«Was schön gedruckt ist, hebt sich ab»

Rolf Fehlmann | 
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Daumen hoch auf eine erfolgreiche Zukunft: Das vollzählige Druckwerk-Team. Bild: zvg

Mit Spezialitäten behauptet sich die Druckwerk SH AG in einem schwierigen Markt. Im Gespräch äussert sich Geschäftsführer Urs Wohlgemuth zu Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

Lässt im digitalen Zeitalter überhaupt noch jemand irgend etwas drucken?

Urs Wohlgemuth: Heute wird nach wie vor sehr viel gedruckt. Wir spüren das jeden Tag. Und einmal im Jahr drucken wir sogar ein tausend Seiten starkes Buch, das Katalog und Preisliste in einem ist. Es gibt den Druck also durchaus noch, und ich bin davon überzeugt, dass diesem seine Anerkennung wieder zuteil werden wird.

Was stimmt Sie so zuversichtlich?

Aus meiner Sicht ist im digitalen Zeitalter der Punkt erreicht, wo man auch wieder Haptik erleben möchte, also die Art und Weise, wie sich etwas anfühlt. Eine gedruckte Zeitung, ein Buch, eine schöne Broschüre, eine schöne Einladung – diese Dinge werden sich von ihrer Wertigkeit her wieder von der Masse abheben. Und das macht in diesem Bereich auch die Nachhaltigkeit aus.

Drucken verbraucht Rohstoffe, Wasser und Strom. Zudem werden für die Papiergewinnung Wälder abgeholzt – geht Drucken und Nachhaltigkeit überhaupt zusammen?

Absolut. Schauen Sie sich nur einmal die Vergleichswerte an zwischen digitalen und gedruckten Medien. Dann sehen Sie, dass eine einzige Suchmaschinenanfrage gleich viel Energie benötigt wie der Druck eines Exemplars einer gedruckten Zeitung. Das zeigt mir, dass der Aspekt der Nachhaltigkeit digitaler Medien häufig schöngeredet wird.

 

«Eine einzige Suchmaschinenanfrage benötigt gleich viel Energie wie der Druck eines Exemplars einer gedruckten Zeitung. Das zeigt mir, dass der Aspekt der Nachhaltigkeit digitaler Medien häufig schöngeredet wird.»

Urs Wohlgemuth, Geschäftsführer Druckwerk SH AG

Was heisst für Sie nachhaltiges Drucken?

Es heisst zum Beispiel, dass man auf die Herkunft der Rohstoffe achtet, also, ob die Papiere aus nachhaltiger Waldnutzung stammen und darum FSC-zertifiziert sind. Es heisst für mich ausserdem, nicht immer nur ausschliesslich den Energiebedarf anzuschauen, sondern auch die Tatsache, dass Arbeitsplätze gesichert werden.

Mehr dazu:

Druckwerk steht für Nachhaltigkeit und Qualität

Höchste Qualität sicherstellen

Als eines der wenigen grafischen Unternehmen in der Region ist Druckwerk nach der ISO-Norm 9001 zertifiziert. Auf ihr bauen eine wirksame Qualitätssicherung und ein nachhaltiges Qualitätsmanagement auf. Letzteres umfasst alle organisatorischen Massnahmen, welche der Verbesserung der Prozessqualität, der Leistungen und damit der Produkte dienen. «Schnell und flexibel auf Anforderungen des Marktes zu reagieren, ist für uns einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren», sagt Urs Wohlgemuth, Geschäftsführer von Druckwerk. «ISO-9001 hilft uns dabei, Qualität in allen Bereichen nachhaltig sicherzustellen.»

Der Qualitätssicherung kommt ­besondere Bedeutung zu bei der Herstellung von Beipackzetteln, Pharmabeilagen, Tyvek®-Vliesstoff für Tiefziehfolien, Pharmafalzprospekten und -broschüren sowie Pharmaverpackungen – hier gelten nämlich besondere Bedingungen.

Drucken hilft das Klima schonen

Ist Drucken ökologisch überhaupt noch vertretbar? «Absolut», sagt Urs Wohlgemuth. «Informationen in gedruckter Form zu verteilen, ist ein aktiver Beitrag zur CO2-Reduktion.» So schrieb «Die Zeit» schon 2007: «Rechenzentren verschlingen so viel Energie wie der Flugverkehr.» Sie stützte sich dabei auf eine Studie der amerikanischen IT-Beratungsfirma Gartner, wonach die gesamte IT-Infrastruktur weltweit gleich viel CO2 ausstösst wie der gesamte Flugverkehr – nämlich etwas mehr als 2,5 Prozent der globalen CO2-Emissionen.

