Schaffhauser Busflotte kommt auf den Prüfstand

Zeno Geisseler | 
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Ein Blick in die Garage der Verkehrsbetriebe Schaffhausen im Ebnat. Aufgebockt sind ein Mercedes Citaro C 2 (l.) aus der jüngsten Generation der städtischen Busse sowie ein schon etwas älterer Volvo. Bild: Zeno Geisseler

Neue Fahrzeuge, neue Linien und eine neue Organisation: Die Schaffhauser Busbetriebe stehen vor einem Umbruch. Noch dieses Jahr sollen Entscheide über Elektrobusse, den Netzausbau in Herblingen und die Fusion der beiden heutigen Anbieter fallen.

Der CEO der Swiss fliegt First Class. Der Leiter der SBB reist erster Klasse. Der Direktor der Verkehrsbetriebe Schaffhausen (VBSH) steht. Am Donnerstag, kurz nach acht Uhr morgens, fährt er zusammen mit dem SN-Journalisten auf den Ebnat hoch. Die Strecke ist seit nicht ganz drei Jahren ­Alltag für Bruno Schwager, und für ihn als Buspassagier gibt es keine Sonderbehandlung. «Dies gilt auch für mein Ticket», sagt er. «Ich brauche eine Fahrkarte wie alle anderen auch. Und wenn ich keine vorweisen kann, dann bezahle ich einen Zuschlag. Wie alle anderen auch.» Wir fahren mit ihm mit, weil wir wissen wollen, wie er die VBSH entwickeln will.

Wer zahlt, befiehlt

In unserem Gespräch wird rasch klar, dass das Aufgabenfeld sehr breit ist – und dass die Aufgabe der Busbetriebe in der Öffentlichkeit nicht immer präzis verstanden wird. Dies namentlich in Fahrplanfragen, oder bei der Linienführung. «Wir als Busbetrieb entscheiden nicht, wie dicht der Fahrplan ist, wann der erste und der letzte Bus fährt oder welche Gebiete angefahren werden», sagt er. «Das alles bestimmt die Bestellerin, also die Stadt. Wir machen Vorschläge, wie die Wünsche umgesetzt werden, aber der Entscheid, der wird im Stadtrat gefällt.» Oder sogar beim Volk, wie bei der neuen Buslinie, die im Herblingertal entstehen soll (die SN berichteten). Wer zahlt, befiehlt.

Das heisst aber nicht, dass Schwager alle Entscheide einfach an die Politik delegieren kann. Für Fragen des Betriebs bleibt er zuständig. Dazu gehören Gedankenspiele wie die Einführung von WLAN in den Bussen. Dies, sagt Schwager, wird aber wohl nicht kommen. Die Technik sei nicht ausgereift. «Wenn einer hinten im Bus auf YouTube einen Film schaut, stottert bei allen anderen der Internetzugang.» Vor allem aber hätten die meisten Leute heutzutage sowieso einen grosszügigen eigenen Datenplan. Internet im Ortsbus, das brauche es eigentlich gar nicht.

Aus für den Trolley?

Die technische Entwicklung spielt auch bei den Fahrzeugen mit. Dabei kommt die Diskussion früher oder später unweigerlich auf die 1966 eingeführten Trolleybusse. Über die Trolleys kann Schaffhausen mit Inbrunst streiten. 2009 wurden sogar Unterschriften gesammelt, den Trolleybus aus Kostengründen abzuschaffen. Im Initiativ­komitee sassen damals unter anderem Raphaël Rohner von der FDP und ­Daniel Preisig von der Jungen SVP. Die Ironie dabei: Rohner wie Preisig sind inzwischen Stadträte, und Preisig ist sogar von Amtes wegen Präsident der Verwaltungskommission der VBSH, er, der Trolleygegner, ist also inzwischen oberster Trolleybüssler der Stadt.

Die Initiative war damals kein Erfolg, doch das Ende der Trolleys könnte dennoch kommen. Noch so zehn Jahre betrage die Lebensdauer der jetzigen Generation der Trolleybusse, sagt Schwager. Noch dieses Jahr werde die Stadt einen Grundsatzentscheid über die künftige Zusammensetzung der Fahrzeugflotte fällen.

Es ist kein Geheimnis, dass die Stadt Schaffhausen dabei andere strombetriebene Systeme im Auge hat. Bereits im letzten September, bei den Feiern zu 50 Jahre Trolleybus, sagte Stadtrat Preisig, dass die Linie 3 künftig mit Elektrobussen betrieben werden könnte, die nicht mehr von Oberleitungen abhängig sind (siehe dazu auch Kasten unten).

Mehr Effizienz

Nicht nur beim Fuhrpark, sondern auch bei der Organisation zeichnet sich ein Richtungswechsel ab. Neben den städtischen Verkehrsbetrieben gibt es auch die Regionalen Verkehrsbetriebe Schaffhausen (RVSH; SchaffhausenBus), die für die Überlandbusse zuständig sind. Rechtlich sind sie ein eigenes Unternehmen, organisatorisch nicht: Die Verwaltung ist an die VBSH delegiert, Bruno Schwager leitet also auch SchaffhausenBus. «Es braucht nicht zwei solcher Unternehmen in einem Gebiet, das weniger Einwohner zählt als Winterthur», sagt er. Ein Zusammenschluss brächte Effizienzgewinne, diese, verspricht Schwager, aber nicht auf Kosten des Personals.

