Ein Bentley und eine Unterhose, gebraucht

Zeno Geisseler | 
Noch keine Kommentare

Das Schaffhauser Betreibungs- und Konkursamt versteigert nächste Woche eine ganze Reihe von Gegenständen. Zum Teil handelt es sich dabei um beschlagnahmte Waren aus Kriminalfällen.

Wollten Sie schon immer mal günstig Bentley fahren? Dann bietet sich jetzt die Gelegenheit dazu: Das Schaffhauser Be- treibungs- und Konkursamt versteigert nächste Woche einen Continental Flying Spur, Jahrgang 2005. Die englischen Autobauer holten sich für den 2,5-Tönner nur das Feinste aus dem Teilekasten der deutschen Konzernmutter Volkswagen: Fahrwerk und Allradantrieb von Phaeton und Audi A8, unter der Motorhaube ein dicker Zwölfzylinder von VW mit 560 PS. Dieser beschleunigt den Flying Spur auf 312 km/h. Das machte den Bentley vor vierzehn Jahren zur schnellsten viertürigen Serienlimousine der Welt, berichtete «Auto Bild» damals. Damit der Wagen auch in hohem Tempo auf der Strasse bleibt, senkt sich ab 250 die Karosse um 25 Millimeter.

Luxus-Limo zum Golfpreis?

Der edle Wagen, dessen Innenraum laut «Auto Bild» mit dem Leder von nicht weniger als elf Rindern ausgekleidet ist, stammt aus einem Konkurs oder einer Pfändung – Genaueres darf man nicht erfahren. Amtsgeheimnis. Der Preis? Auch der ist geheim. Noch jedenfalls. Erst am Auktionstag, am kommenden Mittwoch, wird das Amt seine Schätzung – und den Mindestpreis – bekannt geben, sagt Amtsleiter Benno Krüsi.

Neu kostete das Auto jedenfalls so um die 200'000 Franken, und vergleichbare Bentleys werden auf Autoportalen derzeit so ab 23'000 bis 38'000 Franken angeboten, je nach Ausstattung und Kilometerstand. Ein Luxuswagen zum Golfpreis? Na, ja. Die Fahr- und Unterhaltskosten sind nach wie vor oberklassig. Alleine der Verbrauch liegt bei 15 bis 22 Litern auf 100 Kilometer. Da muss man nicht Greta Thunberg heissen, um leer zu schlucken.

Wer doch lieber günstiger oder praktischer unterwegs sein will, bietet auf einen Renault-Kastenwagen, auf einen Fiat 500 oder einen Hyundai i10. Auch diese stehen im Angebot. Gemeinsam ist allen Fahrzeugen, dass sie ab Platz verkauft werden. Eine Probefahrt? Gibt es nicht. Garantie? Fehlanzeige. Immerhin liegt bei allen Autos die letzte Fahrzeugprüfung nur ein, zwei Jahre zurück.

Vitra-Lounge-Chair

Für andere Güter gibt es immerhin eine Gewissheit: Sie sind nicht fake. In der Auktion findet sich zum Beispiel auch ein Lounge Chair samt Ottoman von Charles und Ray Eames. Das hochwertige Möbel kostet beim Hersteller Vitra über 9000 Franken. Auf dem Markt gibt es aber auch viele illegale Kopien des Designklassikers. Der Stuhl in der Auktion jedoch ist geprüft – und echt: «Wir dürfen von Gesetzes wegen gar keine Fälschungen verkaufen», sagt Amtsleiter Krüsi. So werde auch jede IWC, die versteigert wird, bei der Manufaktur auf ihre Echtheit hin geprüft.

Die Auktion bietet aber nicht nur teure Autos und Designklassiker an. Unter den über 100 Losen des Betreibungs- und Konkursamts gibt es auch Fischfutterpackungen, Jeans und T-Shirts. Im Gegensatz zu den Autos handelt es sich dabei aber nicht um Konkursware. Denn was jemand zum Leben braucht, darunter sind auch Kleider, darf nicht gepfändet werden.

Diese Gegenstände wurden von den Strafverfolgungsbehörden beschlagnahmt. Es kann sich um gestohlene Ware handeln, deren Besitzer nicht ausfindig gemacht werden konnten. Auf den Bildern auf der Website des Konkursamts sieht man unter anderem eine Reihe von Schweizer Sackmessern sowie Tourist-Shop-Artikel, die das Genfer Wappen tragen. Hier scheint sich jemand in der Westschweiz kriminell betätigt zu haben. Es hat auch Winkelschleifer, Taschenlampen und Trennscheiben – vielleicht Einbruchswerkzeug? «Wenn es sich um Deliktsgut handelt, welches keinem Geschädigten zugeordnet werden kann, erfolgt eine Einziehung zugunsten des Staates», erklärt der Leitende Staatsanwalt Andreas Zuber. «Das heisst, der Erlös der Versteigerung geht an den Kanton.» Möglich ist aber auch, dass es sich um Gegenstände eines Verurteilten handelt. «In einzelnen Fällen erfolgt eine Einziehung und Verwertung zur Sicherstellung der Verfahrenskosten, Geldstrafen, Bussen oder Entschädigungen», sagt Zuber. «In diesen Fällen wird der Erlös mit dem Guthaben des Staates verrechnet.»

Die Sache mit der Unterhose

Im Auktionskatalog gibt es auch Dinge, von denen man sich fragen muss, ob sie wirklich je einen Käufer finden. So etwa Los Nummer 8: eine alte Unterhose. Die, sagt Staatsanwalt Zuber, hätte gar nie in der Auktion landen dürfen. «Im entsprechenden Strafbefehl wurde irrtümlich nicht zwischen zu verwertenden und zu vernichtenden Gegenständen unterschieden.» Jetzt wird die gebrauchte Unterhose halt dennoch versteigert – wohl für etwas weniger Geld als der gebrauchte Bentley.

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren