Wo es für die Velofahrer gefährlich wird

Moritz Bolli | 
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Der Platz ist beschränkt, auf dem sich Velofahrer und Autos bewegen. Besonders jetzt in der warmen Jahreszeit entstehen Nutzungskonflikte.

Ein Velofahrer durchfährt, aus Richtung Schwabentor kommend, die Adler-Unterführung nahe des Bahnhofs Schaffhausen. Nun will er nach links in die Spitalstrasse einbiegen. Von hinten kommt ein Auto, das nach rechts in die Hochstrasse einbiegen will. Eine heikle Situation: Gibt der Velofahrer kein Handzeichen oder möchte der Automobilist doch noch zum Überholen ansetzen, herrscht Kollisionsgefahr. Solche Begegnungen häufen sich, sobald mit dem Frühlingsbeginn die Velosaison startet. Doch der öffentliche Raum ist begrenzt. Fussgänger, Velofahrer und Automobilisten teilen sich dieselben Strassen. Gerade zu den Hauptverkehrszeiten sind Konflikte, wie es das obige Beispiel zeigt, vorprogrammiert.

Das hat auch die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) realisiert. In ihrer neusten Präventionskampagne macht sie darauf aufmerksam, dass bei fast der Hälfte der Velounfälle der Velofahrer der Hauptschuldige ist (Selbstunfälle miteingerechnet). Bringen sich also Personen, die mit einem Zweirad unterwegs sind, selbst unnötig in Gefahr? Pro Velo Schweiz hat auf die Kampagne mit einer Medienmitteilung geantwortet. In dieser heisst es, dass schlecht geführte Velowege und Radstreifen Velofahrende dazu verleiteten, auf andere sicherere Wege, wie das Trottoir, auszuweichen.

In Legislaturzielen berücksichtigt

Simon Furter, Geschäftsführer von Pro Velo Schaffhausen, sieht das ähnlich: «Es braucht eine Infrastruktur, die für die Velofahrer sicher und komfortabel ist.» Auch für Martin Baggenstoss von der Fachstelle Langsamverkehr des Kantons und der Stadt Schaffhausen ist eine gute Infrastruktur für alle Verkehrsteilnehmer wichtig. Hier sei die Politik und das Tiefbauamt gefordert. So will der Schaffhauser Stadtrat in seinen Legislaturzielen 2017 bis 2020 bestimmte Massnahmen aus dem Agglomerationsprogramm schrittweise realisieren. «Die Velo- und Fussgängerbrücke Duraduct wird darin namentlich erwähnt», hält Stadtpräsident ­Peter Neukomm fest. Weiter möchte der Stadtrat das «bestehende städtische Gesamtverkehrskonzept von 2008 als Grundlage für eine gesamtheitliche Mobilitätsplanung weiterentwickeln», so Neukomm weiter.

Doch Konzepte allein reichen nicht. Es brauche ein gutes Klima zwischen den verschiedenen Teilnehmern, sagt Baggenstoss. «Es kann nicht sein, dass Velofahrer Rotlicher überfahren oder das Trottoir fahrend benutzen.» Aber auch die Automobilisten müssten sich umsichtig verhalten. So haben die Verkehrsunfälle mit Velobeteiligung im Kanton Schaffhausen im vergangenen Jahr um einen Drittel, von 33 auf 44, ­zugenommen. Davon ereigneten sich 18 Unfälle auf dem Gebiet der Stadt Schaffhausen.

«Dooring» als Gefahr

Die interaktive Karte oben zeigt gefährliche Örtlichkeiten in der Stadt Schaffhausen. Kreisel gibt es in der Schweiz seit den Achtzigerjahren, dennoch wissen viele Verkehrsteilnehmer nicht, wie ein Kreisel richtig befahren wird. «Wer mit dem Velo unterwegs ist, darf und soll in der Mitte der Fahrspur fahren. So wird man besser wahrgenommen und nicht gefährlich überholt», sagt Furter. Sehr gefährlich ist auch das sogenannte Dooring. Öffnet jemand, ohne Kontrollblick nach hinten, die Autotür, hat man auf dem Velo meist keine Chance mehr auszuweichen. Schlimme Unfälle sind die Folge.

Als Autolenker ist man sich nicht bewusst, dass Einbahnstrassen, wie die Repfergasse, gemäss Signalisationsverordnung für Fahrräder oft in beide Richtungen geöffnet sind.

Heikel ist auch die Situation am Freien Platz. Hier ist der Nutzungskonflikt am auffälligsten: Fussgänger und Velofahrende verkehren gleichermassen auf dem Platz. Besondere Rücksicht ist geboten. Velofahrende haben gegenüber Fussgängern keinen Vortritt und dürfen nur Schritttempo fahren.