Wann die Fusion kommen soll, ist noch unklar. Aber der Stadtrat hat versprochen, bis Ende 2017 auch dazu einen Bericht vorzulegen.


Trolleybusse: Neue Betriebssysteme arbeiten mit Schnellladestationen statt mit Oberleitungen

Die Paradestrecke der städtischen Verkehrsbetriebe, die Buslinie 1 zwischen dem Waldfriedhof in Schaffhausen und der Endhaltestelle Herbstäcker in Neuhausen, wird mit Trolleybussen befahren. Über 3,4 Millionen Passagiere stiegen 2015 zu. Doch was passiert, wenn die 2011 eingeführten sieben Gelenktrolleybusse der dritten Generation in etwa zehn Jahren ans Ende ihrer ­Lebensdauer kommen? Es gibt im ­Wesentlichen drei Möglichkeiten: Die Stadt bleibt beim Trolleybetrieb, sie stellt die Strecke wie alle anderen auf Diesel um, oder sie sucht sich einen neuen Antrieb: Strom aus Batterien statt von der teuren Oberleitung.

Akkus auf dem Busdach

Ein Vorbild könnte ein System sein, das in Genf zum Einsatz kommt: Dort gibt es nach wie vor Trolleybusse, aber die teuren und unterhaltsintensiven Oberleitungen verschwinden. Dafür gibt es Akkus auf dem Busdach. Diese werden an den Haltestellen mit Schnellladesystemen in wenigen Sekunden aufgeladen. So um die 15 bis 20 Sekunden dauert das laut einem Bericht in der NZZ. An den Endhaltestellen werden die Akkus dann in vier bis fünf Minuten komplett aufgeladen. Die Technik ist allerdings noch nicht langzeiterprobt, die Lebensdauer der teuren Batterien unbestimmt.

Ein ähnliches System gibt es von Bombardier: Ihr Primove-Bus wird ebenfalls an den Haltestellen aufgeladen, aber über Induktion mit Platten in der Fahrbahn. Dieses Ladesystem ist städtebaulich noch unauffälliger als die Ladestationen des Genfer Systems.

Batterien bei der Fahrt aufladen

Ein weiteres System wird derzeit in Zürich getestet: Ein Trolleybus, der über die Fahrleitung Batterien auflädt und dann bis zu 30 Kilometer ohne Verbindung zur Oberleitung fahren kann. Somit könnte an gewissen Stellen auf Oberleitungen verzichtet werden, was den Wartungsaufwand und die Kosten verringern würde. Wie der «Blick» im Januar schrieb, sind auch andere Städte an diesem System interessiert, so etwa Winterthur. Bern und Biel hätten sogar bereits solche Busse bestellt.

Stark im E-Bus-Geschäft sind auch die Chinesen. Die Firma BYD hat Mitte letzten Jahres einen ersten Elektro-Doppeldecker nach London geliefert. Nach Unternehmensangaben kann der Bus mit einer Ladung von vier Stunden eine Strecke von rund 300 Kilo­metern im innerstädtischen Betrieb zurücklegen. Aufgeladen wird der Bus dann über Nacht im Depot mit günstigem Niedertarifstrom.(zge)

Zahlen und Fakten VBSH und RVSH

VBSH: Die Verkehrsbetriebe Schaffhausen (VBSH) erschliessen die Stadt Schaffhausen und Neuhausen mit Bussen.

RVSH: Die Regionalen Verkehrs-betriebe Schaffhausen (RVSH; «SchaffhausenBus») sind für die Überlandverbindungen im Kanton zuständig.

Passagiere: 2015 haben die VBSH rund 13,2 Millionen Passagiere befördert. Bei SchaffhausenBus waren es gut 2 Millionen Passagiere.

Wichtigste Strecken: Für die VBSH ist die Linie 1 zwischen Bahnhof Schaffhausen und Neuhausen Herbstäcker am wichtigsten. Rund 2,2 Millionen Passagiere fuhren 2015 auf dieser Trolley­verbindung. Die Paradestrecke der RVSH ist die Linie 21 Schaffhausen–Schleitheim–Beggingen und zurück mit rund 930 000 Passagieren.

Fuhrpark VBSH: Die VBSH betreiben 41 Busse und 7 Fahrzeugtypen: Bei den Gelenkbussen sind es 7 Trolleybusse Hess Swisstrolley 3 (Jg. 2011), je 6 Mercedes-Benz Citaro (2016) und Volvo B7LA (2001/2003) und 1 Volvo 7700A (2009). Bei den Solobussen sind es 14 Mercedes-Benz Citaro (2013–2016) und 7 Volvo 7700 B9L (2007).

Fuhrpark RVSH: Bei den RVSH kommen 26 Busse zum Einsatz, davon 12 in Eigenregie für die Linien 21 und 27: 7 Gelenkautobusse Mercedes-Benz Citaro(2004/2007) und 5 Autobusse Mercedes-Benz Citaro (2006/2013). Die Busse der Subunternehmen sind 12 Mercedes-Benz Citaro (2004 bis 2016) und 2 Mercedes-Benz Sprinter (2010/13).

Mitarbeiter: Bei den VBSH gab es per Ende 2015 (jüngste Zahlen) 138,3 Vollzeitpensen, bei den RVSH waren es 52,1.

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