Der Papiergrosshändler Antalis schreibt in seinem Nachhaltigkeitsbericht 2014, dass das Versenden einer Rechnung per E-Mail so viel CO2 freisetzt wie das Ausdrucken und der Versand von 15 Papierrechnungen. Und das Lesen von Nachrichten online während dreier Minuten verbraucht gemäss dem Bericht mehr Energie als der Druck eines Zeitungsexemplars.

Wenn ich die Preise von Druckereien im Elsass oder im süddeutschen Raum anschaue: Wie können Sie da mithalten?

Das Wichtigste ist in meinen Augen die persönliche Beratung vor Ort. Wir hatten neulich einen Kunden, der mir sagte, er bekomme das Produkt online dreissig Prozent günstiger. Trotzdem hat er sich für unsere Druckerei entschieden, weil er für diesen Preis vier verschiedene Muster mit vier unterschiedlichen Papieren bekommt, die er wiederum seinem Endkunden zur Auswahl vorlegen kann. Zudem hat er die Gewissheit, dass die Arbeit zuverlässig ausgeführt wird und dass vor dem Druck nochmals jemand das Ganze anschaut. In den Onlinedruckereien ist der Automatisierungsgrad nämlich immens, und es überprüft niemand mehr die Dokumente auf Fehler im Text und in der Gestaltung.

Trotzdem: Warum soll ich für ein vierfarbiges Visitenkärtchen 120 Franken zahlen, wenn ich es für 25 bekomme?

Die Frage ist berechtigt, und dieses Preissegment ist nicht der Markt, den wir suchen. Kommt hinzu, dass beim Onlinedruck die Verantwortung für die inhaltliche und technische Richtigkeit beim Kunden liegt.

Für 25 Franken können Sie doch fehlerhafte Arbeit problemlos wegschmeissen und einen neuen Druckauftrag erteilen …

Ja, klar, aber das ist dann nicht mehr nachhaltig. Bei uns drucken wir die Visitenkarten – um bei dem Beispiel zu bleiben – nicht nur, sondern pflegen auch die erhaltenen Daten, selbst wenn diese druckfertig sind. Darum kann der Kunde uns auch für letzte Änderungen oder Korrekturen anrufen. Das hat eben auch mit Nachhaltigkeit zu tun. Kommt hinzu, dass dank der lokalen Herstellung die Transportwege vernachlässigbar kurz sind.

Lässt heute noch jemand Briefbogen, -umschläge und Versandetiketten drucken? Oder druckt man Logo und Adressblock einfach bei jedem Brief mit aus?

Wir haben aus dem Start-up-Bereich Kunden, die sich das ganz genau durchgerechnet haben. Die sind zum Schluss gekommen, dass es kostengünstiger ist, den Text in Schwarz auf farbig bedrucktes Briefpapier zu drucken als alles aus einer digitalen Vorlage heraus farbig auszudrucken. Die Kosten für den farbigen Toner sind diesen Kunden schlicht zu hoch.

Was vor dreissig Jahren noch gedruckt wurde, ist heute digital verfügbar. Was drucken Sie heute?

Wir sind überall dort die Druckerei der Wahl, wo es schnell gehen muss, wo wir die Prozesse im Griff haben müssen und wo Spezialitäten ins Spiel kommen.

Spezialitäten…?

Das können personalisierte, hochwertig verarbeitete Bücher mit Schuber und allem Drum und Dran sein. Aber auch Blind- und Heissprägungen mit verschiedenartigen Folien oder schnell und aus einem Guss produzierte Programmhefte, etwa im Vorfeld von Handballspielen. Diese Magazine drucken wir ab USB-Stick auf einer Maschine, die das fixfertige Druckerzeugnis ausspuckt. Auch bei den Papieren bieten wir eine grosse Auswahl an Mustern und Sorten mit entsprechender Beratung. Wir helfen unseren Kunden dabei, herauszufinden, welches Papier ihre Aussage am besten transportiert. Ich liebe den Umgang mit den Materialien; das ist meine Leidenschaft.

Was trägt heute Ihr Geschäft?

Über die Hälfte unseres Auftragsvolumens stammt aus der Pharmaindustrie. Dazu zählen etwa Beipackzettel für Medikamentenverpackungen, Patientenkarten und Siegeldeckel.

Beipackzettel sind ein Massenprodukt. Geht es da nicht vor allem um den Preis?

Bei derartigen Aufträgen unterbreiten wir ein Angebot für einen Mehrjahresvertrag. Stärker als der Preis fallen Aspekte ins Gewicht wie Prozesssicherheit, Zertifizierungsstufe und Einhaltung der Hygienevorschriften. Weil beispielsweise einer unserer Mitbewerber in Italien schlecht gearbeitet hatte, konnten wir letztes Jahr einen Auftrag nach Schaffhausen holen.

Wo fällt heute der Entscheid, Beipackzettel bei Ihnen drucken zu lassen? In den USA?

