Ein Kulturmarathon in der Kammgarn






Ihr 20-Jahr-Jubiläum haben Kammgarn, TapTab und Vebikus am Wochenende mit einer Kulturnacht gefeiert.
von Dominic Caviezel
Ein zwanzigstündiger Kulturmarathon zur Feier eines zwanzigjährigen Pfeilers des Schaffhauser Kunst- und Nachtlebens: Die Jubiläumsfeier des Kulturzentrums Kammgarn am Samstag war ein Anlass, bei dem die Stärken der Lokale einzeln, aber auch als sich ergänzendes Gesamtkonzept erlebbar wurden – diejenigen Stärken, die Kammgarn mit Beiz, TapTab und Vebikus die letzten zwei Jahrzehnte am Leben erhalten haben. Viele der heutigen Gäste können sich gar nicht an eine Zeit davor erinnern, doch spüren auch sie das Engagement und das Herzblut, das sich über die Jahre in den Lokalen angesammelt hat, und einige haben selbst begonnen, ihre Energie hineinzugeben. Eine der wichtigsten Stärken stand aber ganz besonders im Vordergrund: das vielseitige und meist hochwertige Programm, das ein breites Zielpublikum anzusprechen vermag.
«Plitsch und Platsch»
Die Feier begann familienfreundlich. An der Kinderdisco in der Kammgarn tobten sich die Kleinen zu Dieter Wiesmanns «Plitsch und Platsch» und anderen Kinderliedern auf einer Hüpfburg aus oder rannten farbigen Ballonen nach. Währenddessen konnten die Eltern sich in sicherem Abstand an der Bar unterhalten, wobei sich immer wieder einer ins Getümmel stürzte, um jemanden zu retten oder selbst etwas mitzumischen. Nebenan im Vebikus liess Anna Ninck die Kinder auf spielerische Weise die aktuelle Ausstellung erleben. In einer Kunstwerkstatt durften die Kinder Papierfiguren mit diversen Bastelmaterialien und Papieren bekleiden.
Nach 19 Uhr begannen die ersten Aufführungen. Ursula Scherrer und Flo Kaufmann zeigten im dunklen Vebikus eine Klang- und Bildshow mit langsam schwellenden synthetischen Klängen, Lichteffekten und Live-Videomontage. Es waren zahlreiche Sitzkissen im Raum verteilt, und die Besucher waren angehalten, sich Zeit zu nehmen und die sich langsam verändernden Klänge und Bilder auf sich wirken zu lassen. Der Schaffhauser Jungzauberer Lorios unterhielt in der Kammgarn mit seinem Wortwitz und mit Selbstironie sowie mit dem einen oder anderen Moment von erstauntem Kopfkratzen.
Im TapTab führte derweil Clown und selbstbeschriebener Chaot Marco Morelli durch die hellen und düsteren Ecken seiner Philosophie. Wie viele Clowns verband er das Bittere mit dem Süssen, das Kindliche mit einem desillusionierten Verständnis des Alters.
Im Unterschied zu anderen Clowns versteckte sich die Bitterkeit aber nicht hinter der Fassade und erhielt ihr Ventil auch nicht in einfachen Obszönitäten, sondern blieb sich treu und verharrte. Der Auftritt hinterliess einen Haufen aus Scherben, Papierfetzen und den Schnipseln einer versehentlich geköpften 4.50-Franken-Blume aus dem Konsum. Doch während des Auftrittes tauchte für einige Momente auch eine fast endlos wachsende Papierpalme auf, eine Giraffe streckte ihren aus einer Alphorntasche gebastelten Hals, und zwei «Tigerli»-Hausschuhe führten Kunststücke auf. Diese kleinen Geistesblitze und Momente des Wunders und der Lieblichkeit liessen Freude und Leben durchschimmern und warfen dem Flämmchen der Hoffnung ein paar Zweiglein zu.
Es folgten verschiedene Konzerte. Im TapTab heizten die Schweizer Metalbands Darius und Autisti ein. Ein Höhepunkt des Abends war der Auftritt der französisch-schweizerischen Band Carrousel in der Kammgarn. Leichte Akkordeon- und Melodikamelodien, die französischen Texte und das offene, freundliche Auftreten der Band sammelten sich zu einem mitreissenden Charme.
Sie verstand es, das Publikum zum Tanzen zu animieren und dann aber auch ganz still werden zu lassen. Zu ihrem Lied «Elle danse» verteilten die Musiker ganz viele kleine Musikboxen im Publikum, sodass von überallher kaum vernehmbare Klänge rieselten, die von der Band wieder gebündelt und ins Lied eingelenkt wurden. Während des ganzen Abends hörte man immer wieder jemanden diese Melodie pfeifen.
Anschliessend ging das Programm in verschiedene Partys über. Mit den Stunden nahmen die einst koordinierten Tanzbewegungen hier und da ein leichtes Wanken an, und der Boden in der Kammgarn wurde immer klebriger, sodass es beim Tanzen schwierig wurde, die Füsse zu heben. Doch die gute Laune blieb bestehen. Am nächsten Morgen lockte die Kammgarn Beiz die Nachteulen mit einem Sonntagsbrunch wieder aus den Federn.