin auf ein Massnahmenpaket. «Dazu gehören Auflagen für die Barbetreiber, Türsteherpflicht, Videoüberwachung und Patrouillen der Schaffhauser Polizei.» Aber auch mit kleineren Verbesserungen, wie besserer Beleuchtung und der engen Zusammenarbeit aller Beteiligten inklusive der Polizei in einer Arbeitsgruppe, sei die Stadt gut aufgestellt. «Die Wirkung der einzelnen Massnahmen kann nicht in Prozent gewertet werden.»

Ein Blick auf die Zahlen der von der Schaffhauser Polizei erfassten Gewaltdelikte zeigt, dass die leichte zahlenmässige Zunahme von Gewalttaten wie Schlägereien und Raub besonders im Bereich des Bahnhofs zugenommen hat. Dort habe man die Videoüberwachung auch ausgedehnt, sagt der Sicherheitsreferent. «Noch liegen zu ­wenig Daten vor, um die Entwicklung ab­zuschätzen.»

Keinen besonderen Handlungsbedarf sieht man momentan auch bei der Polizei. «Aufgrund der leichten Zunahme an Gewaltstraftaten passen wir das Dispositiv unseres bestehenden Mannschaftsbestandes stetig an», erklärt Caprez. «Die Bevölkerung fordern wir weiterhin auf, konsequent jedes Gewaltdelikt zur Anzeige zu bringen.»

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