Heisses Wasser statt Chemie

Unkraut muss weg. Diesen Pflanzen wird oft mit Chemie der Garaus gemacht. Wenig bekannt ist, dass das Entfernen auch giftfrei mit Heisswasser funktioniert, sagt der Thaynger Martin Müller.
Unkraut macht Landwirten, Gärtnern, Hausbesitzern aber auch Städten und Gemeinden das Leben schwer. Sie mühen sich ab, es zu bekämpfen. Zunächst mit der Hacke, dann mit motorisierter Hilfe. In den 1970er Jahren revolutionierte eine chemische Entdeckung die Unkrautbekämpfung: Glyphosat. Der billige Unkraut-Killer ist effizient und wurde schnell zu einem Bestseller. Doch seit einigen Jahren mehrt sich die Kritik. Viele möchten auf den Stoff verzichten, der im Verdacht steht, krebserregend zu sein und der zum Insektensterben beitragen soll. Insekten wiederum sind für viele Tiere die Nahrungsgrundlage, zum Beispiel für die Singvögel.
Eine umweltschonende Methode zur Bekämpfung von Unkraut ist der Einsatz von heissem Wasser. «Diese Methode wird HWS (Heiss-Wasser-Schaum) genannt», erklärt Martin Müller. Die Müller Dienstleistungen GmbH aus Thayngen wendet sie bereits seit acht Jahren in der Region an. Unkraut wie Löwenzahn oder Moos wird an Strassenrändern und öffentlichen Plätzen durch 98 Grad heisses Wasser vernichtet. Durch Hitze werden die Zellen der Pflanze aufgebrochen, dadurch kann das Eiweiss austreten, das wiederum zu gerinnen beginnt. «Die Zellstruktur der Pflanze wird zerstört», erklärt Müller. Zusätzlich zum Heisswasser wird bei dieser Methode ein Schaum über die Pflanzen gelegt. Er isoliert und garantiert die effektive Wärmeausnutzung, so Müller – indes dieser Schaum bedeute für viele Passanten den Einsatz von Chemie. «Was spritzt ihr da für Gift?», würden er und seine Mitarbeiter häufig gefragt. «Wir erklären es immer wieder», sagt der Firmenchef. «Es handelt sich um einen biologisch abbaubaren Schaum aus Kokosnüssen.» Vier seiner 14 Mitarbeitenden sind für die Unkrautvernichtung durch Heisswasser ausgebildet. Die Firma hat noch weitere Standbeine wie Reinigung, Hauswartung oder Gartenbau.
«Sobald es ans Portemonnaie geht, hört das Umdenken wieder auf.»
Martin Müller, Firmenchef
Das Abflammen der Pflanzen ist eine weitere Methode das Unkraut einzudämmen, aber es werden häufig nur die sichtbaren Pflanzenteile verbrannt, nicht die Wurzeln, sagt Müller: «Nach zweimal regnen schlägt das Kraut wieder aus.» Ähnlich mühsam wie die Abflamm-Methode sei das Abbürsten von Randsteinen. Diese zeitaufwendige Variante ist dafür umweltfreundlich. Aber die Steine leiden darunter, so Müller: «Die Randsteine müssen nach ein paar Jahren ersetzt werden.» Heiss-Wasser-Schaum sei eine effektive Methode, die chemische Keule sei allerdings aber noch wirksamer, so Müller. «Beim Einsatz von HWS muss man dran bleiben.» Dies verursacht aber laufende Kosten und lasse Gemeinden und Liegenschaftsverwaltungen zögern, beziehungsweise abwinken. «Das Umdenken muss in den Köpfen stattfinden. Doch sobald es ans Portemonnaie geht, hört das Umdenken wieder auf», so Müller.
Greta-Effekt bleibt aus
«Ich höre oft den Wunsch nach schnell, günstig und lang anhaltend. Gemeint ist dann meist ein Herbizid», sagt Müller. Wer aber solch ein Unkrautvertilgungsmittel einsetzt, verstösst schnell einmal gegen das Gesetz. Seit 2001 gilt in der Schweiz ein Herbizidverbot auf Strassen, Wegen und Plätzen. Das Verbot gilt nicht nur für die Unterhaltsdienste von Gemeinden und Kantonen, sondern auch für Private. Doch immer noch setzen sich Hobbygärtner über das Verbot hinweg, um das störende Gewucher in den Kieswegen rasch loszuwerden, so Müller.Aktuell ist Umweltschutz in aller Munde. Die schwedische Aktivistin Greta Thunberg hat dazu beigetragen, dass sich auch in der Schweiz viele Leute mehr mit der Umwelt befassen. Zeigt sich die Angst vor dem Klimakollaps auch bei mehr Aufträgen für die Unkrautvernichtung mit Heisswasser? Müller verneint: «Durch Greta haben wir noch keinen grösseren Auftragseingang.»