Wenn Fahrer und LKW am Zoll stranden

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Die beiden tschechischen Chauffeure Martin (links) und Daniel lassen sich nicht aus der Ruhe bringen und haben sogar ein Barbecue geplant. Bild: Christoph Merki

Die Feiertage sind für viele Chauffeure ein Spiessrutenlauf mit der Zeit: Denn nicht alle können die Zollformalitäten rechtzeitig erledigen und müssen in Thayngen pausieren.

von Christoph Merki

Die Füsse auf dem Armaturenbrett und das Handy am Ohr. Auf der Mittelkonsole steht ein Bier. Es ist kurz nach sieben Uhr am Gründonnerstag vor dem Zoll in Thayngen. Eigentlich hätte Bernd mit seinem Sattelschlepper noch bis ins deutsche Biberach fahren sollen, noch gut 100 Kilometer über die Schweizer Grenze hinaus. Daraus wird jedoch nichts. Schon beim Verladen im Raum Zürich habe das Übel seinen Anfang genommen, ­erzählt Bernd. Sodann habe ihm der Verkehr einen Strich durch die Rechnung gemacht. «Auf dem Nordring ging nichts mehr, und vor Winterthur standen sie schon wieder», macht er seinem Ärger Luft. Nur mit Glück habe er noch jemanden auf der Spedition erwischt, der zumindest die Papiere für seinen Lastwagen bearbeitet hätte, doch über die Grenze sei er nicht mehr gekommen.

Der Schweizer Zoll schliesst jeweils um halb sechs die Verzollung von nicht angemeldeten Fahrzeugen – ganz zum Leidwesen von Bernd. Gern wäre er nach Hause ins Sachsenland gefahren, ein Shuttlebus hätte in Biberach auf ihn gewartet: «Der fährt jetzt halt ohne mich.» Dennoch spricht er von Glück im Unglück. Dank der doch noch von der Spedition bearbeiteten Papiere hofft er auf eine Weiterfahrt am Samstag. «Ich fahre seit 35 Jahren LKW, aber so arg hat es mich mit meinen 55 Jahren noch nie erwischt.» Währenddessen fährt ein weiterer Sattelschlepper derselben Firma vorbei. «Der hat im Aargau geladen, und die haben die Zollpapiere schon vorgefertigt, darum kann dieser Chauffeur noch über die Grenze», sagt Bernd, winkt dem Fahrer zu und sieht wehmütig dem Lastwagen nach.

Familientreffen an der Grenze

Allein ist Bernd jedoch nicht auf den Lastwagenstandplätzen vor und hinter dem Zoll in Thayngen. Gut zwei Dutzend Lastwagen mit Nummernschildern aus ganz Europa stehen auf den Parkplätzen. Auch für Rastislav aus der Slowakei ist vorerst Feierabend. Zehn Jahre, in denen er über eine Million Kilometer gefahren sei, sei er schon auf der Strasse unterwegs. Die Erfahrung habe ihn gelehrt, meint er und zeigt voller Vorfreude sein Steak, welches er im Kühlfach für solche Situationen griffbereit hat.

Relativ gelassen nehmen auch Martin und Daniel aus der Tschechischen Republik die Situation. «Der Zoll schliesst um halb sechs, wir kamen später», erklärt Martin mit einem Schulterzucken. Um Geld zu sparen, würden sie wahrscheinlich den ganzen Tag schlafen, meinen die beiden lachend. Erst seit einem knappen Jahr ist der 25-jährige Danislav aus Litauen mit dem Lastwagen auf den Strassen Europas unterwegs. Er stand am Donnerstag auf der deutschen Seite. Danislav wird noch bis Dienstag pausieren. Ein glücklicher Zufall jedoch wird ihm die Wartezeit verkürzen. Sein Vater, ebenfalls für dieselbe Firma als Chauffeur tätig, ist in der Gegenrichtung unterwegs und parkt seinen Lastzug auf der Schweizer Seite. «Vielleicht werden wir die Region über Ostern erkunden», sagt der Litauer.

Gute Planung ist Trumpf

Die Osterwoche sei aber auch für die Schweizer Spediteure speziell, erklärt Peter Erne von Rhenus Logistics. Jedoch seien nicht unbedingt die Grenzübergänge relevant, sondern das Erreichen der jeweiligen Hubs, der Verteilzentren. «Für die Feiertage ­beginnt man schon zwei oder drei ­Wochen vorher, mit den Kunden zu ­planen», erklärte er.

Auch das Schleitheimer Transportunternehmen Wäckerlin passt seine Planung jeweils an. So würden vor Feiertagen zum Teil jeweils mehr Fahrzeuge eingesetzt, um die Ware noch rechtzeitig an den Zielort bringen zu können, erklärt Kurt Wäckerlin. Bei deutschen und Schweizer Chauffeuren werde schon darauf geachtet, dass diese die Feiertage zu Hause verbringen könnten, erklärt Hans Peter Brütsch von Holenstein Transporte. Sogar ein Flug nach Hause sei schon einmal einem Fahrer bezahlt worden. Jedoch würde versucht, mit früheren Ladezeiten solche Situationen, wenn möglich, zu verhindern. Die kurze Woche sei aber sicher spürbar. «Es fehlt einfach ein Tag», erklärte Brütsch. «Wir sind froh, dass auch am Samstag die Zollabfertigung möglich ist.»

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