 

E-Bikes als neue Gefahr im Strassenverkehr 

E-Bikes bewegen derzeit die Gemüter der Menschen – oder besser gesagt, es sind die E-Bike-Fahrer. Einerseits prägen die E-Bikes immer häufiger das Bild im Strassenverkehr, andererseits sorgt ihre höhere Geschwindigkeit für neue gefährliche Situationen. In Basel will CVP-Grossrätin Beatrice Isler nun politisch gegen E-Bikes vorgehen. Dies, als sie auf dem Trottoir und in einer Fussgängerzone von einem ­E-Bike- Fahrer beinahe überfahren wurde.

Acht E-Bike-Verletzte

Die Verkehrsunfallstatistik 2016 der Schaffhauser Polizei zählt acht Unfälle mit Verletzten, in die E-Bike-Fahrer involviert waren. Das ist einer weniger als im Jahr zuvor. Drei Fahrer waren schwer, fünf waren leicht verletzt. Dies im Gegensatz zur Zunahme bei den Unfällen mit normalen Velos (44 Unfälle gegenüber 33 im Jahr zuvor) wie auch zum schweizweiten Trend. 2016 gab es auf nationaler Ebene 201 Unfälle mit verletzten ­E-Bike-Fahrern (36 mehr als im Jahr zuvor) sowie neun tote E-Bike-Fahrer.

Schneller unterwegs

Auf die neue Gefahr angesprochen, die von E-Bikes ausgeht, sagt Martin Tanner, Chef der Schaffhauser Verkehrspolizei: «Ein elektrisch unterstütztes Velo hat die gleiche Silhouette wie ein normales. Es ist jedoch bedeutend schneller unterwegs und verlangt von den anderen Verkehrsteilnehmern, dass sie ihr Verhalten anpassen.» Ein weiteres Sicherheitsproblem ist das Alter der E-Bike-Fahrer. Laut Verkehrsunfallstatistik sind alle in ­Unfälle verwickelten E-Bike-Fahrer zwischen 45 und 65 Jahre alt. Diese älteren Personen seien zwar früher, aber jetzt seit Langem nicht mehr Velo gefahren und nun mit ihren schnellen ­E-Bikes im heutigen Strassenverkehr unterwegs. «Die Gefahren der hohen Eigengeschwindigkeit mit dem entsprechenden Bremsweg werden unterschätzt», so Tanner.

Sein Fahrzeug beherrschen

Eine sinnvolle Massnahme ist laut Tanner die Verkehrsinstruktion, welche den Schülern das richtige Verhalten mit dem Fahrrad im Strassenverkehr beibringt. «In Bezug auf die ­E-Bike-Fahrer haben wir die Prävention intensiviert», sagt er. So konnten Interessierte an der Frühlings-Show im Herblingertal mit einem E-Bike einen anspruchsvollen Parcours absolvieren.

Auch Kurse für E-Bike-Fahrer sind hilfreich. Charly Leuenberger ist seit mehreren Jahren E-Bike-Kursinstruktor in Zürich und Schaffhausen. Er empfiehlt allen «frischen» E-Bike-Fahrern einen Kursbesuch: «Die meisten Fahrer sind im Strassenverkehr überfordert», stellt er fest. Doch neben der Fahrzeugbeherrschung gilt es, auch Grundlegendes zu klären: Wo ist die Vorderrad-, wo die Hinterradbremse, wie bedient man den komplizierten Batterie-/Antriebsschalter? Auch Tanner erachtet solche Kurse als sehr wichtig für die Verkehrssicherheit. Das Problem dabei: Es existiert kein Kurszwang. «Grundsätzlich sollte es aber im Interesse von jedem Einzelnen sein, sich mit einem neuen Fahrzeug vertraut zu machen.»

E-Bikes: Gegen 400 000 auf Schweizer Strassen

Verkaufszahlen Etwa 750 neue ­E-Bikes wurden 2016 im Kanton Schaffhausen verkauft. Schweizweit waren es fast 76 000. Das sind dreimal so viele wie 2009. Jedes vierte in der Schweiz verkaufte Velo ist mittlerweile ein Elektrovelo. Somit sind in der Schweiz circa 400 000 E-Bikes unterwegs.

25 und 45 km/h Es existieren zwei Kategorien: E-Bikes mit Tretunterstützung bis 25 km/h und E-Bikes mit bis zu 45 km/h. Letztere dürfen nur mit Nummernschild unterwegs sein, und die Fahrer müssen einen Helm tragen. Das Strassenverkehrsamt Schaffhauen hat bislang 178 solche «schnellen E-Bikes» immatrikuliert (2013: 132). (tva)

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