«Die Sache und die Leute sind mir ans Herz gewachsen»

Clio Zubler | 
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Judith Pallotta kocht in der Gassenküche und hat neuerdings auch die Leitung des Betriebs inne. Bild: Clio Zubler

Judith Pallotta weiss am Morgen nie, was sie erwartet. Genau das schätzt sie an ihrer Arbeit. Die neue Leiterin der Gassenküche ist unser Kopf der Woche.

Die Gassenküche liegt an der Hochstrasse in Schaffhausen. Ein langer Gang im grossen Gebäude führt entlang eines Büros und des Esssaales zur Küche. Dort spricht Judith Pallotta gerade mit zwei ihrer Mitarbeiter. Die freundliche Frau hat kurze Haare und trägt pinke Ohrringe in Form von Blumen. Sie hat neuerdings die Leitung der Gassenküche inne, denn ihre Vorgängerin Karola Lüthi ist die neue Munotwächterin.

«Ich arbeite seit 2009 in der Gassenküche», sagt Pallotta. Damals hätte man dringend eine Köchin gesucht. Sie sei gerne geblieben. «Die Sache und die Leute sind mir ans Herz gewachsen.» Als Pallotta angefragt wurde, ob sie die Leitung in der Gassenküche übernehmen wolle, habe sie zuerst gezögert, dann aber zugesagt. «Ich dachte: wieso nicht?» Ausserdem hätten die Reaktionen ihrer Gäste sie motiviert.

Fast wie eine Dorfbeiz

Am Wochenende kommen jeweils knapp 20 Personen zum Mittagessen in die Gassenküche. Unter der Woche sind es zwischen 30 und 40 Personen. Die Hälfte der Gäste sind jeweils Teilnehmer des Taglöhnerprogramms der Stiftung Impuls. «Sie müssen hier essen», erklärt die 39-Jährige. «Wir haben an nur zwei Tagen im Jahr geschlossen», sagt sie nicht ohne Stolz. Ihre Gäste seien grösstenteils vereinsamte Menschen, ältere Herren, die nie gelernt hätten zu kochen, Leute ohne Ehepartner mit einem schmalen Portemonnaie. Pallotta meint: «Ich finde den Begriff ‹sozial Randständige› ein Unwort.» Viele kommen seit Jahren, einige nur für ein paar Monate. «Über einige wissen wir viel, von anderen kaum ihren Namen.» Pallotta spricht mit viel Respekt von den Besuchern der Gassenküche, das ist einer der Grundsätze des Vereins für Jugendfragen, Prävention und Suchthilfe (VJPS), der unter anderem die Gassenküche betreibt.

«Einerseits ist die Arbeit hier völlig anders als in einem normalen Restaurant», beschreibt Pallotta ihre Tätigkeit. «Andererseits ist die Gassenküche vielleicht mit einer Dorfbeiz zu vergleichen.» Auch dort würde der Wirt an den Tisch sitzen und mit seinen Gästen diskutieren. Pallotta pflegt viele persönliche Gespräche mit ihren Gästen. «Manchmal erzählen sie einfach, manchmal fragen wir nach.»

Wenn man Pallotta fragt, was sie am wenigsten gerne in ihrem Beruf mache, fällt ihr eigentlich nichts ein. «Ich weiss nie, was der Tag mir in der Gassenküche schenkt.» Das meint sie aber positiv. Sie freut sich ausserdem jeweils über die vielen positiven Rückmeldungen ihrer Gäste.

Zur Person

Alter 39 Jahre

Zivilstand verheiratet

Wohnort Feuerthalen

Hobbys Yoga, joggen, nähen, Natur

Aktuelle Lektüre «Die Frau, die allen davonrannte» von Carrie Snyder

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