«Hohe Rückfallgefahr»: Obergericht bestätigt verschärfte Strafe

Isabel Heusser | 
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Der junge Mann blitzte am Obergericht ab. Archivbild: Selwyn Hoffmann

Ein junger Straftäter wehrte sich vor Obergericht gegen die Verlegung in eine geschlossene Einrichtung. Umsonst.

In seinem Leben sind schon einige Straftaten zusammengekommen: Ein junger Mann aus dem Kanton Schaffhausen wurde im November 2016 vom Kantonsgericht wegen versuchter schwerer Körperverletzung, einfacher Körperverletzung, mehrfachen Diebstahls, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, Hinderung einer Amtshandlung, Gewalt und Drohungen gegen Behörden und Beamte sowie mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes schuldig gesprochen und mit neun Monaten Freiheitsentzug bestraft. Dazu ordnete das Gericht eine offene Unterbringung und eine ambulante Massnahme an. Im Juli 2016 wurde er im Massnahmenzentrum Kalchrain platziert.

Rund ein Jahr später, im Dezember 2017, verschärfte das Kantonsgericht auf Antrag der Jugendanwaltschaft die Strafe und ordnete eine Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung an. Dagegen reichte der junge Mann Beschwerde ein beim Obergericht – und blitzte damit ab.

Zweimal geflüchtet

Wie aus dem nun vorliegenden schriftlichen Entscheid des Obergerichts hervorgeht, hat der junge Mann – sein genaues Alter wird nicht angegeben – schon zahlreiche Einrichtungen von innen gesehen, unter anderem war er in zwei kantonale Gefängnisse verlegt worden. Aktuell befindet er sich in einer psychiatrischen Klinik.

Im Februar und im Juli 2017 war er aus der offenen Unterbringung im Massnahmenzen­trum Kalchrain geflüchtet; bei der zweiten Flucht konnte ihn die Polizei erst über drei Monate später, im Oktober, festnehmen. Das Kantonsgericht kam daraufhin zum Schluss, dass die Behandlung der Persönlichkeitsstörung und der psychotischen Verletzlichkeit des Mannes in einer geschlossenen Einrichtung wegen der Fluchtgefahr erforderlich erscheine. Weil der zuständige Gutachter eine hohe Rückfallgefahr bezüglich Gewaltdelikten in der Freiheit diagnostiziert habe, sei eine geschlossene Unterbringung auch zum Schutz Dritter anzuordnen. Im Januar dieses Jahres wurde der junge Mann in die geschlossene Abteilung des Massnahmenzentrums Uitikon eingewiesen.

Gemäss Gutachter gibt es kaum eine Einrichtung, die allen Bedürfnissen des Täters gerecht werden kann.

Der Mann argumentierte, die knappe Begründung des Kantonsgerichts vermöge einer Überprüfung nicht standzuhalten. Aus der Tatsache, dass er zweimal flüchtete, lasse sich keineswegs ableiten, dass von vornherein nur eine Verschärfung des Regimes konsequent sein könne. Das Kantonsgericht habe sich in keiner Weise mit den Erfolgschancen einer Unterbringung gegen seinen Willen auseinandergesetzt. Die mehrmonatige Abwesenheit vom Massnahmenzentrum habe gezeigt, dass er in der Lage sei, ein unspektakuläres und im Rahmen der Legalität orientiertes Leben zu führen.

«Hochgradige Instabilität»

In seinem Entscheid verweist das Obergericht auf ein psychiatrisches Gutachten vom Februar 2017. Darin schrieb der zuständige Psychiater, die Kriminalprognose des jungen Mannes müsse bei der aktuellen psychischen Gesamtverfassung als ungünstig beurteilt werden, zumindest wenn man ihn in Freiheit entliesse. Das Rückfallrisiko sei insbesondere für Gewalttaten substanziell, es bestehe aber auch für andere Delikte, in denen er schon auffällig geworden sei. Es gebe angesichts der multiplen Problembelastung kaum eine Einrichtung, die allen Bedürfnissen gerecht werden könne. Laut Gutachter wäre es sinnvoll, die Massnahmenfähigkeit unter klaren Vorabsprachen in einem Massnahmenzentrum mit geschlossenem Bereich und unter optimaler medikamentöser Einstellung gegen psychotische Einbrüche sowie unter kontrollierter Drogenabstinenz vorsichtig auszuloten. Angesichts der hochgradigen Instabilität würde ein ambulantes Setting klar zu wenig Halt gebende Struktur bieten.

Für das Obergericht steht fest, «dass die erforderliche Kontinuität der Behandlung lediglich in geschlossenem Rahmen sichergestellt werden kann». Dies gelte umso mehr, als selbst im gut bewährten Unterbringungsrahmen wie dem Massnahmenzentrum Kalch­rain die Behandlung letztlich scheiterte, während im hoch strukturierten und garantiert drogenfreien Sicherheitsrahmen eines Kantonalgefängnisses zumindest eine gewisse Stabilisierung habe erzielt werden können. Das Kantonsgericht habe die Massnahme zu Recht verschärft.

In seiner Beschwerde hatte der junge Mann auch beantragt, in Freiheit entlassen zu werden. Ein allfälliger Antrag auf Aufhebung der Massnahme aufgrund Therapieunfähigkeit sei an die Jugendanwaltschaft zu richten, so das Obergericht. Dies hat der junge Mann im Januar dieses Jahres denn auch getan.

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