Zusätzliche Bundesgelder für die Beschaffung von Elektrobussen möglich

Daniel Jung | 
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Zukunftsvision: So könnte der Ladevorgang eines E-Busses mit Schnellladesystem am Schaffhauser Bahnhof aussehen. Bild: Stadt Schaffhausen

Eine Kommission des Nationalrats will Elektrobusse speziell fördern. Nationalrat Thomas Hurter (SVP) findet diese Idee nicht überzeugend.

Im Mai 2017 haben die Verkehrsbetriebe Schaffhausen (VBSH) ein ambitioniertes Ziel bekannt gegeben: Bis 2027 soll die städtische Busflotte elektrisch fahren. Bereits heute verkehrt die Trolleybuslinie 1 mit Strom. Hier entschied das städtische Parlament letzten November, die bestehenden Trolleys mit Akkus auszustatten, um künftig einen Teil der Oberleitungen abzubauen. Doch die Ziele der VBSH gehen weiter: Alle anderen 34 Stadtbusse sollen durch Elektrobusse mit Schnellladesystem ersetzt werden.

Im ersten Schritt sind die Beschaffung von 15 E-Bussen, 12 Ladestationen am Bahnhof Schaffhausen sowie eine Erweiterung des Busdepots inklusive Ladeinfrastruktur im Ebnat vorgesehen. Die Vorlage hierzu soll noch diesen Frühling verabschiedet werden. In der Strategievorlage, die im August 2017 vom Grossen Stadtrat mit 33 zu 1 Stimmen gutgeheissen wurde, werden die Nettoinvestitionen auf rund 19 Millionen Franken geschätzt. Eine reine Dieselbusbeschaffung in der gleichen Grössenordnung würde inklusive aller nötigen Infrastrukturkosten bei rund 15 Millionen Franken zu liegen kommen.

«Die Forderung für eine stärkere Unterstützung von Elek­trobussen wurde auch in unserem Namen platziert.»

Daniel Preisig, Finanzreferent , Stadt Schaffhausen

Die Beschaffung von Elektrobussen ist also kostspielig. Da würde es der Stadt entgegenkommen, wenn sie auf zusätzliche Mittel des Bundes zählen könnte. Genau dies schlägt nun die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats vor. In einem Postulat schreibt sie: «Damit der Strassen-ÖV auch in der Schweiz künftig eine Vorbildfunktion einnimmt, soll der Bund befristet – im Sinne einer Anschubfinanzierung – einen Teil dieser Mehrkosten übernehmen, um die Durchsetzung von klimaneutralen Bussen in der Fläche zu beschleunigen.» Eine Minderheit der Kommission beantragt jedoch die Ablehnung des Postulats. Dazu gehört auch der Schaffhauser Nationalrat Thomas Hurter (SVP). Er ist kein Gegner des Projekts der VBSH. Trotzdem unterstützt er das Postulat nicht.

Hurter will keinen neuen Fördertopf

Die Vorgehensweise sei falsch, findet Hurter. Kantone und Gemeinden wüssten darüber Bescheid, dass Agglomerationsprogramme im Umfang von Hunderten Millionen Franken bereitstünden, um Infrastrukturprojekte zu unterstützen. «Wir brauchen keine neuen Fördertöpfe», sagt er. Es sei problematisch, wenn die Gemeinden in Fragen aus ihrem Verantwortungsbereich einfach nach dem Bund riefen. «Einmal mehr will man beim Staat Geld abholen für den ÖV», sagt Hurter. Dabei werde aber nicht gesagt, wo das Geld herkommen solle.

Das Postulat wolle gezielt Elektrobusse im ÖV fördern. «Wieso will man private Firmen nicht unterstützen, die Elektrobusse oder Elektrolastwagen verwenden?», fragt Hurter. Der Nationalrat ist zudem überzeugt, dass Trolleybusse den neuen Elek­trobussen ökologisch und ökonomisch überlegen seien. Dies sei in der vorberatenden Kommission von Fachleuten dargelegt worden. «Ich sehe daher nicht ein, wieso man explizit solche Elektrobusse fördern soll.» Er warnt davor, die Elektromobilität quasi heiligzusprechen. «Es gibt durchaus auch andere Antriebsformen, die ökologisch sind. Gerade ein Mix von verschiedenen Antriebsformen wird uns in die Zukunft bringen.»

Hurter stört sich daran, dass der Vorstoss letztlich von Verbänden aufgegleist und vorformuliert wurde. «Es ist ein reiner Lobbyingerfolg.» Bisher hätten Kantone und Gemeinden ihre Busse selber finanziert. «Wieso brauchen sie jetzt plötzlich eine Anschubfinanzierung?» Zudem: Wenn auf Bundesebene ein neuer Topf geschaffen werde, dann bleibe er meist ewig bestehen. Interessanterweise sei bis heute nicht ausgeführt worden, wer dann diesen neuen Fördertopf alimentieren solle.

Preisig würde Förderung begrüssen

Der Anstoss zum Vorstoss kam vom Verband öffentlicher Verkehr und vom Städteverband, in denen auch Schaffhausen Mitglied ist. «Die Forderung für eine stärkere Unterstützung von Elektrobussen wurde auch in unserem Namen platziert», sagt der Schaffhauser Finanzreferent Daniel Preisig (SVP). Er verstehe Thomas Hurters liberale Haltung in dieser Frage. «Parteipolitisch stehe ich ihm ja sehr nahe.»