Bei einem unserer Kunden fällt der Entscheid südlich von Rom. Wir verhandeln jeweils intensiv während eines halben Jahres, und danach läuft es wieder für drei Jahre.

Wie viel Aufwand müssen Sie treiben, um neue Aufträge zu gewinnen?

Im Pharmabereich ist es schwierig, an die Firmen heranzukommen; in den meisten Fällen hilft uns eine Empfehlung weiter. Die Aufträge aus der Pharmaindustrie und der Druck von Getränkeetiketten für Weine des Blauburgunderlandes machen unsere Grundauslastung aus.

Welchen Stellenwert hat Ihr Netzwerk?

Bei der Auftragsgewinnung läuft heute die Akquise in neun von zehn Fällen über persönliche Netzwerke. Dabei geht es auch darum, sich Zeit zu nehmen für die Leute, mit denen man in Kontakt ist, sich mit ihnen an einen Tisch zu setzen und gemeinsam einen Kaffee zu trinken. Es ist einfach entscheidend, den Gesprächspartner spüren zu lassen, dass wir für ihn die Extrameile gehen. So können sich aus einem anfänglichen Auftrag für Visitenkarten später durchaus Aufträge für kreative Spezialitäten ergeben.

Wie hoch ist der Anteil an Aufträgen aus der Region?

80 Prozent der Aufträge stammen aus dem Raum Schaffhausen. Wir haben hier viele langjährige und loyale Kunden. Zusätzliches Volumen versuchen wir von ausserhalb zu gewinnen. Mit den anderen Druckereien im Kanton suche ich eher die Allianz, denn jeder hat eine Stärke, die man von Fall zu Fall weiterempfehlen kann.

In den letzten Jahren schrumpfte der Druckereimarkt um zehn bis zwölf Prozent im Jahr. Da ist doch eine weitere Konsolidierung unter den hiesigen Anbietern absehbar …

Absolut. Vor ein paar Jahren hatten wir in der Schweiz noch rund 3000 Druckereien, heute sind es noch deren 800. Ich schätze, der Druckereimarkt ist erst dann wieder im Gleichgewicht, wenn wir schweizweit bei 550 bis 600 Druckereien angekommen sind. Dann wird das Printprodukt wieder die Wertigkeit bekommen, die ihm gebührt. Bei den Spezialitäten arbeiten wir mit regionalen Partnern zusammen, unter anderem mit Monopac und der Stiftung altra schaffhausen.

Wenn Sie die anstehende Digitalisierung ernst nehmen, müssen Sie sehr viel investieren…

Investitionen dieses Ausmasses kann ein Betrieb in unserer Grösse nicht stemmen. Der Onlinedrucksachenmarkt für Privatkunden ist besetzt. Wir hingegen bedienen im grossen Rahmen Geschäftskunden. Dort werden wir dank hervorragender Beratung und Betreuung einen weiteren Schritt nach vorne tun. Ich weiss auch nicht, ob ich eine durchgestylte Digitalisierung wirklich will, allein schon deswegen, weil beispielsweise eine Software keine Schreibfehler erkennt – oder wenn, dann die falschen. Und wenn man eine PDF-Datei hochlädt, wird diese lediglich technisch geprüft und dann gedruckt, und wenn etwas sprachlich oder inhaltlich falsch ist, bleibt es falsch. Für mich hingegen ist es wichtig, dem Kunden gegenüber verantwortlich zu sein für eine saubere Auftragserfüllung ohne Fehler.

Worauf achten Sie, wenn Sie heute Investitionsentscheide fällen müssen, die Ihr Geschäft für die kommenden Jahre beeinflussen?

Ich achte stark auf Markttrends. Dazu zählt zum Beispiel die Fähigkeit, Direct Mailings für kleinere und mittlere Unternehmen anzubieten, bei denen man bis zu vier Beilagen automatisch kuvertieren kann. Das ist etwas, was heute in unserer Region niemand wirklich abdeckt. Ab einer Auflage von 1000 Stück gehen wir auf unsere Kuvertiermaschine. Dadurch sind wir schneller und somit preislich attraktiver.

Wie bewerten Sie Trends?

Ich schaue mir die Trends vor allem unter dem Gesichtspunkt unserer gewerblichen Verankerung an. Wenn ich an die Digitalisierung denke, habe ich ein Tool im Blick, das es unseren Kunden erlaubt, ihre Druckdaten auf unserem Server selber anzuschauen und freizugeben. Ungeprüft drucken werden wir aber in keinem Fall.

Wo sehen Sie Chancen?

Die Geschwindigkeit der Digitalisierung überfordert viele. Davon bin ich überzeugt. Und darum glaube ich fest daran, dass der Mensch selber letztlich «analog» bleibt. Aus meiner Sicht ist das eine Riesenchance für die neuerliche Aufwertung von Gedrucktem, insbesondere im gehobenen Bereich.

 

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