Von der Werbung über Globi auf den Randen

Ulrich Schweizer | 
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Gestern fand in der Orangerie der Stadtgärtnerei Schaffhausen die Vernissage der Ausstellung «Peter Heinzer – eine Zeitreise durch sein Lebenswerk» statt.

Ein wenig erinnerte die Vernissage an ein grosses Familientreffen: Ruth Heinzer, Peter Heinzers Witwe und die Organisatorin der Ausstellung, begrüsste am Eingang, vor Peters Staffelei, über hundert Gäste per Handschlag, je nachdem auch mit Küss­chen oder einer Umarmung.

«In der kalten Jahreszeit stehen in diesem Raum Pflanzen zum Überwintern, jetzt sind hier Bilder ausgestellt, die Blumen, Pflanzen und Bäume zeigen», sagte Stadträtin Katrin Bernath in ihrer Begrüssung. «Besonders angesprochen haben mich Heinzers Randenbilder», bekannte sie. Für alt Stadtrat Urs Hunziker, der die Laudatio hielt, ist Heinzer mit seinem «feinen, oft hintergründigen Humor» an Vielseitigkeit kaum zu übertreffen: «Seine Karikaturen sind mit spitzer Feder gezeichnet und lassen keine Zweifel offen, wie der Künstler zu gewissen politischen Themen stand», stellte Hunziker fest und nannte als Beispiel eine Zeichnung für den «Nebelspalter», die Blocher beim Verfassen einer 1.-August-Rede zeigt, und das Plakat «Volk, dein Bier» von 1975 gegen das geplante Kernkraftwerk Kaiser­augst, das die Brauerei Feldschlösschen mit zwei Kühltürmen versah.

«Giovanni Segantini ist der Maler des Engadiner Lichts – in Randen­wäldern muss ich an Peter Heinzer denken, sehe sein typisches ‹Heinzerlicht›.»

Urs Hunziker, alt Stadtrat

Ab 1996 konnte Peter Heinzer sich wieder vermehrt der Ölmalerei widmen, seine Bilder widerspiegelten das Wasser des Rheins und des Untersees im wahrsten Sinne. Von Hemmental aus habe er mit seiner Frau Ruth die Randenwälder und -höhen erwandert, mit dem Velo erfahren und dabei einen eigenen Stil entwickelt: «Er verstand es wie kein Zweiter, die Landschaften ins richtige Licht mit all seinen Facetten zu rücken. Mal matt, mal grell fällt es in Bäume und Landschaften. Giovanni Segantini ist der Maler des Engadiner Lichts – in Randenwäldern muss ich an Peter Heinzer denken, sehe sein typisches ‹Heinzerlicht›.»

Von der Grafik zur Landschaftsmalerei

Sechs Stellwände geben in der Verkaufsausstellung einen Überblick über Peter Heinzers Lebenswerk: Da sind die Lehrjahre mit Kohle- und Farbstiftskizzen und die Werbejahre mit dem «Redivogel», dem farbenfrohen frechen Werbepapagei für die Rediffusion, der als bunter Archeopterix durch die Bilder flattert und wie ein Urahn von Globi anmutet. Eskortiert wird er von Captain Kid, Pedro Asnito und Sheriff Sam, drei weiteren Geschöpfen aus Heinzers Werbegrafikfeder.

Wichtig war die Globi-Zeit: 23 Jahre arbeitete Heinzer für den Globi-Verlag, schuf 20 klassische Globi-Bände, von der Idee über das Storyboard bis zum gemalten Buchcover. In der Ausstellung ist eine Gruppe von vier Kindern gerade daran, in ausgesprochen fröhlicher Stimmung die Entstehung einer Globi-Seite nachzuvollziehen – vom ersten Entwurf, der den Handlungsablauf in sechs Zeichnungen skizziert, über die zweite, grössere und ausgearbeitete Skizze bis zur Reinzeichnung. Hinter diesen Schritten steckte viel Arbeit: Für einen Band «Papa Moll» zum Beispiel kamen gemäss Heinzers Aufstellung 710 Arbeitsstunden zusammen.

Auf den letzten beiden Stellwänden sind Heinzers Landschaften in Kreide, Aquarell, Tusche und Öl zu bewundern, und an der Sichtziegelmauer der Orangerie leuchten seine grossen Ölbilder vom Randen.

Geöffnet ist die Ausstellung vom 26. Juni bis 15. Juli, Dienstag bis Sonntag von 13 bis 17 Uhr.

Kreativ mit Bleistift, Tuschfeder und Pinsel

Peter Heinzer wurde 1945 in Stein am Rhein geboren, besuchte die Vorbereitungsklasse der Kunstgewerbeschule Zürich und machte danach eine Grafiklehre in der Cilag Chemie bei Eugen Uhl, wo er Zeit, Raum und Unterstützung im Malen, Zeichnen und Fotografieren fand. Nach sechs Jahren in der Werbung machte er sich selbständig und schuf Comics, Cartoons und Zeichentrickfilme. Der bunte Redi-Papagei ist seine Schöpfung, Globi und Papa Moll zeichnete er kongenial weiter (Bild rechts).

Als der Globi-Zeichner Robert Lips 1975 starb, kam der Globi-Verlag in eine Krise. 1979 schickte Heinzer ein paar Probeseiten an den Verlag – und wurde umgehend aufgefordert, die Originale nachzuliefern: Man konnte nicht glauben, dass jemand den Liebling der Schweizer Kinder so präzise zu zeichnen verstand.

Heinzer machte sich an die Arbeit, sein erster Band erschien 1980: Nr. 47, «Globi im Wilden Westen».

«Es ist zu wenig anerkannt, dass Peter Heinzer damit den Globi-Verlag gerettet hat.» - Guido Strebel, Leiter globi-Verlag bis 19

«Es wird zu wenig anerkannt, dass Peter Heinzer damit den Globi-Verlag gerettet hat», sagte der damalige Verlagsleiter Guido Strebel im Rückblick. Heinzer erfand und zeichnete die Geschichten zu 20 Globi-Bänden, Strebel dichtete die typischen Verse dazu. Jeder Band kam auf eine Auflage von mehr als 30 000 Stück, sie zählen bis heute zu den beliebtesten Globi-Büchern. 2003 erschien Nr. 71, «Globi für alle Fälle», als Heinzers letzter Band. Aus Heinzers Nachlass sind an der Ausstellung Erstausgaben zu erwerben, die er mit einer signierten Originalzeichnung versehen hat:

48 Globis Abenteuer im Traumland

49 Globi bei den Höhlenbewohnern

50 Wie Globi Ritter wurde

51 Globis Schweizerreise

52 Globi bei der Feuerwehr

53 Globi der Seefahrer

54 Globi bei den Pfadfindern

55 Globi bei der Rettungsflugwacht

56 Globi und Kasperli

57 Globis Abenteuer im Weltraum

58 Globi und Wilhelm Tell

59 Globis Geburtstag

61 Globi im Nationalpark

62 Globi hilft der Polizei

63 Globi und der Madagaskarvogel

64 Globi und Panda auf Weltreise

66 Hotel Globi

70 Globis Zoo

Auf der Homepage des Globi-Verlags sucht man Peter Heinzer in der Liste der Autoren und Illustratoren indes vergeblich. Es handele sich da um ­einen «technischen Fehler, der baldmöglichst behoben werde», teilte man den SN auf Anfrage mit. (us)

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