Trotzdem hofft Preisig auf eine Umsetzung der Forderung auf Bundesebene. «Die Umstellung auf Elektrobusse benötigt sehr hohe Anfangsinvestitionen», sagt er. Über die ganze Lebensdauer seien E-Busse aufgrund der tieferen Betriebskosten zwar günstiger, zu Beginn seien die Kosten für Fahrzeuge und Ladeinfrastruktur aber hoch. Eine Finanzierung über die Agglomerationsprogramme sei ungeeignet, weil der Prozess von der Anmeldung bis zur Umsetzung zu lange dauere. «Das Agglomerationsprogramm ist nur für Infrastrukturmassnahmen gedacht», sagt Preisig. Busse selber könnten darüber nicht unterstützt werden.

Er glaube an die Zukunft der Elektromobilität, besonders im ÖV. «Ein intelligent ausgestaltetes, zeitlich befristetes Förderprogramm oder die schrittweise Aufhebung der heute bestehenden, indirekten Subvention für Dieselbusse kann diese sinnvolle Entwicklung beschleunigen.» ÖV-Betreiber mit Dieselbussen erhalten derzeit die Mineralölsteuer rückvergütet. Für die erste Tranche der geplanten E-Busse komme das Förderprogramm zu spät. «Für die weitere, schrittweise Ablösung von Dieselbussen mit Elektrobussen wäre das aber sicher interessant für Schaffhausen», sagt Preisig.

4,5 Millionen vom Bund erwartet

Schon bei der zu Beginn notwendigen Beschaffung der Ladeinfrastruktur am Bahnhof und im Depot wird die Stadt aber von Geldern aus dem Agglomerationsprogramm II profitieren können – unabhängig vom Schicksal des Kommissionsvorstosses. Preisig erwartet Fördergelder in Höhe von 4,5 Millionen Franken. «Das ist eigentlich ein Glücksfall», sagt der Finanzreferent. Denn es könnten Gelder verwendet werden, die ursprünglich für die im letzten Jahrzehnt geplante Umstellung der Linie 3 auf Trolleybusse beantragt wurden. Dies habe das Bundesamt für Raumentwicklung bestätigt.

VBSH sollen Ethik über das Gewinnstreben stellen

Der Schaffhauser Stadtrat hat eine Eignerstrategie für die Verkehrsbetriebe Schaffhausen (VBSH) erlassen. Hintergrund ist die neue Rechtsform: Seit dem 1. Januar sind die VBSH als selbständige öffentlich-rechtliche Anstalt der Stadt Schaffhausen organisiert. Auch die früheren Regionalen Verkehrsbetriebe (RVSH) des Kantons sind in dieser Organisation ­aufgegangen, wobei der Zusammenschluss immer noch unter dem ­Vorbehalt steht, dass die hängigen Beschwerden gegen die Volksabstimmung vom 10. Juni 2018 abgewiesen werden.

In der Eignerstrategie sind die Zielsetzungen und Grundsätze des Eigners – in diesem Fall der Stadt Schaffhausen, vertreten durch den Stadtrat – für die strategische Führung des neuen Unternehmens festgehalten. Die Eignerstrategie soll vom Stadtrat periodisch, in der Regel alle vier Jahre, auf Vollständigkeit und Aktualität überprüft werden. Dem Grossen Stadtrat wird das Dokument zur Kenntnis gebracht.

Anteil des ÖV steigern

«Die Eignerstrategie hat den Charakter eines Vertrages zwischen Stadtrat und Verwaltungskommission», erklärt Stadtrat Daniel Preisig. Die Verwaltungskommission (VK) habe die Eignerstrategie vor dem Erlass durch den Stadtrat beraten und ihr zugestimmt.

Im fünfseitigen Dokument heisst es zu Beginn: «Die Stadt erwartet, dass die VBSH als selbständiges Unternehmen wettbewerbsfähig, betriebswirtschaftlich und kundenorientiert Leistungen erbringen.» Die VBSH sollen mithelfen, das Verkehrswachstum umweltgerecht zu bewältigen und den Anteil des öffentlichen Verkehrs am Gesamtverkehr zu steigern.

Die VBSH sollen im Ortsverkehr, also beim Verkehr in der Stadt und in Neuhausen, eine Eigenwirtschaftlichkeit von 50 Prozent sicherstellen. Im Regionalverkehr sollen sie «wettbewerbsfähige Leistungen» anbieten.

Hindernisfreier Transport

Ebenfalls sind soziale und ökologische Ziele festgeschrieben: «Die Stadt erwartet, dass bei der Geschäftstätigkeit der VBSH ethische Werte über Gewinnstreben gestellt werden.» Das Unternehmen soll etwa der Gleichstellung von Mann und Frau Rechnung tragen sowie allen Fahrgästen hindernisfreien Transport anbieten. «Die VBSH sind ein öffentliches Unternehmen», sagt Preisig, «und dem Stadtrat war es wichtig, neben der Wirtschaftlichkeit auch soziale und ökologische Ziele festzuhalten.»

Die Eignerstrategie enthält zudem ein Bekenntnis zur Innovation und betont gleichzeitig das Risikomanagement und die demokratische Mitsprache des Stadtparlaments bei grossen Investitionen. Diese wird garantiert über eine Bewilligungspflicht für Beteiligungen und über die Regelung, dass die VBSH Fremdkapital exklusiv bei der Stadt beziehen dürfen. Preisig sagt: «Dies ist ein entscheidender Unterschied zu anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten, wie die aktuelle Diskussion über den Spitalneubau zeigt.» Trotz Selbständigkeit werde so die demokratische Mitsprache gewährleistet.

Im Dokument werden auch die in den Legislaturschwerpunkten des Stadtrats definierten Ziele eingebunden: Etwa die Umsetzung der Elektrifizierungsstrategie (siehe Haupttext), die Netzerweiterung in Herblingen und die Zusammenführung VBSH und RVSH. Hier soll die Harmonisierungsphase spätestens 2020 abgeschlossen sein. 

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