Verbales Kräftemessen der Kandidatinnen

Mark Liebenberg | 
Noch keine Kommentare

Am SN-Podium kreuzten gestern die Regierungsratskandidatinnen Cornelia Stamm Hurter und Claudia Eimer die Klingen.

Die Frau, die Rosmarie Widmer Gysel (SVP) in der Schaffhauser Kantonsregierung ersetzen wird, sass gestern auf dem Podium. Noch ist zwar nicht klar, ob Cornelia Stamm Hurter (SVP) oder Claudia Eimer (SP) vom Volk am 26. November auf den Regierungssitz befördert wird. Es begann sehr gesittet gestern im Zunftsaal zun Kaufleuten, als die beiden Kontrahentinnen vor vollem Saal aufeinandertrafen. Beide attestierten einander, valable Kandidatinnen zu sein – immerhin.

«Jetzt ist eine gute Chance für Mitte-links-Grün, nachdem das Volk die Regierung so oft korrigieren musste.»

Claudia Eimer, über ihre Wahlchancen

SN-Redaktor Zeno Geisseler brachte schnell kritische Punkte zu beiden Kandidatinnen, die auf kantonaler Ebene beide keine Erfahrung haben, zur Sprache. Wieso sollte es Claudia Eimer als erste SP-Kandidatin schaffen, den 2000 verlorenen zweiten linken Sitz in der Kantonsregierung zurückzuerobern? «Ich bringe einen gut gefüllten Rucksack als Stadtpräsidentin von Stein mit, der gerade auch Erfahrung mit der Finanzverantwortung beinhaltet», sagte Eimer. Sie, als Hoffnungsträgerin gestartet, trat allerdings schon nach vier Jahren wieder zurück, nachdem verschiedentlich ihr Rücktritt gefordert worden war. «Es gab politische Angriffe auf mich, weil ich für einen Kulturwandel und einen partizipativen Führungsstil stand. Ich muss mir nichts vorwerfen, der Leistungsausweis für diese Amtszeit stimmt.» Nicht nur deshalb sieht sie auch ihre Wahlchancen intakt: «Jetzt ist ein gute Chance für Mitte-links- und grüne Wähler, einen zweiten Sitz in der Regierung zu holen – gerade weil das Volk den bürgerlichen Regierungsrat in letzter Zeit so oft korrigieren musste.»

Anders die Ausgangslage für SVP-Grossstadträtin Cornelia Stamm Hurter. Wird sie als liberale SVPlerin sich von den Hardlinern in ihrer Partei vor sich hertreiben lassen? «Nein, ich erwarte nicht, dass das Regierungsamt ein Ponyhof sein wird, ich kann auf alle zugehen, bin stets gesprächsbereit, und am Schluss muss man eine überzeugende Politik zusammen machen.» Ihre fehlende Exekutiverfahrung betrachtet die Richterin nicht als Manko. «In vielen Jahren als Verwaltungsrichterin habe ich einen sehr guten Überblick über alle Bereiche der Verwaltung und ihr Funktionieren gewonnen.» Im Leben habe bisher auch wegen des Familienlebens mit den bei- den jetzt volljährigen Töchtern der Zeitpunkt nie gestimmt für eine Exekutivkandidatur, sagte Stamm Hurter.

«Wenn wir Arbeitsplätze und junge Leute wollen, dann müssen wir attraktiv für die Unternehmen sein.»

Cornelia Stamm Hurter, über die nächste Unternehmenssteuerreform

Anhand zweier aktueller Dossiers demonstrierten die Kandidatinnen dann ihre grossen parteipolitischen Differenzen. Ein Minipodium entwickelte sich zur am Tag der Regierungsrats-Ersatzwahl anstehenden Volksabstimmung «7to7» für kostenlose Tagesschulen im Kanton und zum moderateren Gegenvorschlag dazu. Eimer zitierte eine Studie, die vorrechnet, dass jeder in die Tagesbetreuung investierte Franken dreimal an Steuereinnahmen durch die vermehrte Arbeitstätigkeit von Müttern wieder zurückfliesse. «7to7» sei der richtige Weg. Stamm Hurter zog dies vehement in Zweifel: «Es ist keine liberale Lösung, den Gemeinden ein ganz starres und teures System aufzuzwingen.» Ihre Erfahrungen aus der Stadt zeigten, dass der Bedarf kleiner sei als angenommen. «Es ist einfach, Geld zu verteilen, aber man sollte es vorher reinholen.» Und da war man stracks beim zweiten umstrittenen Thema: bei der Neuauflage einer Unternehmenssteuerreform 2017 (welche beide Kandidatinnen als zentrales Anliegen im Wahlkampf auflisten). Stamm Hurter: «Wenn wir attraktiv sein wollen für junge Leute, dann brauchen wir innovative Arbeitsplätze, also müssen wir attraktiv sein gerade für die internationalen Unternehmen.» Ein Steuerfuss von 12 oder 12,5 Prozent sei daher erstrebenswert. Diesen Steuerfuss befürwortete die Sozialdemokratin zwar ebenfalls, aber Eimer will ihn durch soziale Kompensationen abfedern und eine weniger wirtschaftsnahe Lösung aufgleisen als beim letzten Mal.

Etwas verdutzt reagierten die Kandidatinnen dann schon, als der Moderator ihre Schlagfertigkeit jenseits von harten Politikthemen testete. Zum Beispiel den Räbeliechtliboykott der Kindergärtnerinnen (viel Verständnis für die Kindergärtnerinnen gab’s von Eimer, viel Verständnis für das Unverständnis von Eltern und Kindern von Stamm Hurter). Und Gleichstand herrschte zwischen den Kandidatinnen bei einer Frage: Beide wussten nicht, wer oder was Min King ist.

Das Ganze Gespräch mit Claudia Eimer und Cornelia Stamm Hurter gibt es hier.

Regierungsratswahl: Die zwei Kandidatinnen

Cornelia Stamm Hurter (*1962) aus der Stadt Schaffhausen studierte an den Universitäten Fribourg und Exeter Jurisprudenz. Seit 1993 ist sie Schaffhauser Oberrichterin, seit 1995 auch ausser­ordentliche Bundesrichterin im Nebenamt. Sie ist seit 13 Jahren für die SVP Mitglied des Gros- sen Stadtrats Schaffhausen und hatte 2015 den Ratsvorsitz inne. Cornelia Stamm Hurter ist verheiratet mit Thomas Hurter und hat zwei erwachsene Töchter.

Claudia Pia Eimer (*1962) aus Stein am Rhein machte zuerst das Lehrerseminar und studierte danach an der Universität Zürich Psychologie, Volkskunde sowie Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Sie ist selbständige Psychologin und Naturheilpraktikerin sowie Stadt- und Museumsführerin. Von 2012 bis 2016 war sie Stadtpräsidentin von Stein am Rhein, davor, von 2009 bis 2012, Einwohnerrätin, ­beides als Parteilose. Seit 2017 ist Claudia Eimer Mitglied der SP.(r.)

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren