Auf dem letzten Weg individuell betreut

Tito Valchera | 
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Palliative Care: Auf die Bedürfnisse von todkranken Menschen eingehen. Symbolbild: Pixabay

Palliative Care möchte für todkranke Patienten bis zum Schluss eine möglichst hohe Lebensqualität gewährleisten.

«Mich soll es nicht mehr geben auf dieser Welt, was für ein schräger Gedanke.» Dieser Satz ist Ingo Bäcker, seit viereinhalb Jahren Seelsorger im Kantonsspital Schaffhausen, speziell in Erinnerung geblieben. In ihr Tagebuch geschrieben hatte ihn eine im Sterben liegende 26-jährige Patientin, als sie ihre Diagnose erhielt. Bäcker hat sie in ihren letzten Tagen begleitet. Er hat ihre Geschichte erzählt, um über ­Palliative Care zu berichten. Am Dienstagabend fand im katholischen Pfarreizentrum Neuhausen der dritte Abend der Vortragsreihe «Der Tod – (k)ein Tabuthema» statt. Der Begriff «Palliative Care» setzt sich aus «palliare», lateinisch «den Mantel um jemanden legen», und «care», englisch «Pflege oder Fürsorge», zusammen. Er bedeutet somit eine Art «Ummantelung» und steht für den Bereich der Medizin, der sich für das Wohlbefinden sterbender Patienten einsetzt. Das Ziel dabei ist nicht mehr die Heilung des Patienten, sondern seine Lebensqualität bis zum Ableben zu erhalten.

Passendes Begleiten

«Diese sterbende, junge Frau hat ein für sie passendes ‹Mäntelchen› und nicht eines von der Stange gehabt», sagte Bäcker. Ihr wurden aufgrund eines aggressiven Eierstockkrebses nur noch 24 Stunden zum Leben prognostiziert, schliesslich wurden es aber noch drei Lebenswochen. «In dieser Zeit habe ich eine junge, starke Frau kennengelernt, die genau wusste, was sie wollte, und sich auch bewusst war, dass sie sterben würde», sagte Bäcker. Sie sei in einem Einzelgespräch sehr schnell auf das Thema Begräbnis gekommen und habe ihre Wünsche angebracht.

«Bei Palliative Care gilt es, auf die Bedürfnisse und Wünsche einzugehen.»

Ingo Bäcker, Seelsorger im Kantonsspital Schaffhausen

Kantonales Schaffhauser Konzept

Nicht alle todkranken Menschen hätten das Bedürfnis, über den Tod zu sprechen, schilderte Bäcker seine Erfahrungen. «Es gilt bei Palliative Care im Allgemeinen, wie auch als Seelsorger und Teil dieses Konzeptes, auf die Bedürfnisse und Wünsche einzugehen und den Emotionen, die gerade da sind, Platz zu geben», so Bäcker. Denn Kranksein, Abschiednehmen und Sterben seien eine sehr individuelle Erfahrung.

Ein solches persönliches Setting habe die Frau im Palliative-Care-Zen­trum in Winterthur im Kreise der Familie gehabt, und zwar ohne die sterile, klinische und kalte Spitalatmosphäre. «Alle nahmen diese restlichen ihr verbliebenen drei Wochen als zusätzliches Geschenk wahr», schloss Bäcker.

Was es für ein professionelles, umfassendes Palliative-Care-Konzept braucht, erläuterte der Referent nicht nur anhand von konkreten Beispielen. Er lieferte den rund 30 Zuhörern in gesetztem Alter auch einen Überblick über die Situation in Schaffhausen. Im Rahmen von Palliative Care Schweiz gibt es 14 Sektionen, darunter seit dem Jahr 2000 auch eine Sektion Zürich-Schaffhausen. Weiter gibt es dazu ein regionales ökumenisches Seelsorgekonzept. Im Rahmen der kantonalen Strategie werden in Schaffhausen derzeit verschiedene Massnahmen wie beispielsweise eine Bildungsoffensive bei den Beteiligten, ein mobiles Palliative-Care-Team, aber auch der Aufbau eines Sterbehospizes in die Wege geleitet. «In den letzten zweieinhalb Jahren wurde hier viel Boden gutgemacht, nachdem vorher eher wenig passiert war.» Abschliessend spielte der Seelsorger auf seiner Gitarre noch ein zur Thematik passendes Lied von Reinhard Mey. Der Titel: «Nein, ich lass dich nicht allein».

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